Kosten Vergleich - wie fährt Mandant besser?

...für das vom 01.07.2004 bis 31.07.2013 geltende Gebührenrecht
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Enter_the_Void
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#1

15.11.2011, 10:50

Hallo,

ist wahrscheinlich eine blöde Anfängerfrage, aber ich blicke gerade absolut nicht durch:

Wenn sich im Verlauf des Prozesses nach einem Gutachten herausstellt, dass der Kläger zu 90 % verliert und der Richter rät zu einem "Vergleich" mit einem Kostenbeschluss nach § 91a ZPO und Klagerücknahme - wie fährt der Mandant (Kläger) besser?

Eigentlich (nach meiner Meinung) fährt er doch besser, wenn er keinen Vergleich abschließt, weil er sich so die zusätzliche Vergleichsgebühr spart und der Richter wenigstens 10 % von der Klageforderung geben muss.

Willigt er in den Vergleich ein, kriegt er nix - und zahlt auch noch die Vergleichsgebühr.

Liege ich da richtig? Am schlauesten wäre es doch sogar, die Klageforderung zu 90 % zurückzunehmen und dann eine Entscheidung zu verlangen. Von dem so vorgeschlagenen Vergleich hat unser Mandant, also der Kläger, doch gar nichts, ausser mehr Kosten?????
sansibar
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#2

15.11.2011, 11:35

Ich glaube, dass man das anhand der tatsächlichen Zahlen richtig durchrechnen muss. Wie hoch ist die Klageforderung und wie hoch wäre die Vergleichsgebühr? Und Berücksichtigung der Gerichtskosten:
Klagerücknahme mit Kostenbeschluss § 91a führt meines Erachtens zu 3 x Gerichtskosten, Vergleich ohne Kostenbeschluss nur 1 x GK.

Wenn du 90% zurück nimmst, bleibt der Mandant auch auf den vollen Kosten für diese 90% sitzen, inkl. GK.

Wie gesagt, ich würde rechnen....
Grüße - sansibar
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#3

15.11.2011, 11:38

Ohne die genauen Beträge zu kennen, aber eigentlich ist es doch genau anders. Die Rechtsprechung beabsichtigt ja, dass die Parteien sich vergleichen sollen.

Versteh ich das richtig, ein Vergleich, bei dem der Kläger einfach nur die Klage zurücknimmt? Ohne was zu bekommen? Dann wär doch in der Tat ein klagabweisendes Urteil oder ein Urteil mit 10 % besser. Kann die Vorteile jetzt auch nicht so genau sehen. :kopfkratz
Klageforderung zu 90 % zurückzunehmen
Und dann? Die Kostenquotelung 90/10 würde doch bestehen bleiben. Da erschließt sich mir kein Vorteil.
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Feierabend
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#4

15.11.2011, 11:39

Sollte solche Ratschläge nicht besser Dein Chef dem Mdt. erteilen??? Ich würde in einem solchen Fall meinem Chef maximal die Gebühren, die wir verdient haben, vorrechnen. Den Rest soll er mal schön selbst entscheiden. :oops:
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misspinky1984
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#5

15.11.2011, 11:39

Enter_the_Void, bitte ergänze noch kurz dein Profil hinsichtlich deiner Tätigkeit. :dankeschoen
Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte.
Achte auf deine Worte, denn sie werden Handlungen.
Achte auf deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheit.
Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter.
Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal.


Quelle: Die englische Fassung nach Charles Reade geht auf ein chinesisches Sprichwort zurück.
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#6

15.11.2011, 11:53

Mensch Feierabend, du bist ja verwöhnt.... Klar entscheidet der Chef, aber vorklären und -rechnen tu ich.
Grüße - sansibar
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#7

15.11.2011, 12:09

Rechnen wir doch mal durch, fiktiver Streitwert 3.000,00 Euro

Urteil mit Kostenquotelung 90/10
RA-Geb. ohne PTE Mwst usw. 472,50
+ RA Gegner 472,50
GK 567,00
davon 90 % 1.360,80
abzgl. 10 % Gewinn durch Urteil = 1.060,80

Vergleich mit Kostenaufhebung § 98 ZPO
RA-Geb. 661,50
GK 189,00 Hälfte 94,50
gesamt 756,00

zzgl. der Sachverständigenkosten, die bei einem Urteil auch 90/10 gequotelt würden und bei nem Vergleich 50/50.

Also ist Vergleich billiger. Oder???
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#8

16.11.2011, 17:33

Also wenn ein Vergleich ergeht dann wird man sich auch über die Kosten vergleichen und da müsste die Gegenseite schon sehr dumm sein sich auf eine 50/50 Quotelung einzulassen und würde von der RSV (sofern vorhanden) eins auf den Deckel bekommen. Vergleich heißt nicht automatisch 50/50 :wink: Meist wird in vergleichbaren Fällen in den Vergleich mit aufgenommen, dass der Kläger dann 90 % der Kosten trägt oder wenn man sich nicht einigt, entscheidet das Gericht nur über die Kosten, was aufs gleiche rauskommt. Allenfalls machbar wäre, dass jede Seite die Vergleichsgebühr selbst trägt aber auch das müsste zuvor mit der RSV und der Gegenseite abgeklärt werden. Ich würde darauf tippen, dass Klagerücknahme günstiger ist. Dann spart man auf jeden Fall 2 Gerichtskosten, was wahrscheinlich mehr ausmacht als die 300 € die man vielleicht im Falle eines Urteils bekämme. Aber letztendlich kann man alles ausrechnen :mrgreen:
likema31
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#9

17.11.2011, 11:53

Ich denke auch, dass es bei einem Vergleich keine Kostenquotelung zu 50% geben wird. Dies wird die Gegenseite höchstwahrscheinlich nicht mitmachen.

Dir bleibt deshalb nichts anderes übrig, als alle Varianten mal durchzurechnen.
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