Österreichischer Titel - ZV in D

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Autotextkönigin
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#1

12.05.2010, 13:31

Hallo,

ich brauche mal Eure Unterstützung, weil ich so überhaupt keine Ahnung habe. :mrgreen:
Folgendes:
Ich habe hier einen ausländischen Titel gegen einen SC, der inzwischen in D wohnt. Dem Titel aus Österreich (Zahlungsbefehl) ist eine Amtsbestätigung beigefügt, das der Titel im Ursprungsmitgliedsstaat vollstreckbar ist, ebenso eine Bescheinigung nach Art. 54 und 58 (europäischer Vollstreckungstitel?).

Nun dachte ich, dies reicht alles aus für die ZV hier. Der GVZ hat auch daraus vollstreckt, die weitere Vollstreckung (PfüB) scheitert, da er nicht erlassen werden soll.

Der RPfl. ist der Meinung, dass es sich nicht um einen Europäischen Vollstreckungstitel nach § 1082 ZPO handelt und eine Vollstreckbarkeitserklärung im Inland erfolgen muss. Ob die nicht gesiegelte Bescheinigung ausreicht, erscheint ihm fraglich.

Jetzt haben wir beim zuständigen LG den Antrag auf Erteilung einer Klausel nach VO EG Nr. 44/2001 gestellt.

Das LG sagt uns jetzt, das Rechtsschutzbedürfnis entfällt, wenn der Titel als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt wurde. Die Voraussetzungen hierfür liegen vor. Ob von der Möglichkeit, die gem. Art. 5 der Verordnung die Vollstreckbarerklärung überflüssig macht, Gebrauch gemacht wurde, willl das Gericht jetzt wissen.

Was wollen die von uns wissen?

Was haben wir denn überhaupt falsch gemacht und will der RPfl. ein hübscheres Siegel oder was gefällt ihm nicht (ist keines drauf, nur eine Unterschrift)?

Kann mir jemand aus dem Tal der Ahnungslosen helfen?
Liebe Grüße
Autotextkönigin - Wer den gleichen Text zweimal schreibt kennt die F3-Taste noch nicht
Autotextkönigin
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#2

18.05.2010, 13:46

Kann mir denn wirklich keiner helfen?

Freitag läuft die Frist ab, bis dahin muss ich wenigstens verstanden haben, was die von mir wollen.
Liebe Grüße
Autotextkönigin - Wer den gleichen Text zweimal schreibt kennt die F3-Taste noch nicht
cosmicmoon
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#3

19.05.2010, 11:53

Autotextkönigin hat geschrieben:Nun dachte ich, dies reicht alles aus für die ZV hier. Der GVZ hat auch daraus vollstreckt, die weitere Vollstreckung (PfüB) scheitert, da er nicht erlassen werden soll.?
Es kommt darauf an, WO der Gerichtsvollzieher vollstreckt hat... ob in Dtl. oder Österreich. Eine Beurteilung diesbezüglich liegt mir also fern.
Autotextkönigin hat geschrieben: Der RPfl. ist der Meinung, dass es sich nicht um einen Europäischen Vollstreckungstitel nach § 1082 ZPO handelt und eine Vollstreckbarkeitserklärung im Inland erfolgen muss.
Da hat der unter Umständen Rechtspfleger recht!
Autotextkönigin hat geschrieben:Das LG sagt uns jetzt, das Rechtsschutzbedürfnis entfällt, wenn der Titel als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt wurde. Die Voraussetzungen hierfür liegen vor. Ob von der Möglichkeit, die gem. Art. 5 der Verordnung die Vollstreckbarerklärung überflüssig macht, Gebrauch gemacht wurde, willl das Gericht jetzt wissen.
So und nun wird die Schilderung des Falles ziemlich verworren. Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt doch nur bei einer erneuten Leistungsklage???

Gemäß Art. 38 EuGVVO werden die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen, die in
diesem Staat vollstreckbar sind, in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt, wenn sie auf Antrag eines Berechtigten für vollstreckbar erklärt worden sind.
Voraussetzungen
- Antrag an das zuständige Gericht, Art. 39 Abs. 1 EuGVVO i.V.m. Anhang II.
(Örtlich zuständig ist das Gericht am Wohnsitz des Vollstreckungsgegners oder das am Ort
der Vollstreckung, gem. Art. 39 Abs. 2 EuGVVO, § 3 Abs. 2 AVAG). Sachlich zuständig ist
ausschließlich das Landgericht).

- Antrag durch einen Berechtigten, Art. 38 Abs. 1 EuGVVO (Derjenige, für den das Urteil wirkt)
- Vorlage einer Ausfertigung der anzuerkennenden Entscheidung (Art. 53 EuGVVO) und
der Bescheinigung nach Art. 54 EuGVVO.

