Titel als Europäischen Vollstreckungstitel umschreiben?

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StarsinEyes
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#1

26.06.2012, 20:49

Hallo,

ich hätte eine Frage. Ich habe in einer Akte einen Titel (KfB). Der Schuldner lebte schon zur Rechtsprechung in Frankreich.
Der Titel ist jetzt auch schon knapp 9 Jahre alt. Jetzt möchten wir natürlich gegen den Schuldner in Frankreich vollstrecken.
Muss ich den Titel umschreiben lassen als europäischen Vollstreckungstitel? Wenn ja, wo und wie mach ich das?
Ich habe schon das Gericht abtelefoniert und die hatten - oh Wunder - selbst absolut keine Ahnung was zu tun werde. Und um ehrlich zu sein habe auch im ZÖLLER nichts hilfreiches gefunden.

Ich wäre euch echt dankbar für eine Antwort.

Lg

Eva
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Mietzemau
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#2

26.06.2012, 21:29

Ja das kenn ich nur zu gut. Ahnung haben die selber keine.

http://www.berlin.de/sen/justiz/gericht ... av.de.html" target="blank

http://www.berlin.de/sen/justiz/gericht ... druck.html" target="blank

Wie das mit dem KFB funktioniert weiß ich leider nicht, da ich das direkt über das Antragsformular beantragt habe. Allerdings musst du den Titel für die ZV dann ins französische übersetzen lassen. Entweder hier oder in Frankreich. Musst aber schauen, wie je nachdem die Kosten sind. Für die ZV in Frankreich habe ich damals dann eine Kanzlei mit der Durchführung dort beauftragt, allerdings bleibt man in Frankreich auf den ZV-Kosten hocken, weil die nicht dem Schuldner auferlegt werden.
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warintharpa
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#3

27.06.2012, 22:41

Handelt es sich um eine unbestrittene Geldforderung im Sinne der VO (EG) Nr. 805/2004, hat die Gläubigerpartei die Wahl zwischen der Beantragung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens nach der VO (EG) Nr. 44/2001 und der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen, Erwägungsgrund 20 VO (EG) Nr. 805/2004, Art. 27 VO (EG) Nr. 805/2004.

Der inl. Kostenfestsetzungsbeschluss kann insoweit entweder
a) als Europäischer Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen bestätigt werden (VO (EG) Nr. 805/2004
oder
b) zu dem inl. Kostenfestsetzungsbeschluss könnte eine Bescheinigung gem. Art. 54 VO (EG) Nr. 44/2001 erteilt werden.

Hinsichtlich der Alt. a) bedarf es für die Zwangsvollstreckung nicht der Durchführung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens.
Die VO (EG) Nr. 805/2004 ermöglicht die direkte Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat.

Hinsichtlich der Alt. b) bedarf es dagegen für die Zwangsvollstreckung der Durchführung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens in den anderen EU-Mitgliedstaat.

Ich würde daher als Gläubigerpartei die Bestätigung des inl. Kostenfestsetzungsbeschlusses als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen - hilfsweise die Erteilung einer Bescheinigung nach Art. 54 VO (EG) Nr. 44/2001 - beantragen.

Soweit die Schuldnerpartei eine natürliche Person und ein Verbraucher ist, kann der inl. Kostenfestsetzungsbeschluss jedoch nicht als Europ. Vollstreckungstitel bestätigt werden, sofern die Schuldnerpartei nicht im Inland wohnhaft ist.
warintharpa
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#4

27.06.2012, 22:45

Möchtest Du als Gläubigerpartei den inländischen Kostenfestsetzungsbeschluss als Europäischen Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen bestätigt haben, bedarf es insoweit eines entsprechenden Antrags an das inländische Gericht.

Für die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen müssen jedoch u. a. folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

1. fällige Geldforderung;

2. unbestrittene Forderung;

3. Vollstreckbarkeit der Forderung im Inland;

4. Einhaltung der verfahrensrechtlichen Mindeststandards;

5. ordnungsgemäße Unterrichtung der Schuldnerpartei über die Forderung.

Ob letztlich die Voraussetzungen für die Bestätigung des inl. Kostenfestsetzungsbeschlusses als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen vorliegen, entscheidet insoweit das inländische Gericht.


2.
Dem französischen Vollstreckungsorgan sind von Dir als Gläubigerpartei folgende Vollstreckungsunterlagen vorzulegen:

(vollstr.) Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des inl. Gerichts mit Zustellungsbescheinigung,
Ausfertigung der Bestätigung des inl. Gerichts,
ggfs. Übersetzung der Eintragungen in der Bestätigung in französischer Sprache.

In der Regel ist jedoch die Beifügung einer Übersetzung nicht erforderlich, da es sich bei der Bescheinigung um ein EU-einheitliches Formular handelt und die erforderlichen Angaben durch Eintragung von Namen, Anschriften und Zahlen sowie durch Ankreuzen von Kästchen erfolgt.
Eine Übersetzung ist daher nur bei ergänzenden Eintragungen erforderlich.

Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Zwangsvollstreckung
wird auf die Infos über die grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung (Justizportal NRW) Bezug genommen:
https://www.justiz.nrw/BS/rechtimauslan ... /index.php

Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info entnommen werden:
https://www.justiz.nrw/BS/rechtimauslan ... euvtvo.pdf
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#5

27.06.2012, 22:51

Sofern und soweit der inl. Kostenfestsetzungsbeschluss nicht als Europ. Vollstreckungstitel bestätigt werden kann oder Du als Gläubigerpartei lieber das Vollstreckbarerklärungsverfahren in Frankreich durchführen möchtest, ist ggfs. folgendes von Dir zu beachten:

Derzeit werden inl. Entscheidungen, die zuvor nicht als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen bestätigt wurden, noch nicht automatisch in den anderen EU-Mitgliedstaaten anerkannt.
Die Gläubigerpartei muss zunächst ein bes. Zwischenverfahren für die Anerkennung in Frankreich (bekannt als "Exequaturverfahren") beantragen.
Mit anderen Worten:
Die Vollstreckung aus dem inländischen Kostenfestsetzungsbeschluss in Frankreich ist erst möglich, nachdem das französische Gericht den inl. Kostenfestsetzungsbeschluss in Frankreich für vollstreckbar erklärt hat.

Die Gläubigerpartei benötigt für die Zwangsvollstreckung in Frankreich folgende Unterlagen:
(vollstr.) Ausfertigung der inl. Entscheidung mit Zustellungsvermerk,
eine Bescheinigung des inl. Gerichts unter Verwendung des Formblatts in Anhang V VO (EG) Nr. 44/2001,
die Vollstreckbarerklärung der inl. Entscheidung durch das französische Gericht mit Zustellungsbescheinigung.

Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info entnommen werden:
https://www.justiz.nrw/BS/rechtimauslan ... l-I-vo.pdf
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