Vollstreckbarerklärung eines Titels - Österreich

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enni
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#1

10.07.2009, 11:36

Hallihallo,

ich habe einen deutschen Titel, der Schuldner wohnt in Österreich. Habe mir nun schon einen Anwalt in Österreich gesucht, der die Zwangsvollstreckung übernimmt. Er meinte, ich solle den Titel beim Prozessgericht (in Dtl.) für europäisch vollstreckbar erklären.

Nun bekomme ich vom Prozessgericht Post, dass mein Titel eine gegen einen Verbraucher ergangene Entscheidung ist. In Verbrauchersachen muss die Entscheidung im Mitgliedsstaat ergangen sein, in dem der Schuldner seinen Wohnsitz hat.

Heißt das nun ich bekomme diese europäische Vollstreckbarkeitserklärung nicht, weil der Schuldner in Österreich wohnt und das Prozessgericht in Deutschland ist? Hat jemand schonmal sowas gehabt? :?: :?:

Bin über jede Hilfe dankbar!

LG
sina83
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#2

10.07.2009, 23:44

Also die Begründung ergibt für mich keinen Sinn. Was ist das denn für ein Titel?
haribo
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#3

11.07.2009, 10:59

Hallo enni,

ich habe vor ca. zwei Wochen einen Exekutionsantrag für eine Schuldnerin gestellte, die nach Österreich verzogen ist.

Vorher habe ich beim zuständigen Bezirksgericht angerufen und dankbare Hilfe erhalten. Du musst für den Titel beim zuständigen Bezirksgericht in Östereich vor Einleitung der ZV-Maßnahmen eine europäische Vollstreckbarkeitserklärung einholen. Dies dauert aber ca. 4 Wochen. Danach kannst Du dann die ZV-Maßnahmen (in Österreich Exekution) einleiten. Ich habe die Vollstreckbarkeitserklärung zusammen mit dem Antrag an das Bezirksgericht gesandt, damit nicht soviel Zeit verloren geht. Für die Erteilung der Vollstreckbarkeitserklärung fallen auch keine Gebühren an.

Gruss haribo
cosmicmoon
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#4

12.07.2009, 14:33

Hallo Enni,

wenn Du einen Titel gegen einen Verbraucher hast, der in Österreich sitzt, hast Du die Voraussetzungen für die Bestätigung als Europäischen Vollstreckungstitel gem. Art. 6d) der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 NICHT erfüllt:

Artikel 6:
Voraussetzungen für die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel

(1) Eine in einem Mitgliedstaat über eine unbestrittene Forderung ergangene Entscheidung wird auf jederzeitigen Antrag an das Ursprungsgericht als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt, wenn

a) die Entscheidung im Ursprungsmitgliedstaat vollstreckbar ist, und

b) die Entscheidung nicht im Widerspruch zu den Zuständigkeitsregeln in Kapitel II Abschnitte 3 und 6 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 steht, und

c) das gerichtliche Verfahren im Ursprungsmitgliedstaat im Fall einer unbestrittenen Forderung im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b) oder c) den Voraussetzungen des Kapitels III entsprochen hat, und

d) die Entscheidung in dem Mitgliedstaat ergangen ist, in dem der Schuldner seinen Wohnsitz im Sinne von Artikel 59 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 hat, sofern

- die Forderung unbestritten im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b) oder c) ist,

- sie einen Vertrag betrifft, den eine Person, der Verbraucher, zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann und

- der Schuldner der Verbraucher ist.


Das Prozessgericht des Urspungsmitgliedsstaates (Deutschland) kann daher den Antrag nicht bearbeiten...

Du musst jetzt mit dem Titel das Verfahren auf Anerkennung und Vollstreckbarerklärung nach der EG-Verordnung Nr. 44/2001 (EuGVO) durchlaufen und wie Haribo schon geschildert hat, einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung deines Titels in Österreich (gemäß Anhang II der EuGVVO beim Bezirksgericht) stellen.
enni
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#5

15.07.2009, 07:45

Guten Morgen,

vielen lieben Dank für Hilfe!!!!!! Habe gestern auch mit einer Richterin vom Bezirksgericht gesprochen. Sie gab mir noch den Hinweis, ich solle das Ablehnungsschreiben von unserem Amtsgericht mit beifügen und das gleich über die Exekutionsanwälte machen, da geht es wohl noch schneller.