Der Verweis auf Art.5 EuGVVO lässt jedoch wiederum darauf schließen, dass eventuell der Schuldner und Gläubiger in Deutschland sitzen und eine von beiden VERBRAUCHER ist???

Da der Beitrag hier ziemich verworren ist, bräuchte ich entweder mehr Angaben zu Wohnsitz von Gläubiger und Schuldner sowohl im Klageverfahren als auch jetzt, sowie Angaben ob Firma oder Verbraucher und weiter Angaben ob ein weiteres Verfahren anhängig ist.

ODER ganz einfach: Telefonhörer in die Hand nehmen und bei Gericht anrufen, um den Fall zu "entknoten"
Autotextkönigin
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#4

19.05.2010, 14:44

1. ZV erfolgte hier in D durch uns, vorher in A.
2. Diese Vollstreckbarkeitserklärung im Inland haben wir ja beantragt nachdem der PfüB nicht erlassen wurde, mit allen benötigten Unterlagen und das zuständige LG sagt jetzt Obiges (Rechtsschutzbedürfnis entfällt ...).
3. Schuldner sitzt (jetzt) in D, ist Verbraucher. Gl. sitzt und sass schon immer in A und ist eine Firma.
4. Kein weiteres Verfahren anhängig.

Und nun?
Liebe Grüße
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cosmicmoon
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#5

27.05.2010, 16:42

Ich glaube, jetzt habe ich die Erleuchtung. Da brauchst Du die Vollstreckbarerklärung in der Form nicht, weil ja m. E. nach der Titel direkt am Sitz des Verbrauchers (der ja damals noch Österreich) erwirkt wurde und somit dort auch als Europäischer vollstreckungstitel erklärt wurde. Da meinte das Gericht wahrscheinlich nicht Art. 5 EuGVO, sondern Art. 5 EuVTVO (EG-Nr. 805/2004)...

Aber das musste jetzt noch der armen Rechtspflegerin, die die ZV durchführen muss beibringen...

Vielleicht telefonierste mal mit denen vom LG, ob die dass nicht der Rpflgin beibringen ;-)
Autotextkönigin
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#6

27.05.2010, 20:45

:thx

für die Erleuchtung - hier ists noch ganz dunkel bei mir aber ich trag mal das Licht zum Rpflg weiter :mrgreen:

Nochmal - dickes Dankeschön
Liebe Grüße
Autotextkönigin - Wer den gleichen Text zweimal schreibt kennt die F3-Taste noch nicht
warintharpa
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#7

28.05.2010, 09:09

Handelt es sich um eine unbestrittene Geldforderung im Sinne der VO (EG) Nr. 805/2004, hat die Gläubigerpartei die Wahl zwischen der Beantragung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens nach der VO (EG) Nr. 44/2001 und der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen, Erwägungsgrund 20 VO (EG) Nr. 805/2004, Art. 27 VO (EG) Nr. 805/2004.

Im vorl. Fall hat das österreichische Gericht offensichtlich lediglich eine Bescheinigung gem. Art. 54 (Anhang V) VO (EG) Nr. 44/2001 zu dem Zahlungsbefehl erteilt.
Bei dieser Bescheinigung handelt es sich nicht um einen Europäischen Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen.

Da es sich im vorl. Fall um eine unbestrittene Forderung im Sinne der VO (EG) Nr. 805/2004 handelt, wollte das inl. Landgericht von Dir als Gläubigerpartei lediglich wissen, ob der Zahlungsbefehl bereits als Europäischer Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen bestätigt worden ist.

Wäre der Zahlungsbefehl bereits als Europäischer Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen bestätigt worden (Art. 9 (Anhang I) VO (EG) Nr. 805/2004), fehlt für das Vollstreckbarerklärungsverfahren vor dem inl. Landgericht das Rechtsschutzbedürfnis, vergl. auch Beschluss des OLG Stuttgart vom 20. 04. 2009, 5 W 68/08, Rpfl. 2009, Seite 688 ff.

Du brauchst also insoweit dem inl. Landgericht nur mitteilen, dass der Zahlungsbefehl nicht als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen bestätigt worden ist - dann könnte das Vollstreckbarerklärungsverfahren fortgesetzt werden.
warintharpa
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#8

28.05.2010, 09:22

Möchtest Du als Gläubigerpartei dagegen den Zahlungsbefehl als Europäischen Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen bestätigt haben, bedarf es insoweit eines entsprechenden Antrags an das österreichische Gericht.

