Zwangsvollstreckung in Lettland

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MeHo
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#1

01.10.2012, 16:11

Hallo an alle!

Erst einmal großes Kompliment an das Forum. Bin eben beim Recherchieren drauf gestoßen und habe schon einige interessante Diskussionen durchgearbeitet ;). Nun hoffe ich, ihr könnt mir in einer sehr komplizierten Sache helfen...sonst verzweifel ich hier bald an meinem Tisch ;)!

Habe ein vollstreckbares Teil-Anerkenntnisurteil, einen Schuldner in der Schweiz und einen Drittschuldner in Lettland. Nun möchte ich bei der Bank in Lettland das Konto des Schuldners pfänden. Nur leider habe ich keine Ahnung, wie ich die Sache angehen soll. Soweit ich mich jetzt durchgearbeitet habe, muss man wohl einen Europäischen Vollstreckungstitel beim Prozessgericht in Deutschland beantragen. Wenn ich dies jetzt erledigt haben, wie geht es dann weiter? Kann man einen einfachen (deutschen?) Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beim Gericht in Lettland beantragen und das Gericht beauftragt damit dann den zuständigen GV?

Wäre für jede Hilfe sehr dankbar.

Liebe Grüße :smile:
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nephele
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#2

01.10.2012, 16:16

Die Frage kann ich dir leider auch nicht beantworten. Aber ich habe zur Internationalen ZV ein paar Links gesammelt, vielleicht hilft dir davon was weiter:

https://e-justice.europa.eu/home.do?act ... e&plang=de" target="blank
http://ec.europa.eu/civiljustice/enforc ... lat_de.htm" target="blank
Meine Motivation ist heute morgen winkend an mir vorbeigegangen

Verrückt? Ich? nee...das hätten mir die Stimmen doch gesagt...

Da ist es ja hygienischer, wenn mir ein pestkranker Gibbon die Hände trocken niest.
Zitat Sheldon Cooper
MeHo
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#3

01.10.2012, 18:29

Hey,

danke für deine Mühe, aber das hatte ich auch schon gefunden und hilft mir nicht viel weiter...Es ist immer alles so schön beschrieben, was man machen kann, aber nicht wie! Das ist sehr nervenaufreibend...

Mhh.. vielleicht hat ja noch jemand eine Idee bzw. hat schonmal in Lettland vollstreckt, auch wenn die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist :)!
Alex2702
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#4

01.10.2012, 20:10

Warum verlagerst Du das Problem nicht in die Schweiz? Dein Schuldner sitzt doch in der Schweiz. Die Betreibungsämter sind in der Schweiz ziemlich versiert und helfen gerne. Bis Du einen Titel in der Schweiz hast, vergeht zwar ein Weilchen. Aber Du wirst ihn relativ schnell erhalten, da - selbst wenn Dein Schuldner den sogenannten "Rechtsvorschlag" einreicht, der normalerweise das Verfahren erstmal blockiert - das Gericht den wegfegt, da Du einen in Deutschland vollstreckbaren Titel hast. Wenn der Titel dann in der Schweiz auch vollstreckbar ist, vollstreckt das Betreibungsamt gegen Deinen Schuldner - und ich kann Dir sagen, dass ist in der Schweiz nicht lustig. Wenn der Schuldner nicht sehr schnellt zahlt, kann der im wahrsten Sinne des Wortes die Koffer packen - wenn er nur eine Aufenthaltsbewilligung hat. Die spassen nicht mit den Schuldnern ... Wenn ich Dir in der Schweiz helfen kann, melde Dich gerne! Gruss Alex
MeHo
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#5

02.10.2012, 12:01

Hi Alex,

danke für deine Antwort, hört sich auf jeden Fall "spaßig" an. Leider habe ich aber den eindeutigen Auftrag, bei der Bank in Lettland, die uns ja bekannt ist, einen "Pfändungs- und Überweisungsbeschluss" einzureichen, falls es den in der Form dort überhaupt gibt.

Trotzdem noch kurz eine Frage zur Schweiz: Wird in der Schweiz der deutsche Titel nicht anerkannt bzw. was muss ich dann in der Schweiz beantragen? Eine Vollstreckbarkeitserklärung?

