Kontopfändung in Österreich mit deutschem VB

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Amazone
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#1

10.06.2010, 12:52

Hallo,

bin ganz neu hier und klicke mich durch alte Beiträge. Leider habe ich einen Beitrag zur Kontenpfändung in Österreich mit deutschem Titel noch nicht gefunden (nur GV-Aufträge).

Unser Schuldner ist noch in D gemeldet (EMA-Auskunft), doch der GVZ schreibt, daß dieser unter der deutschen Adresse nicht auffindbar ist. Uns ist allerdings seine österreichische Bankverbindung bekannt. Beim Surfen im Internet stieß ich auf die Formulierung "die Kontenpfändung erstreckt sich grundsätzlich nur auf die gegenwärtig bestehende Forderung, nicht aber auf künftig eingehende Zahlungen" (aus: Prof. Dr. Paul Oberhammer, Halle/Saale "Kontenpfändung - Landesbericht Österreich) ... ähm, wenn dort nächste Woche ein größerer Geldeingang zu verzeichnen wäre - wäre der dann von meiner Pfändung nicht betroffen?

Meine Frage: kann ich von D aus - mit dem noch zu beantragenden europ. Titel - die Forderungspfändung in Österreich durchführen? Oder ist es sinnvoller, dort einen Anwalt bzw. ein Inkassobüro zu beauftragen (z.B. Ansprechpartner in Ö)? Was müßte ich beachten?

Danke für Eure Hilfe & Grüße Amazone
warintharpa
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#2

10.06.2010, 14:39

Handelt es sich um eine unbestrittene Geldforderung im Sinne der VO (EG) Nr. 805/2004, hat die Gläubigerpartei die Wahl zwischen der Beantragung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens nach der VO (EG) Nr. 44/2001 und der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen, Erwägungsgrund 20 VO (EG) Nr. 805/2004, Art. 27 VO (EG) Nr. 805/2004.
warintharpa
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#3

10.06.2010, 14:51

Möchtest Du als Gläubigerpartei den inländischen Vollstreckungsbescheid als Europäischen Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen bestätigt haben, bedarf es insoweit eines entsprechenden Antrags an das inländische Gericht.

Für die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen müssen jedoch u. a. folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

1. fällige Geldforderung;

2. unbestrittene Forderung;

3. Vollstreckbarkeit der Forderung im Inland;

4. Einhaltung der Zuständigkeitsregeln;

5. Einhaltung der verfahrensrechtl. Mindeststandards;

6. da es sich bei dem inl. Vollstreckungsbescheid um eine Säumnisentscheidung handelt:
ordnungsgemäße Zustellung des Mahnbescheids an Schuldnerpartei oder Vertreter i. S. d. Art. 13, 14 oder 15 VO (EG) Nr. 805/2004);

7. ordnungsgemäße Unterrichtung der Schuldnerpartei über die Forderung,

8. ordnungsgemäße Unterrichtung der Schuldnerpartei über die
Verfahrensschritte zum Bestreiten der Forderung und über die Rechtsfolgen
des Nichtbestreitens.

Sofern und soweit der Mahnbescheid nicht nach Art. 13, 14 oder 15 VO (EG) Nr. 805/2004 zugestellt sein sollte, ist u. U. eine Heilung nach Art. 18 VO (EG) Nr. 805/2004 möglich, sofern und soweit der inl. Vollstreckungsbescheid der Schuldnerpartei nach Art. 13 oder 14 VO (EG) Nr. 805/2004 zugestellt worden ist, die Schuldnerpartei keinen Rechtsbehelf eingelegt hat und der inl. Vollstreckungsbescheid rechtskräftig ist.

Ob letztlich die Voraussetzungen für die Bestätigung des inl. Vollstreckugnsbescheids als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen vorliegen, entscheidet insoweit das inl. Gericht.

Sofern die Schuldnerpartei ein Verbraucher ist gilt folgendes (Vollstreckungsbescheid ist eine Säumnisentscheidung):
Der Umstand, dass die Schuldnerpartei nunmehr in Österreich wohnhaft ist, steht der Bestätigung des inl. Vollstreckungsbescheids als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen insoweit nicht entgegen;
maßgeblich für den Zeitpunkt des Wohnsitzes der Schuldnerpartei ist das Datum des Erlasses des Vollstreckungsbescheids.


2.
Dem österreichischen Vollstreckungsgericht sind von Dir folgende Vollstreckungsunterlagen vorzulegen:

Ausfertigung des inl. Vollstreckungsbescheids mit Zustellungsbescheinigung und ggfs. Rechtskraftbescheinigung,
Ausfertigung der Bestätigung des inl. Gerichts.

Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Zwangsvollstreckung
wird auf die Infos über die grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung (Justizportal NRW) Bezug genommen:
https://www.justiz.nrw/BS/rechtimauslan ... /index.php

Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info entnommen werden:
https://www.justiz.nrw/BS/rechtimauslan ... euvtvo.pdf
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#4

10.06.2010, 14:52

:good
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warintharpa
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#5

10.06.2010, 14:58

Sofern und soweit der inl. Vollstreckungsbescheid nicht als Europ. Vollstreckungstitel bestätigt werden kann oder Du als Gläubigerpartei lieber das Vollstreckbarerklärungsverfahren in Österreich durchführen möchtest, ist ggfs. folgendes von Dir zu beachten:

Derzeit werden inl. Entscheidungen/inl. Vergleiche, die zuvor nicht als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen bestätigt wurden, noch nicht automatisch in den anderen EU-Mitgliedstaaten anerkannt.
Die Gläubigerpartei muss zunächst ein bes. Zwischenverfahren für die Anerkennung in den anderen EU-Mitgliedstaaten (bekannt als "Exequaturverfahren") beantragen.
Mit anderen Worten:
Die Vollstreckung aus dem inl. Vollstreckungsbescheid in Österreich ist erst möglich, nachdem das österreichische Gericht erklärt hat, dass die inländische Entscheidung in Österreich vollstreckbar ist.

Die Gläubigerpartei benötigt für die Zwangsvollstreckung in Österreich folgende Unterlagen:
vollstr. Ausfertigung des inl. Vollstreckungsbescheids mit Zustellungsvermerk -ggfs. mit Rechtskraftvermerk -,
eine Bescheinigung des inländischen Gerichts unter Verwendung des Formblatts in Anhang V VO (EG) Nr. 44/2001,
die Vollstreckungsbarerklärung des inländischen Vollstreckungsbescheids durch das österreichische Gericht mit Zustellungsbescheinigung.

Für die Zwangsvollstreckung in Österreich benötigt Du u. a. eine Vollstreckungsklausel zu dem inl. Vollstreckungsbescheid, vergl. § 31 Anerkenungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz (AVAG).

Desweiteren ist von Dir bei dem inl. Gericht die Erteilung einer Bescheinigung gem. Art. 54 (Anhang V) VO (EG) Nr. 44/2001 zu dem inl. Vollstreckungsbescheid zu beantragen, da diese für das Exequaturverfahren in Österreich benötigt wird.

Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info entnommen werden:
https://www.justiz.nrw/BS/rechtimauslan ... l-I-vo.pdf
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#6

10.06.2010, 14:59

Sofern und soweit der Erfüllungsort im Inland liegt, könnte sogar die Forderungsvollstreckung im Inland in Betracht kommen.
Es besteht ggfs. die Möglichkeit, einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss im Inland zu erwirken.
Amazone
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#7

10.06.2010, 16:28

Hallo Ihr,

vielen Dank für die vielen Infos - muß mich erstmal durchschlagen:-)

Grüße Amazone
mucl
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#8

03.08.2010, 11:40

Hallo,

ich darf diesen Thread hier nochmals aufgreifen. Ich habe dasselbe Problem - allerdings habe ich mit einem VU kein Problem, die Bestätigung als europ. Vollstreckungstitel nach der EuVTVO zu erlangen.

Der Schuldner hat seinen Wohnsitz nach wie vor in Deutschland, die Drittschuldnerin (Bank) sitzt in Österreich. Wir wollen nun das Konto pfänden, aber ich weiß gerade nicht wirklich, wohin der PFÜB zu schicken ist ...

Grundsätzlich wäre ja das Vollstreckungsgericht des Schuldners - also hier in Deutschland - zuständig. Doch wie ist das bei dieser Sonderkonstellation mit Bankkonto in Österreich????

Kann mir jemand helfen??? :thx schon mal im Voraus
Kaltforelle
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#9

11.02.2015, 15:43

Hallo
Genau hier möchte ich auch ansetzen.
Bescheinigung nach ... 44/2001 liegt vor.
Schuldner hat Sitz in D
Bankkonto ist in Ö.

Ich habe mal einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gesehen, der am Wohnsitzgericht des Schuldners - also in D - beantragt und erlassen wurde (betreffend sowohl ein Konto in Österreich als auch eines in der Schweiz).

Ist das so richtig?

Danke für eine Rückmeldung !
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#10

11.02.2015, 16:04

Hallo Kaltforelle :wink1

Bitte ergänze dein Profil noch hinsichtlich deiner Tätigkeit ;)

Bitte lies hierzu die Forenregeln (hier: Ziffer 4.)

www.foreno.de/foreno-grundlagen.php

Das Berufsfeld ist nach reiflicher Überlegung des Forenteams und aus Erfahrung heraus eine Pflichtangabe. Hierdurch können andere User deinen Kenntnisstand in etwa einschätzen und so eine für dich passendere Antwort geben. Außerdem, so hat uns die Vergangenheit gezeigt, kommt es leider immer mal wieder vor, dass Berufsfremde hier Rechtsrat von uns wollen. Auch dagegen soll die Berufsangabe helfen (weil wir ja merken, wenn sich jemand als ReFa ausgibt, es aber nicht ist :wink:).

Bitte fülle das Feld daher aus, da wir uns ansonsten vorbehalten müssen, dein Thema zu schließen.

Das Forenteam bittet die Mitglieder, bis zum Ausfüllen des Berufsfeldes durch den Themenstarter einstweilen nicht zu antworten.

Vielen Dank,

Das Forenteam.
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