Hach die liebe Zwangsvollstreckung. Da hat man immer was zu tun ;o)

@sina: Habe ein VU und einen KFB.
SH28111977
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#6

20.12.2010, 10:47

hallo zusammen,

habe einen vergleich eines deutschen arbeitsgerichts. schuldner ist eine gmbh in österreich.

sehe ich es jetzt richtig, daß ich die anerkennung der vollstreckbarerklärung nach EG-verordnung 44/2001 beim zuständigen bezirksgericht beantragen muß? meine schuldner ist ja kein verbraucher, so daß eg-verordnung 805/2004 nicht greift.

ich habe den vergleich noch nicht zugestellt. muß ich da evtl. noch etwas veranlassen?

kann ich evtl. den antrag auf anerkennung der vollstreckbarerklärung gleich zusammen mit dem exekutionsantrag stellen?

vielen dank für eure hilfe.

sh
SH28111977
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#7

20.12.2010, 15:06

kann hier niemand einen tipp geben?
warintharpa
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#8

20.12.2010, 23:00

Handelt es sich um eine unbestrittene Geldforderung im Sinne der VO (EG) Nr. 805/2004, hast Du als Gläubigerpartei die Wahl zwischen der Beantragung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens nach der VO (EG) Nr. 44/2001 und der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen, Erwägungsgrund 20 VO (EG) Nr. 805/2004, Art. 27 VO (EG) Nr. 805/2004.
warintharpa
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#9

20.12.2010, 23:06

Möchtest Du als Gläubigerpartei den inländischen Vergleich als Europäischen Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen bestätigt haben, bedarf es insoweit eines entsprechenden Antrags an das inländische Gericht.

Für die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen müssen jedoch u. a. folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

1. fällige Geldforderung;

2. unbestrittene Forderung;

3. Vollstreckbarkeit der Forderung im Inland;

4. Einhaltung der verfahrensrechtlichen Mindeststandards;

5. ordnungsgemäße Unterrichtung der Schuldnerpartei über die Forderung.

Ob letztlich die Voraussetzungen für die Bestätigung des inl. Vergleichs als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen vorliegen, entscheidet insoweit das inländische Gericht.

In der Regel dürfte der Vergleich bestätigungsfähig sein, zumal es sich bei dem Vergleich nicht um eine Säumnisentscheidung handelt und die Schuldnerpartei im vorl. Fall kein Verbraucher ist.

2.
Dem österreichischen Vollstreckungsorgan sind von Dir als Gläubigerpartei folgende Vollstreckungsunterlagen vorzulegen:

(vollstr.) Ausfertigung des Vergleichs des inl. Gerichts mit Zustellungsbescheinigung,
Ausfertigung der Bestätigung des inl. Gerichts.

Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Zwangsvollstreckung
wird auf die Infos über die grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung (Justizportal NRW) Bezug genommen:
https://www.justiz.nrw/BS/rechtimauslan ... /index.php

Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info entnommen werden:
https://www.justiz.nrw/BS/rechtimauslan ... euvtvo.pdf
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warintharpa
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#10

20.12.2010, 23:21

Sofern und soweit der inl. Vergleich wider Erwarten nicht als Europ. Vollstreckungstitel bestätigt werden kann oder Du als Gläubigerpartei lieber das Vollstreckbarerklärungsverfahren in Österreich durchführen möchtest, ist ggfs. folgendes von Dir zu beachten:

Derzeit werden inl. Entscheidungen/inl. Vergleiche, die zuvor nicht als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen bestätigt wurden, noch nicht automatisch in den anderen EU-Mitgliedstaaten anerkannt.
Die Gläubigerpartei muss zunächst ein bes. Zwischenverfahren für die Anerkennung in den anderen EU-Mitgliedstaaten (bekannt als "Exequaturverfahren") beantragen.
Mit anderen Worten:
Die Vollstreckung aus dem inl. Vergleich in Österreich ist erst möglich, nachdem das österreichische Gericht den inländischen Vergleich in Österreich für vollstreckbar erklärt hat.

Die Gläubigerpartei benötigt für die Zwangsvollstreckung in Österreich folgende Unterlagen:
(vollstr.) Ausfertigung des inl. Vergleichs mit Zustellungsvermerk,
eine Bescheinigung des inländischen Gerichts unter Verwendung des Formblatts in Anhang V VO (EG) Nr. 44/2001,
die Vollstreckbarerklärung des inl. Vergleichs durch das österreichische Gericht mit Zustellungsbescheinigung.

Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info entnommen werden:
https://www.justiz.nrw/BS/rechtimauslan ... l-I-vo.pdf
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