Vielen Dank für deine Hilfe.

LG
Alex2702
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#6

02.10.2012, 14:01

Na ja, in Lettland ... wäre nett, wenn Du mir dann im kommenden Frühjahr mal mitteilen würdest, wie sie denn so gelaufen ist, die Vollstreckung ...

Und nur zur Vollstreckung deutscher Titel in der Schweiz.

Wenn Du einen deutschen Titel erstritten hast, das einen in der Schweiz ansässigen Schuldner ausweist, musst Du Dich mit der Frage der Vollstreckung in der Schweiz befassen.

Die Grundlagen dazu findet man im so genannten „Lugano-Übereinkommen“ (Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen).

Dort ist auch geregelt, dass Entscheidungen, die in Deutschland ergangen sind, grundsätzlich ohne erneute, rechtliche Prüfung in der Schweiz anerkannt werden. Dabei sind von dem Begriff „Entscheidung" auch alle Beschlüsse, Vollstreckungsbescheide und Kostenfestsetzungsbeschlüsse umfasst. Zu beachten ist aber, dass die Anerkennung versagt wird, wenn dem Schuldner das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht zugestellt wurde.
Bereits bei der Einleitung eines Gerichts- oder anderweitigen Verfahrens muss die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks festgestellt und dokumentiert werden.
Die Vollstreckung selbst, in der Schweiz „Betreibung“ genannt, richtet sich nach den Vorschriften des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG).

Zur Einleitung einer Betreibung ist das jeweilige Urteil beim zuständigen Betreibungsamt mit dem entsprechenden Formular „Betreibungsbegehren“ einzureichen. Als Nachweis reicht eine Kopie des deutschen Titels aus.

Dem Schuldner wird dann ein so genannter Zahlungsbefehl zugestellt, auf den er unterschiedlich reagieren kann. Entweder der Schuldner zahlt oder er legt einen so genannten Rechtsvorschlag ein, um sich gegen die Forderung zu wehren oder er reagiert überhaupt nicht.

Reagiert der Schuldner nicht, muss als nächstes ein sogenanntes „Fortsetzungsbegehren“ gestellt werden, um dann über die Pfändung oder den Konkurs die Forderung über das Betreibungsamt einziehen zu lassen.
Beim Rechtsvorschlag muss der Gläubiger über das so genannte „Rechtsöffnungsverfahren“ gerichtlich bewirken, dass der Rechtsvorschlag aufgehoben wird.

Hat man ein deutsches, vollstreckbares Urteil, einen Nachweis über die Zustellung der Klageschrift und über die Zustellung des Endurteils, kann man in der Regel damit rechnen, dass das Gericht den Rechtsvorschlag von sich aus beseitigt. Danach kann auch hier sofort das Fortsetzungsbegehren gestellt werden.

Die Schweizer Betreibungsämter nehmen jedoch keine Zustellung der Post und auch keine Auszahlungen nach Deutschland vor.
Das macht die Betreibung für einen deutschen Gläubiger alleine sehr schwer.

Du kannst aber einen in der Schweiz tätigen Anwalt oder eine Inkasso-/Treuhandgesellschaft (die haben mehr Erfahrung und sind meist auch preiswerter) einschalten, die die Betreibung vornehmen.
Die damit verbundenen, zusätzlichen, Kosten für die Betreibung dürfen dem Schuldner gemäß SchKG nicht auferlegt werden.
Das ist bekanntlich im deutschen Recht anders geregelt: Hier können Vollstreckungskosten im Rahmen eines Schadensersatzes gegenüber dem säumigen Schuldner geltend gemacht werden.

Um die angefallenen Kosten für die Betreibung in der Schweiz doch noch ersetzt zu erhalten und um zu vermeiden, dass dieser Schadensersatz in Deutschland eingeklagt werden muss, reicht oftmals bereits eine Aufklärung über die deutsche Rechtslage aus. Man braucht also jemanden, der sich sowohl im deutschen Recht wie im schweizerischen Betreibungsrecht auskennt.

