Ergänzung KFB zur Vollstreckung im EU-Ausland

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Ernie

#1

08.07.2010, 15:30

Nachdem das ergangene Versäumnisurteil (Rechtskraftvermerk; Vervollständigung nach § 30 Abs. I 1 AVAG) auch die erforderliche Bescheinigung nach Art. 54, 58 der Verordnung betreffend gerichtliche Entscheidungen und Prozessvergleiche erhalten hat, möchte ich den nach langer Zeit erlassenen Kostenfestsetzungsbeschluss ebenfalls für im Mitgliedsstaat für vollstreckbar erklären lassen.

Das Streitgericht fragt jetzt nach, ob der Kostenfestsetzungsbeschluss die Bestätigung als europäischer Vollstreckungstitel nach Art. 54, 58 EuGVVO oder nach Nr. 805/2004 der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.04.2004 erfolgen soll.

Eigentlich tendiere ich zur 805/2004-Verordnung, da Art. 54,58 EuGVVO lediglich von gerichtlichen Entscheidungen und Prozessvergleichen spricht. Lieg ich da richtig?
Ernie

#2

09.07.2010, 09:47

Ich schubse mal für die Fachleute der Auslandsvollstreckung!
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LuzZi
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#3

09.07.2010, 09:48

Ich dachte immer, dass wärst du Ernie ;)
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warintharpa
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#4

13.07.2010, 12:57

Handelt es sich um eine unbestrittene Geldforderung im Sinne der VO (EG) Nr. 805/2004, hat die Gläubigerpartei die Wahl zwischen der Beantragung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens nach der VO (EG) Nr. 44/2001 und der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen, Erwägungsgrund 20 VO (EG) Nr. 805/2004, Art. 27 VO (EG) Nr. 805/2004.

Der inl. Kostenfestsetzungsbeschluss kann insoweit entweder
a) als Europäischer Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen bestätigt werden (VO (EG) Nr. 805/2004
oder
b) zu dem inl. Kostenfestsetzungsbeschluss könnte eine Bescheinigung gem. Art. 54 VO (EG) Nr. 44/2001 erteilt werden.

Hinsichtlich der Alt. a) bedarf es für die Zwangsvollstreckung nicht der Durchführung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens.
Die VO (EG) Nr. 805/2004 ermöglicht die direkte Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat.

Hinsichtlich der Alt. b) bedarf es dagegen für die Zwangsvollstreckung der Durchführung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens in den anderen EU-Mitgliedstaat.

Ich würde daher als Gläubigerpartei die Bestätigung des inl. Kostenfestsetzungsbeschlusses als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen - hilfsweise die Erteilung einer Bescheinigung nach Art. 54 VO (EG) Nr. 44/2001 - beantragen.

Soweit die Schuldnerpartei eine natürliche Person und ein Verbraucher ist, kann der inl. Kostenfestsetzungsbeschluss jedoch nicht als Europ. Vollstreckungstitel bestätigt werden, sofern die Schuldnerpartei nicht im Inland wohnhaft ist.
Ernie

#5

13.07.2010, 12:59

@ warintharpa: Deutscher Kostenfestsetzungsbeschluss, nachdem vorab Versäumnisurteil erging (= unbestrittene Forderung); Schuldner ist natürliche Person (= Verbraucher) und lebt im Ausland (hier: Niederlande).

Welche Bescheinigung benötige ich denn jetzt bzw. war mein Grundgedanke richtig, oder?!?
warintharpa
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#6

13.07.2010, 13:02

Sowohl das inl. Versäumnisurteil als auch der inl. Kostenfestsetzungsbeschluss können nicht als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen bestätigt werden, da die Schuldnerpartei eine natürliche Person ist, ein Verbraucher ist, nicht im Inland wohnhaft ist und es sich bei den vorgenannten Entscheidungen jeweils um Säumnisentscheidungen handelt.

Aus den vorgenantnen Gründen bedarf es daher der vorherigen Durchführung eines Vollstreckbarerklärungsverfahren in den Niederlanden.
Folgendes ist hierbei zu beachten:

Derzeit werden inl. Entscheidungen/inl. Vergleiche, die zuvor nicht als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen bestätigt wurden, noch nicht automatisch in den anderen EU-Mitgliedstaaten anerkannt.
Die Gläubigerpartei muss zunächst ein bes. Zwischenverfahren für die Anerkennung in den anderen EU-Mitgliedstaaten (bekannt als "Exequaturverfahren") beantragen.
Mit anderen Worten:
Die Vollstreckung aus dem inl. Kostenfestsetzungsbeschluss in den Niederlanden ist erst möglich, nachdem das niederländische Gericht erklärt hat, dass die inländische Entscheidung in den Niederlanden vollstreckbar ist.

Die Gläubigerpartei benötigt für die Zwangsvollstreckung in den Niederlanden folgende Unterlagen:
(vollstr.) Ausfertigung des inl. Kostenfestsetzungsbeschlusses mit Zustellungsvermerk -ggfs. mit Rechtskraftvermerk -,
eine Bescheinigung des inländischen Gerichts unter Verwendung des Formblatts in Anhang V VO (EG) Nr. 44/2001,
ggfs. Übersetzung des inl. Kostenfestsetzungsbeschlusses in niederländischer Sprache,
die Vollstreckungsbarerklärung des inländischen Kostenfestsetzungsbeschlusses durch das niederländische Gericht mit Zustellungsbescheinigung.

Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Zwangsvollstreckung
wird auf die Infos über die grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung (Justizportal NRW) Bezug genommen:
https://www.justiz.nrw/BS/rechtimauslan ... /index.php

Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info entnommen werden:
https://www.justiz.nrw/BS/rechtimauslan ... l-I-vo.pdf
Zuletzt geändert von warintharpa am 27.03.2018, 23:00, insgesamt 5-mal geändert.
Ernie

#7

13.07.2010, 13:05

@ warintharpa: Du musst mich jetzt nicht noch mit Österreich verwirren. :abdreh Diese Auslandsvollstreckungsgeschichte ist -für mich zumindest- schon schlimm genug....

Vielen lieben Dank für Deine Hilfe und insbesondere für die Links! :thx
aber
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#8

30.12.2012, 13:35

Ich greife dieses Thema erneut auf und wende mich an die Experten.

Ich habe eine lettische SIA (GmbH nach detschem Recht) vor einem inländischen Gericht vertreten. Einen Gebührenvorschuss hat das Unternehmen damals gezahlt, weigert sich aber nunmehr die restlichen Gebühren zu begleichen. Ich habe mittlerweile einen Vergütungsfestsetzungsbeschluss (Kostenfestsetzung gegen die eigene Partei) beim zuständigen Landgericht erwirkt.

So wie ich dem Ganzen entnehmen kann, benötige ich nunmehr eine gerichtliche Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel nach Anhang 1 der EG VTVO oder doch nach Art. 58 i.V.m. Anhang V EuGVVO?
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