Vollstreckung gegen deutsche GmbH - Geschäftsführer lebt Österreich

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tina_koeln
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#1

24.10.2023, 11:07

Hallo zusammen,

ich habe einen Vollstreckungsbescheid gegen eine GmbH mit Sitz in Berlin erwirkt. Der Geschäftsführer lebt in Österreich.

Der Gerichtsvollzieher konnte den Vollstreckungsauftrag nicht ausführen, weil sich unter der im Handelsregister genannten Firmenanschrift kein Hinweis auf die Firma findet. Im Normalfall würde ich jetzt die Vollstreckung am Wohnsitz des Geschäftsführers beauftragen. Dies ist aber nicht möglich, weil dieser nicht in Deutschland lebt.

Hat jemand einen Tip für mich, wie ich an weitere Informationen über die Firma (durch Drittauskünfte?) oder an ein Vermögensverzeichnis komme?

Ich freue mich auf zahlreiche Antworten :huepf
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Anahid
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#2

24.10.2023, 11:22

Ich würde den GV mit der Adressermittlung beauftragen. Wenn das nichts bringt, dann hast Du ein richtig großes Problem. Voraussetzung für eine ZV in Österreich: EU-Vollstreckungstitel. Die Bescheinigung müsstest Du dann erstmal einholen (bin mir gar nicht sicher, ob das bei einem VB überhaupt geht).
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Pitt
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#3

24.10.2023, 11:36

In solchen Fällen informiere ich parallel immer das HR darüber, dass lt. beigefügter Auskunft des GVZ die Firma XY unter der im HR hinterlegten inländischen Geschäftsanschrift nicht auffindbar ist. Das HR nimmt dann Kontakt zur Geschäftsleitung auf und informiert anschließend über das Ergebnis der dortigen Ermittlungen.
VB lässt sich wohl auch nachträglich als EU-Vollstreckungstitel anerkennen:
https://www.gtai.de/de/trade/unser-serv ... lstreckung
tina_koeln
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#4

24.10.2023, 12:30

@ Anahid:

Danke, aber ich habe ja gar keinen Titel gegen den Geschäftsführer sondern nur gegen die GmbH, die ja in Deutschland und nicht in Österreich sitzt. In dem Artikel geht es darum, dass jemand einen Prozess gegen "österreichischen Dienstleister" gewonnen hat. Dann kann ich auch eine Anerkennung der Vollstreckbarkeit in Österreich beantragen, aber nicht, wenn ich gar keinen Titel gegen die in Österreich lebende Person habe.

Und den GV mit der Adressermittlung beauftragen, ist Zwar möglich, ich weiß aber nicht, was das bringen soll. Meines Wissen kann der GV auch nur die Auskünfte aus dem Handelsregister oder Gewerberegister einholen. Und dort steht überall die Anschrift in Berlin unter der die Firma nicht aufzufinden ist. Oder kann er darüber hinaus noch Auskünfte einholen?
Zuletzt geändert von tina_koeln am 24.10.2023, 12:33, insgesamt 1-mal geändert.
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#5

24.10.2023, 12:32

@ Pitt:

Du hast geschrieben:

"In solchen Fällen informiere ich parallel immer das HR darüber, dass lt. beigefügter Auskunft des GVZ die Firma XY unter der im HR hinterlegten inländischen Geschäftsanschrift nicht auffindbar ist. Das HR nimmt dann Kontakt zur Geschäftsleitung auf und informiert anschließend über das Ergebnis der dortigen Ermittlungen."

Handelt es sich hier um eine persönliche Erfahrung? Ich habe im Internet recherchiert und immer nur Berichte gefunden, dass das Handelsregister in der Regel nicht tätig wird.
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icerose
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#6

24.10.2023, 13:14

Da fällt mir nur der lange Weg ein - allerdings kenn ich den bisher nur im Zusammenhang mit natürlichen Personen - meint, ich bin nicht sicher, ob das in deinem Fall auch möglich ist.

Also Auftrag VAK/Drittauskünfte an GVZ (zustsändig ist der unter der letzten bekannten Anschrift) mit Hinweis, die Ladung muss öffentlich zugestellt werden. Wenn du willst auch mit Hinweis auf den Beschluss des LG Detmold vom 18.08.2016, 1 T 91/16. Danach sind Drittauskünfte möglich.
Mit mir kann man Pferde stehlen ... aber morgen bringen wir sie zurück :!:
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#7

24.10.2023, 13:50

Das ist meine persönliche Erfahrung. Die Geschäftsführer und Gesellschafter sind verpflichtet, eine zustellfähige inländische Geschäftsanschrift beim Handelsregister anzumelden (§§ 29, 31 HGB). Tun sie das nicht, droht ein Ordnungsgeld. Das Handelsregister geht dem Hinweis nach, zumindest habe ich das hier immer so erlebt (z. B. bei den Handelsregistern in Berlin, Stuttgart und Osnabrück). Ich schreibe immer noch rein, dass die uns bitte über das Ergebnis der Ermittlungen informieren. Entweder teilt das HR nach Rücksprache mit der Geschäftsleitung eine neue Geschäftsanschrift mit, löscht die Firma von Amts wegen oder man bekommt die Info, dass die Adresse doch noch stimmt und beim nächsten Zustellversuch ist dann plötzlich das Firmenschild wieder dran.
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#8

24.10.2023, 15:15

@Pitt: Vielen Dank für den Tip. Das versuche ich auf jeden Fall
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#9

24.10.2023, 15:30

@icerose: Super, das ist genau das, auf was ich gehofft habe. Nur zur Info: Die Entscheidung ist sogar vom BGH bestätigt worden (BGH, B. v. 30.11.2017
I ZB 5/17)
Vielen Dank!
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#10

25.10.2023, 08:59

Sehr gern. Und ich danke auch. :D
tina_koeln hat geschrieben:
24.10.2023, 12:32
Ich habe im Internet recherchiert und immer nur Berichte gefunden, dass das Handelsregister in der Regel nicht tätig wird.
Die müssen aber handeln, wenn die derartige Infos wie hier geschildert bekommen, schon allein wegen des "öffentlichen Glaubens" (an die Richtigkeit des Registers).
Mit mir kann man Pferde stehlen ... aber morgen bringen wir sie zurück :!:
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