Eine vorgeschaltete Möglichkeit ist, um die Bonität des Schuldners zu überprüfen, einen so genannten "Betreibungsregisterauszug" anzufordern. Aus dieser Auflistung kann abgelesen werden, wie es um das Zahlungsverhalten und die Verbindlichkeiten des Schuldners bestellt ist.

Wir empfehlen grundsätzlich, erst nach Auswertung dieses Auszuges eine Betreibung einzuleiten.
Alex2702
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#7

02.10.2012, 14:03

Eine Frage habe ich zu der Vollstreckung in Lettland dann doch noch:

Welches Vollstreckungsgericht soll denn den PfÜB erlassen????
cosmicmoon
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#8

02.10.2012, 14:04

Wenn Du einen europäischen Vollstreckungstitel hast, dann kann ich Dir nur empfehlen, einen lettischen Anwalt mit der ZV zu beauftragen:

Die Vollstreckung innerhalb Lettlands richtet sich nach lettischem Recht. Auch hierbei finden sich die einschlägigen Vorschriften in der lettischen Zivilprozessordnung Civilprocesa likums, und zwar im Teil T unter der Überschrift Vollstreckung von Gerichtsurteilen (Tiesas spriedumu izpilde, Artikel 538-636 LZPO).

Oder Du findest einen deutschsprachigen lettischen GVollz. (oder Du beherrschst die lettische Sprache) den du beauftragen kannst:

"Lettische Gerichtsvollzieher sind befugt, Vollstreckungsmaßnahmen gegen Schuldner vorzunehmen. Der Vollstreckung unterliegen dabei die folgenden Vermögensobjekte: das bewegliche Vermögen eines Schuldners - einschließlich Vermögenswerte, die bei anderen Personen hinterlegt sind -; immaterielle Vermögenswerte, Geld, das dem Schuldner von anderen Personen geschuldet wird (Arbeitseinkommen, geldwerte Vergütungen, sonstiges Einkommen des Schuldners, Kapitaleinlagen bei Kreditinstituten) und das unbewegliche Vermögen."

Mit einem deutschen PfÜB wirst Du nicht weit kommen, da dies halt keine Maßnahme nach lettischem, sondern nach deutschem Recht ist und die lettische Bank diesen PfÜB nicht anerkennen muss und sich auch nicht danach richten. Das wäre also nur Geldverschwendung.

Solltest Du den Weg über die Schweiz gehen wollen, müsstest Du den Titel nach dem revidierten LuGÜ in der Schweiz anerkennen und für vollstreckbar erklären lassen und könntest dann dort das Beitreibungsbegehren (hier im Forum schon mehrfach ausgeführt) durchführen.
MeHo
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#9

02.10.2012, 15:07

Erst einmal vielen Dank für die ausführlichen Informationen...das mit der Schweiz werde ich dann doch noch einmal vorschlagen...ist mit Sicherheit die bessere Alternative, soweit ich das beurteilen kann. Und dank deiner Aufklärung weiß ich ja jetzt auch wie ;)

Jaaa... das mit der Vollstreckung und dem Pfüb in Lettland weiß ich ja auch nicht so genau und wie gesagt liegt ja das Problem wahrscheinlich alleine schon darin, dass es den "deutschen Pfüb" dort in der Art gar nicht gibt bzw. auch niemals von einem lettischen Gericht erlassen werden wird. Und ein deutsches Vollstreckungsgericht ist dafür ja wohl nichts zuständig...und selbst wenn.

Ist schon alles sehr kompliziert! Aber wie gesagt, das mit der Schweiz ist ein guter Ansatz.

Ich schaue mal, inwieweit ich dafür einen Auftrag bekomme :)

Und nochmal vielen Dank an alle, die sich mit meinem Problem so intensiv befassen ;)
tiko73

#10

03.10.2012, 13:42

Ich hab mit dem Betreibungsbegehren bislang nur gute Erfahrungen gemacht. Es wird sehr schnell von den Schuldnern reagiert. Eine Firma zahlt jetzt Raten und eine Privatperson hat dann doch auf einmal die gesamte Forderung ausgeglichen :hurra
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