europischer Vollstreckungstitel

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Ali71
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#1

22.03.2011, 11:35

Hallo ihr Lieben,

ich habe ein vollstreckbares Urteil und einen vollstreckbaren KFB gegen einen Holländer. Jetzt brauche ich ja die "europäische Vollstreckungsklausel". Mit welchem Wortlaut/Antrag kann ich diese beantragen?

Ich hatte mir das ungefähr so vorgestellt ...

"... übersenden wir anliegendes Urteil vom ... sowie den KFB vom ... und beantragendie Bestätigung der anliegenden Titel als europäische Vollstreckungstitel mit der Anbringung des dafür vorgesehenen Formblatts sowie die Erteilung der europäischen Vollstreckungsklausel. "

Ist das so ok, oder muss da noch etwas zu? :thx

Vielen Dank schon mal im Voraus!!!
Ali
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warintharpa
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#3

09.04.2011, 12:29

Der Antrag könnte sinngemäß wie folgt lauten:

"... übersenden wir anliegende vollstr. Ausfertigung des Versäumnisurteils/Anerkenntnisurteils vom ... sowie des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom ... und beantragen, diese als Euroopäische Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen zu bestätigen.
Es wird gebeten, die Ausfertigung der Bestätigung mit der vollstr. Ausfertigung jeweils zu verbinden."

PS:
Eine europäische Vollstreckungsklausel gibt es nicht.
Sofern und soweit es sich bei dem Urteil um ein streitiges Urteil handeln sollte, kann dieses nicht als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen bestätigt werden.
Claudia7876
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#4

11.05.2011, 09:28

Guten Morgen liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ich greife mal meinen Fall in diesem Beitrag auf und hoffe mir kann jemand helfen. Mache seit Jahren nur noch Notariat und nun soll ich die Zwangsvollstreckung aus einem spanischen Urteil betreiben und muss ganz ehrlich sagen, dass ich keine Ahnung von dem Verfahren habe. Habe schon die ZPO, das EuGVÜ und diverse Internetseiten gewälzt bzw. gelesen, aber bin noch nicht so ganz sicher hinsichtlich der Verfahrensweise.

Also unser Mandant hat uns das Original und beglaubigte Übersetzung, nebst Apostille, eines Urteils des Bezirksgerichts Nr. 1 von Manacor vorgelegt, über ein Verfahren mit geringem Streitwert. So, hier stellt sich mir schon die Frage, ob es sich hier um eine unbestrittene Forderung mit geringem Streitwert handelt. Ich denke mal ja.

Wir sollen nun das Urteil in Deutschland vollstrecken. Gem. § 1107 ZPO findet die Zwangsvollstreckung aus einem Titel eines Mitgliedstaates der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007, im Inland statt, ohne das es einer Vollstreckungsklausel bedarf.
O.k., also dann müsste ich doch nach den Verfahrensvoraussetzungen in Deutschland nur noch den Titel zustellen lassen bevor die Vollstreckung losgehen kann, oder?

Fehlt vorab noch eine Bestätigung des Gerichts in Spanien als Europäischer Vollstreckungstitel?

Wie Ihr seht, habe ich so einiges gelesen, aber nicht wirklich blassen Schimmer, was hier nun anzuwenden ist und wie zu erfolgen hat und hoffe jemand kann mir helfen!?

LG Claudia
warintharpa
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#5

14.05.2011, 23:18

Das europäischen Verfahren für geringfügige Foderungen ist u. a. in der VO (EG) Nr. 861/2007 geregelt.

Das ausl. Erkenntnisverfahren wird mittels EU-einheitlichen Klageformblatts (Formblatt A) eingeleitet.

Zu dem ausl. Urteil in Bagatellsachen ist vom spanischen Gericht insoweit das Formblatt D auszufüllen.

Weitere Einzelheiten zum europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen (Erkenntnisverfahren) können dem Justizportal NRW entnommen werden:
https://www.justiz.nrw/BS/rechtimauslan ... /index.php
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warintharpa
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#6

14.05.2011, 23:21

Nach der VO (EG) Nr. 861/2007 bedarf die Gläubigerpartei zur Einleitung der Zwangsvollstreckung aus einem ausl. Urteil im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen lediglich der
entsprechenden Bestätigung (Formblatt D) durch das ausländische Gericht.

Die VO (EG) Nr. 861/2007 ermöglicht die direkte Vollstreckung im Imland.

Die Gläubigerpartei aus Spanien kann sich daher im Inland direkt an das zuständige Vollstreckungsorgan wenden.

Soll z. B. aus einem im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenen spanischen Urteil in Deutschland vollstreckt werden, so kann die Gläubigerpartei sich direkt an den zuständigen Gerichtsvollzieher im Inland wenden.

2.
Die Gläubigerpartei benötigt für die Zwangsvollstreckung in Deutschland folgende Unterlagen:

- Ausfertigung des spanischen Urteils mit Zustellungsbescheinigung,
- Ausfertigung der spanischen Bestätigung (Formblatt D),
- ggfs. Übersetzung der vorgenannten Bestätigung (Formblatt D) in deutscher Sprache.

Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Zwangsvollstreckung wird auf das Justizportal NRW Bezug genommen:
https://www.justiz.nrw/BS/rechtimauslan ... /index.php

Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info entnommen werden:
https://www.justiz.nrw/BS/rechtimauslan ... eugfvo.pdf
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warintharpa
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#7

14.05.2011, 23:34

Im vorl. Fall dürfte jedoch offensichtlich die VO (EG) Nr. 861/2007 keine Anwendung finden, da das Verfahren offensichtlich nicht mit dem EU-einheitlichen Klageformblatt (Formblatt A) eingeleitet worden ist.

Das spanische Urteil könnte dagegen - je nach Vorliegen der Voraussetzungen - entweder als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen (VO (EG) Nr. 805/2004) bestätigt werden oder hierzu eine Bescheinigung gem. Art. 54 (Anhang V) VO (EG) Nr. 44/2001) erteilt werden.
warintharpa
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#8

15.05.2011, 00:05

Handelt es sich um eine unbestrittene Geldforderung im Sinne der VO (EG) Nr. 805/2004, hat die Gläubigerpartei die Wahl zwischen der Beantragung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens nach der VO (EG) Nr. 44/2001 und der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen, Erwägungsgrund 20 VO (EG) Nr. 805/2004, Art. 27 VO (EG) Nr. 805/2004.

Die spanische Entscheidung kann insoweit entweder
a) als Europäischer Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen bestätigt werden (VO (EG) Nr. 805/2004
oder
b) zu der spanischen Entscheidung könnte eine Bescheinigung gem. Art. 54 VO (EG) Nr. 44/2001 erteilt werden.

Hinsichtlich der Alt. a) bedarf es für die Zwangsvollstreckung nicht der Durchführung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens.
Die VO (EG) Nr. 805/2004 ermöglicht die direkte Zwangsvollstreckung im Inland.

Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info entnommen werden:
https://www.justiz.nrw/BS/rechtimauslan ... euvtvo.pdf

Sofern und soweit die spanische Entscheidung nicht als Europ. Vollstreckungstitel bestätigt werden kann oder Du als Gläubigerpartei lieber das Vollstreckbarerklärungsverfahren in Deutschland durchführen möchtest, ist ggfs. folgendes von Dir zu beachten:

Derzeit werden ausl. Entscheidungen/ausl. Vergleiche, die zuvor nicht als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen bestätigt wurden, noch nicht automatisch im Inland anerkannt.
Die Gläubigerpartei muss zunächst ein bes. Zwischenverfahren für die Anerkennung in Deutschland (bekannt als "Exequaturverfahren") beantragen.
Mit anderen Worten:
Die Vollstreckung aus dem spanischen Urteil in Deutschalnd ist erst möglich, nachdem das inländische Landgericht die spanische Entscheidung in Deutschland für vollstreckbar erklärt hat.

Die Gläubigerpartei benötigt für die Zwangsvollstreckung in Deutschland folgende Unterlagen:
(vollstr.) Ausfertigung der inl. Entscheiudng mit Zustellungsvermerk,
eine Bescheinigung des spanischen Gerichts unter Verwendung des Formblatts in Anhang V VO (EG) Nr. 44/2001,
die Vollstreckbarerklärung der spanischen Entscheidung durch das inl. Landgericht mit Zustellungsbescheinigung.

Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info entnommen werden:
https://www.justiz.nrw/BS/rechtimauslan ... l-I-vo.pdf

Ich würde daher als Gläubigerpartei die Bestätigung der inl. Entscheidung als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen - hilfsweise die Erteilung einer Bescheinigung nach Art. 54 VO (EG) Nr. 44/2001 - bei dem spanischen Gericht beantragen.

Offensichtlich handelt es sich im vorl. Fall nicht um eine unbestrittene Forderung (streitiges Urteil!), so dass die VO (EG) Nr. 805/2004 ebenfalls keine Anwendung finden dürfte.
Es bleibt somit für die Gläubigerpartei lediglich die Möglichkeit, eine Bescheinigung gem. Art. 54 VO (EG) Nr 44/2001 vom spanischen Gericht zu erwirken und in Deutschland das Vollstreckbarerklärungsverfahren durchzuführen.
Zuletzt geändert von warintharpa am 27.03.2018, 23:53, insgesamt 2-mal geändert.
Claudia7876
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#9

18.05.2011, 09:57

Vielen Dank für Eure Hinweise. Hatte so einiges davon auch schon im Internet gefunden, aber wenn man echt keinen Durchblick hat, dann verwirrt das alles nur.

Dann werde ich hier mal loslegen und die Bescheinigung gem. Art. 54 VO (EG) Nr. 44/2001 vom spanischen Gericht erwirken.

:thx
cosmicmoon
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#10

24.05.2011, 22:39

Richtig :-) Also derjenige, der das Urteil in Spanien erwirkt hat, sollte sich die Bescheinigung gem. Art. 54 VO (EG) Nr. 44/2001 beim Ursprungsgericht in Spanien holen. Danach wenn die Bescheinigung und Urteil etc. mit Übersetzung da sind in Deutschland das so genannte Exequaturverfahren (Zwischenverfahren) zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung der Entscheidung durchführen. Dafür dann gem. Art. 39 Verordnung EG-Nr. 44/2001 beim für die ZV örtlich zuständigen Landgericht (gem. Anhang II der VO) den Antrag stellen. Wenn Dein Urteil dann in Deutschland anerkannt und für vollstreckbar erklärt wurde, kannst Du mit der ZV loslegen :-)
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