Ersatzeinreichung

beA - Das besondere elektronische Anwaltspostfach
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Schnubbel
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#1

30.11.2022, 13:37

Hallo Ihr Lieben,

ich wollte mal hören, welche Erfahrungen ihr ggf. mit Ersatzeinreichungen gemacht habt, bzw. die Gelegenheit nutzen, auf eine womöglich bestehende Gemeinheit hinzuweisen.

Letzten Donnerstag (24.11.) war das beA ab nachmittags ja nicht mehr verfügbar, eine Einreichung also technisch unmöglich. Für solche Fälle soll man ja Schriftsätze ersatzweise auf dem herkömmlichen Weg einreichen können. Mein Anwalt hatte sich entschieden, den fristgebundenen Schriftsatz ersatzweise als Fax zu schicken (Einlegung ins Postfach als Alternative wäre zwar möglich, aber umständlich gewesen; dieser Umstand ist m. E. aber vernachlässigbar). Wir haben den Schriftsatz (natürlich manuell unterzeichnet) auf der Frontseite ausdrücklich als Ersatzeinreichung deklariert und ihm mehrere Nachweise beigefügt:
- die Fehlermeldung, die ich erhalten hatte, als ich versucht habe, das beA zu starten,
- die Störungsmeldung, die die Brak herausgegeben hat, und (vorsorglich)
- meine Eidesstattliche Versicherung über den Vorgang.
Am nächsten Tag haben wir den Schriftsatz dann, wie vorgeschrieben, per beA nachgereicht (ohne den Vermerk der Ersatzeinreichung auf der Frontseite und ohne die o. g. Nachweise). Wir haben ein Begleitschreiben beigefügt, in dem wir auf am Vortag erfolgte Ersatzeinreichung Bezug genommen haben.

Und, was meint ihr? Alles richtig/vollständig? Irrtum! Jetzt verlangt das Gericht allen Ernstes einen Wiedereinsetzungsantrag! Begründung: Der per Fax eingereichte Schriftsatz sei ja nicht per beA eingereicht worden (Ach nee, wirklich? Ja wie denn auch?) und der per beA eingereichte nicht rechtzeitig eingegangen. Rein formal betrachtet natürlich nicht falsch, aber was soll das? Davon, dass bei der Ersatzeinreichung ein Wiedereinsetzungsantrag nötig sei, ist - soweit mir bekannt - in keiner der verfügbaren Informationen die Rede gewesen. Wozu mache ich denn dann die Ersatzeinreichung überhaupt?
Das wird mir jedenfalls eine Lehre sein, in Zukunft vorsorglich gleich auch einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen.

Bin gespannt auf Eure Meinung/Berichte.
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Anahid
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#2

30.11.2022, 13:57

Meine Meinung: Da sitzt leider (mal wieder) jemand bei Gericht, der nicht über den Tellerrand schauen kann. Kommt leider immer öfter vor. Allerdings hätte ich, wenn ich in Deiner Situation gewesen wäre, durchaus die beA-Übersendung mit den entsprechenden Vermerken und der Beifügung der Unterlagen gemacht. Ob das jetzt dazu geführt hätte, dass die Reaktion anders ausgefallen wäre? :ka

Meine Erfahrung: Hab ich zum Glück nicht, da hier mittlerweile äußerst selten fristgebundene Schritsätze erst am letzten Tag eingereicht werden.
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#3

30.11.2022, 14:47

Hallo,

vielen Dank für diese erste schnelle Reaktion. Wir haben mit diesem Richter leider häufiger zu tun. Das ist lt. Aussage meines Anwalts ein schrecklich autoritärer, überheblicher, rechthaberischer Mensch. Der wird zwar irgendwann in Pension gehen, das Problem ist aber, dass er das auch an seine jüngeren Richterkollegen so weitergibt. Also vermutlich eine never ending story. Mein Anwalt ist auch kein Anfänger mehr, muss sich von dem aber bei jeder Gelegenheit wie ein Schuljunge abkanzeln lassen. Furchtbar. Bin gespannt, werde ihn voraussichtlich demnächst selbst als Zeugin erleben. Vielleicht hast Du Recht, und wir hätten die Nachweise bei der Einreichung per beA doch nochmal beifügen sollen. Das hatten wir uns halt schenken wollen, indem wir auf das Fax verwiesen haben. Letztlich glaube ich aber nicht, dass das wirklich einen Unterschied gemacht hätte. Das Fax hat der Richter ja auch durchaus zur Kenntnis genommen. An seiner Feststellung, dass der eine Schriftsatz auf die "falsche" Weise und der andere verfristet eingereicht wurde, ändert das ja aber nichts. Leider.
Pitt
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#4

30.11.2022, 15:23

§ 130d ZPO lässt bei technischen Störungen die Ersatzeinreichung ausdrücklich zu. Schau mal in diesen Beitrag, da geht es um den Umfang der Darlegungspflicht.
https://ervjustiz.de/ersatzeinreichung- ... darzulegen
Hier außerdem die offizielle Störungsdokumentation der BRAK, wonach, die Störung vom 24.11. von 14.06 Uhr bis zum 25.11. um 3.33 Uhr bestand, eine Anmeldung am beA also unmöglich war:
https://www.brak.de/fileadmin/02_fuer_a ... ion_01.pdf

Ansonsten stimme ich Anahid zu. Ob dem Richter das reicht, ist ungewiss. Ich vermute, dass er § 130d ZPO schlicht nicht kennt.
Pitt
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#5

30.11.2022, 15:30

Hier noch ein aktueller Beitrag zu dem Thema aus dem Anwaltsblatt
https://anwaltsblatt.anwaltverein.de/de ... e-Stoerung
Da wärst Du heute sogar noch innerhalb der dort genannten einwöchigen Frist, um weitere Details zur technischen Störung vorzutragen.
Schnubbel
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#6

06.12.2022, 16:59

Hallo Pitt,

vielen Dank für die Übersendung der interessanten Links. Vielleicht hast Du Recht, und der Richter kennt § 130 d ZPO gar nicht. Wer weiß. Weitere Details hätte ich aber auch nicht mehr nicht liefern können. Mein Anwalt hat inzwischen einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt. Die Artikel haben mir allerdings zu denken gegeben, denn ich glaube jetzt verstanden zu haben, dass es hier auch an der anwaltlichen Glaubhaftmachung der Umstände und der anwaltlichen Versicherung der Richtigkeit der gemachten Angaben fehlt. Also wieder was gelernt!
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