Zustellung eines Vollstreckungsbescheids in Dänemark

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Herthamaus
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#1

23.01.2019, 11:19

Hallo liebe Kollegen und Kolleginnen...

Ich hoffe, ihr könnt mir weiterhelfen. Wir haben einen Vollstreckungsbescheid, der in Dänemark zugestellt werden soll. Die Zustellung in Dänemark ist per EgR zur Zeit nicht möglich (so die Mitteilung des AG Hünfeld). Das Amtsgericht Hünfeld fragt nun bei mir nach, ob die Zustellung über die dänische Behörde erfolgen soll. Hierzu würde eine Prüfgebühr i. H. v. 20,00 EUR anfallen. Ich soll nun sachdienliche Anträge stellen :-?

Was für einen Antrag muss ich denn stellen? Und welche Wirkung hat die Zustellung über die dänische Behörde? Bin völlig ratlos...
warintharpa
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#2

23.01.2019, 23:29

Für die Zustellung in Dänemark gilt die Europäische Zustellungsverordnung (EU-Verordnung Nr. 1393/2007 (EuZustVO).
Die Zustellung kann unmittelbar durch die Post mit Einschreiben gegen Rückschein (Art. 14 EuZustVO) oder durch die Empfangsstelle in Dänemark (Art. 4 EuZustVO) erfolgen.
Im Regelfall wird nach Art. 14 EuZustVO zugestellt. Falls die unmittelbare Postzustellung erfolglos oder untunlich ist, wird die Zustellung vom AG Hünfeld mittels Zustellungsantrags an die dänische Empfangsstelle veranlasst.
warintharpa
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#3

23.01.2019, 23:43

Die Europäische Zustellungsverordnung (EU-Verordnung Nr. 1393/2007 (EuZuStVO) und die Rechtshilfeordnung für Zivilsachen (ZRHO) helfen hier weiter:

Die Anfrage des Amtsgerichts Hünfeld erfolgte in Hinblick auf § 37 III, IV ZRHO.
Die EU-Verordnung Nr. 1393/2007 verlangt nicht zwingend die Beifügung von Übersetzungen.
Der Verfahrensbeteiligte, in dessen Interesse die Zustellung durchgeführt wird, entscheidet darüber, ob Übersetzungen beigefügt werden oder ob auf die Beifügung von Übersetzungen aus Kostengründen verzichtet werden soll.

Falls keine Übersetzungen beigefügt werden und der Zustellungsempfänger aus Dänemark die deutsche Sprache nicht versteht, hat er ein Annahmeverweigerungsrecht aufgrund der verwendeten Sprache (Art. 8 EuZustVO, § 1070 ZPO).
Der Zustellungsempfänger wird über das Annahmeverweigerungsrecht mit dem EU-Formblatt II EuZustVO belehrt (Art 37 I ZRHO).
Bei der unmittelbaren Postzustellung (Art. 14 EuZustVO) erfolgt die Belehrung durch das Amtsgericht Hünfeld (Art. 48 II ZRHO), im Falle der Inanspruchnahme der dänischen Empfangsstelle erfolgt die Belehrung durch das dänische Gericht (Art. 37 I ZRHO).

Der Rechtspfleger beim Amtsgericht Hünfeld entscheidet, ob der Antragsgegner zur Annahmeverweigerung berechtigt war und ob diese fristgerecht erfolgte.

Im Falle der berechtigten Annahmeverweigerung kann der Zustellungsmangel nachträglich durch die Beifügung von Übersetzungen geheilt werden.
Als Zustellungsdatum gilt das Datum der Zustellung der Übersetzung.
Gegenüber dem Antragsteller gilt in dieser Fristensache (Verjährungfrist) jedoch als Zustellungdatum das Datum der 1. Zustellung.

Der Antragsteller hat daher keine Nachteile, falls den zuzustellenden Schriftstücken keine Übersetzung beigefügt werden.

PS:
Ich gehe davon aus, dass der Vollstreckungsbescheid nicht im Parteibetrieb zugestellt werden soll, sondern von Amts wegen vom Amtsgericht Hünfeld veranlasst werden soll.
warintharpa
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#4

23.01.2019, 23:56

Du solltest daher beim Amtsgericht Hünfeld die Zustellung durch die dänische Empfangsstelle (Art. 4 EuZustVO) beantragen und aus Kostengründen auf die Beifügung von Übersetzungen der zuzustellenden Schriftstücke verzichten
Für die Zustellung in Dänemark entstehen im Regelfall lediglich 20 EUR an.

Aus dem Vollstreckungsbescheid kann die Gläubigerpartei unmittelbar die Zwangsvollstreckung in Dänemark betreiben. Sie benötigt jedoch hierzu vom Amtsgericht Hünfeld eine Bescheinigung gem. Art. 53 EuGVVO (Brüssel Ia-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 1215/2012).
Einzelheiten zur Brüssel Ia-Verordnung können der Info im Justizportal NRW entnommen werden:
https://www.justiz.nrw/BS/rechtimauslan ... eugvvo.pdf
Herthamaus
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#5

24.01.2019, 08:14

Vielen lieben Dank für die schnelle und sehr ausführlich Antwort
warintharpa
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#6

24.01.2019, 11:01

Gerne.
Bei der unmittelbaren Postzustellung in Dänemark wird im Regelfall der Rückschein nicht mehr zurückgesandt.
Stattdessen ist Zustellungsnachweis die elektronische Zustellbestätigung.
Offensichtlich ist der Rückschein durch ein "Einschreiben international mit elektronischer Zustellbestätigung" ersetzt worden.

Nach der Entscheidung des EuGH (C-354/15) muss der gleichwertige Beleg i. S. d. Art. 14 EuZustVO die gleichen Garantien aufweisen wie der Rückschein.
Zwingend erforderlich sind daher die Angaben zur Übergabezeit, zum Übergabeort und zu den Personalien des Empfängers und deren Unterschrift.
Das Verfahren in Dänemark erfüllt diese Anforderungen nicht;
es fehlt eine Unterschrift.

Es bestehen daher Zweifel, ob dieser Nachweis als gleichwertiger Beleg i. S. d. Art. 14 EuZustVO anzusehen ist.

Bis zur endgültigen Klärung soll daher zunächst von einer unmittelbaren Postzustellung in Dänemark abgesehen werden.
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