Titelzustellung (deutsche vollstreckbare Urk.) in Österreich

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Mona84
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#1

07.07.2011, 09:56

Hallo Kolleginnen und Kollegen,

Ich habe ein kleines Problem mit Auslandsbezug.
Der Chef hat ein notarielles Schuldanerkenntnis, aus dem vollstreckt werden soll.
Zur Wirksamkeit muss ja das Schuldanerkenntnis noch zugestellt werden (obwohl notariell beurkundet).

Also habe ich die Zustellung über die Gerichtsvollzieherverteilerstelle veranlasst beim zuständigen Amtsgericht.
Nun kam der Titel zurück mit dem Vermerk, die Schuldnerin sei nach Österreich verzogen (mit neuer Anschrift).

Was muss ich tun, um den Titel nun in Österreich zuzustellen ?
Habt ihr da Erfahrungen mit ?

LG,
Moni
Randfichte72
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#2

07.07.2011, 20:27

Soweit ich das weiss, sind die Bezirksgericht für die ZV in Österreich zuständig. Ich würde mir das in der betreffenden Region befindliche Bezirksgericht per INternet raussuchen und dort anrufen. Die können Dir sicher helfen, da die das bestimmt öfter haben. Vielleicht gibt es da irgendein Abkommen?

Stichwort Europäischer Zahlungstitel /-befehl(oder so ähnlich), gilt das auch für Schuldanerkenntnis?
rasen
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#3

11.07.2011, 15:43

Würde mich auch interessieren.
warintharpa
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#4

12.07.2011, 20:45

Da Österreich der unmittelbaren Zustellung widersprochen hat (vergl. Länderteil der ZRHO bzw. Erklärungen Österreichs zu Art. 15 VO (EG) Nr. 1393/2007), kann im vorl. Fall die Zustellung nicht unmittelbar durch das österreichische Bezirksgericht nach Art. 15 VO (EG) Nr. 1393/2007 erfolgen.
Du kannst als Gläubigerpartei daher nicht den österreichischen Gerichtsvollzieher mit der Zustellung der notariellen Urkunde an die Schuldnerpartei in Österreich beauftragen.

Für die Auslandszustellung ist daher das Amtsgericht zuständig.

Die Zustellung erfolgt nach der VO (EG) Nr. 1393/2007, vergl. Länderteil der ZRHO.

Die Zustellung kann erfolgen durch:
a) unmittelbare Postzustellung mit EgR - international - gem. §§ 183 I, 1068 I, 1069 I Zi. 1 ZPO, Art. 14 VO (EG) Nr. 1393/2007
oder
b) Zustellungsantrag des inl. Gerichts an das zuständige österreichische Bezirksgericht gem. §§ 183 I 1069 I ZPO, Art. 4 VO (EG) Nr. 1393/2007.


PS:
Informationen über die Zustellung von Schriftstücken in Österreich können dem Europäischen Justiziellen Netz für Zivil- und Handelssachen (EJN) entnommen werden.
Die (zuständige) österreichische Empfangsstelle ist aus dem Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen ersichtlich.

Die vorgenannte Internetseite des Amtsgerichts Warendorf enthält eine direkte Verlinkung auf das EJN, den Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen sowie auf die Rechtshilfeordnung für Zivilsachen (ZRHO).
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warintharpa
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#5

12.07.2011, 20:55

Handelt es sich um eine unbestrittene Geldforderung im Sinne der VO (EG) Nr. 805/2004, hast Du als Gläubigerpartei die Wahl zwischen der Beantragung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens nach der VO (EG) Nr. 44/2001 und der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen, Erwägungsgrund 20 VO (EG) Nr. 805/2004, Art. 27 VO (EG) Nr. 805/2004.

Für die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen müssen jedoch u. a. folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
1. fällige Geldforderung;
2. unbestrittene Forderung;
3. Vollstreckbarkeit der Forderung im Inland.

Die Voraussetzungen für die Bestätigung der inl. notariellen Urkunde als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen dürften in der Regel vorliegen.
Die Entscheidung trifft insoweit der inländische Notar.

2.
Dem österreichischen Vollstreckungsorgan sind von der Gläubigerpartei folgende Vollstreckungsunterlagen vorzulegen:
a) vollstr. Ausfertigung der inl. notariellen Urkunde mit Zustellungsbescheinigung,
b) Ausfertigung der Bestätigung des inl. Notars - ggfs. mit Zustellungsbescheinigung -.

Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Zwangsvollstreckung wird auf das Justizportal NRW Bezug genommen:
https://www.justiz.nrw/BS/rechtimauslan ... /index.php

Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info entnommen werden:
https://www.justiz.nrw/BS/rechtimauslan ... euvtvo.pdf
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warintharpa
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#6

12.07.2011, 20:56

Die Ausfertigung der inl. Bestätigung ist der Schuldnerpartei spätestens mit Beginn der Zwangsvollstreckung zuzustellen, § 1080 I S. 2 ZPO.

Die VO (EG) Nr. 805/2004 verlangt dagegen nicht die Zustellung der Ausfertigung der Bestätigung an die Schuldnerpartei.

Der deutsche Gesetzgeber verlangt nur die Zustellung der Bestätigung des Europäischen Vollstreckungstitels für inländische Titel, vergl. Wortlaut des § 1080 I S. 2 ZPO.

Der inl. Notar sollte daher nach Bestätigung des inl. öffentlichen Urkunde als Europ. Vollstreckungstitel bei der Gläubigerpartei nachfragen, ob die Zustellung der Bestätigung an die Schuldnerpartei ggfs. erst mit Beginn der Zwangsvollstreckung erfolgen soll.
In diesem Falle hätte die Zustellung im Parteibetrieb durch die Gläubigerpartei zu erfolgen.
Um den Überraschungseffekt der Zwangsvollstreckung zu gewährleisten, könnte aus Sicht der Gläubigerpartei eine gleichzeitige Zustellung mit Beginn der grenzüberschreitenden Zwangsvollstreckung sinnvoll sein.
Die Zustellung im Parteibetrieb hätte jedoch dann durch das zuständigen österreichische Gericht bzw. durch den österreichischen Zustellungsbeamten/Gerichtsvollzieher zu erfolgen.

Aus den vorgenannten Gründen ist es daher sinnvoll, wenn die Gläubigerpartei die Zustellungsbescheinigung hinsichtlich der Bestätigung als Europ. Vollstreckungstitel dem österreichischen Vollstreckungsorgan mit vorlegt.
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