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01.08.2018, 16:39
Ich bin der Meinung, dass sich Weiterbildung auf jeden Fall rentiert. Bedenke, dass Du vermutlich nicht bis zur Rente in deiner Kanzlei bleiben wirst. Du wirst dich dein ganzes Berufsleben lang weiterbilden müssen, sonst bist Du schnell "weg vom Fenster". Wenn Du das Gelernte in dieser Kanzlei nicht anwenden kannst, dann vielleicht in einer anderen. Du bist noch jung, Du weißt nicht, wo dich der Weg hinführt. Und leider hilft es nicht, etwas zu können, sondern das muss auch von neutraler Stelle bescheinigt werden. Arbeitgeberzeugnisse sind nie so wertvoll wie ein Prüfungszeugnis. Aus Erfahrung kann ich nur sagen, Du weißt gar nicht, was Du nicht weißt - ich mein das nicht böse. Es gibt in dem Beruf noch Einblicke zu gewinnen, von denen Du momentan noch nichts ahnst.
Letztlich hängt es natürlich auch davon ab, was Du beruflich errreichen willst. Wenn es dir reicht, mit begrenztem Aufgaben- und Verantwortungsbereich zu arbeiten - was völlig in Ordnung ist - ist die Weiterbildung zur Rechtsfachwirtin vielleicht nicht das Richtige für dich. Bedenke aber, dass die Konkurrenz zahlreich ist, gerade in den nicht so qualifizierten Bereichen. Irgendwann kommen jüngere, billigere und frisch ausgebildete Kolleginnen nach, mit denen Du dann um die Arbeitsplätze konkurrierst. Und für einfachere Arbeiten kann auch mal ein Quereinsteiger genommen werden.
Momentan herrscht Fachkräftemangel, was dazu führt, dass gerade in Ballungsgebieten auch weniger gut ausgebildete Kolleginnen leicht einen Job bekommen. Das muss nicht so bleiben. Wenn die Digitalisierung hier weitergeht, werden die einfachen Jobs wegfallen, wie es jetzt schon oftmals bei den Schreibkräften zu beobachten ist. Als ich 1982 die Lehre anfing, hatte jeder Anwalt in der Kanzlei eine Sekretärin, eine Schreibkraft und noch einen Azubi. Inzwischen schreiben die Anwälte selbst und oftmals teilen sich mehrere Anwälte eine Fachangestellte.
Ob die Weiterbildung zum Rechtspfleger was für dich ist, kann ich naturgemäß nicht beurteilen, öffentlicher Dienst ist sicher auch nicht zu verachten. Wenn ich mir aber an unseren kleineren Amtsgerichten anschaue, dass da ein Rechtspfleger für die gesamte Zivilabteilung zuständig ist und arbeitsmäßig wohl absäuft (schlägt sich in der Bearbeitungszeit z.B. der KFAs nieder), ist das wohl auch nicht alles Gold. Außerdem kann man im öffentlichen Dienst auch mal dahin versetzt werden, wo einen der Dienstherr haben will.
Erfahrung ist das, was man bekommt, wenn man das was man will nicht kriegt