Für die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen müssen jedoch u. a. folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

1. fällige Geldforderung;

2. unbestrittene Forderung;

3. Vollstreckbarkeit der Forderung in Österreich;

4. Einhaltung der Zuständigkeitsregeln;

5. Einhaltung der verfahrensrechtl. Mindeststandards;

6. da es sich bei dem Zahlungsbefehl um eine Säunisentscheidung handelt:
ordnungsgemäße Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks
an Schuldnerpartei oder Vertreter i. S. d. Art. 13, 14 oder 15 VO
(EG) Nr. 805/2004);

7. ordnungsgemäße Unterrichtung der Schuldnerpartei über die Forderung,

8. ordnungsgemäße Unterrichtung der Schuldnerpartei über die
Verfahrensschritte zum Bestreiten der Forderung und über die Rechtsfolgen
des Nichtbestreitens,

9. da es sich bei dem Zahlungsbefehl um eine Säumnisentscheidung handelt
und es sich bei der Schuldnerpartei um eine natürliche Person und einen
Verbraucher handelt:
Wohnsitz der Schuldnerpartei in Österreich (Zeitpunkt des Erlasses der
Entscheidung ist insoweit maßgebend).

Sofern und soweit das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht nach Art. 13, 14 oder 15 VO (EG) Nr. 805/2004 zugestellt sein sollte, ist u. U. eine Heilung nach Art. 18 VO (EG) Nr. 805/2004 möglich, sofern und soweit der Zahlungsbefehl der Schuldnerpartei nach Art. 13 oder 14 VO (EG) Nr. 805/2004 zugestellt worden ist, die Schuldnerpartei keinen Rechtsbehelf eingelegt hat und der Zahungsbefehl rechtskräftig ist.

Ob letztlich die Voraussetzungen für die Bestätigung des Zahlungsbefehls als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen vorliegen, entscheidet insoweit das österreichische Gericht.

2.
Dem inl. Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - sind von der Gläubigerpartei folgende Vollstreckungsunterlagen vorzulegen:

(vollstr.) Ausfertigung des Zahlungsbefehls des österreichischen Gerichts einschl. Zustellungsvermerk und ggfs. Rechtskraftbescheinigung,
Ausfertigung der Bestätigung des österreichischen Gerichts.

Die Vorlage einer gesonderten Zustellungsbescheinigung zum Zahlungsbefehl ist nicht erforderlich, da die Zustellung an den Schuldner in der Regel bereits im Zahlungsbefehl bereits bescheinigt ist.


Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Zwangsvollstreckung
wird auf das Justizportal NRW Bezug genommen:
https://www.justiz.nrw/BS/rechtimauslan ... /index.php

Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info entnommen werden:
https://www.justiz.nrw/BS/rechtimauslan ... euvtvo.pdf
Zuletzt geändert von warintharpa am 26.03.2018, 09:06, insgesamt 12-mal geändert.
warintharpa
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#9

28.05.2010, 09:39

Da Du als Gläubigerpartei dem Vollstreckungsgericht lediglich den Zahlungsbefehl und die Bescheinigung gem. Art. 54 (Anhang V) VO (EG) Nr. 44/2001 vorgelegt hast, hat der Rechtspfleger insoweit zurecht die inl. Vollstreckbarerklärung angefordert.

Derzeit werden Entscheidungen/Vergleiche aus den anderen EU-Mitgliedstaaten, die zuvor nicht als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen bestätigt wurden, noch nicht automatisch im Inland anerkannt.
Die Gläubigerpartei muss zunächst ein bes. Zwischenverfahren für die Anerkennung im Inland (bekannt als "Exequaturverfahren") beantragen.
Mit anderen Worten:
Die Vollstreckung aus dem österreichischen Zahlungsbefehl im Inland ist erst möglich, nachdem das inl. Landgericht erklärt hat, dass die österreichische Entscheidung im Inland vollstreckbar ist.

Die Gläubigerpartei benötigt für die Zwangsvollstreckung im Inland folgende Unterlagen:
(vollstr.) Ausfertigung des österreichischen Gerichts mit Zustellungsvermerk -ggfs. mit Rechtskraftvermerk -,
eine Bescheinigung des österreichischen Gerichts unter Verwendung des Formblatts in Anhang V VO (EG) Nr. 44/2001,
die Vollstreckungsbarerklärung des österreichischen Zahlungsbefehls durch das inl. Landgericht mit Zustellungsbescheinigung.

Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info entnommen werden:
https://www.justiz.nrw/BS/rechtimauslan ... l-I-vo.pdf
Zuletzt geändert von warintharpa am 26.03.2018, 09:08, insgesamt 6-mal geändert.
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#10

28.05.2010, 11:49

@warintharpa - vielen Dank für die ausführliche Erklärung, jetzt weiss ich was ich noch zu tun habe und was mir noch an Unterlagen fehlte.


:thx
Liebe Grüße
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