Pflichtteil Ehefrau bei Enterbung
Verfasst: 05.08.2018, 14:50
Hallo in die Runde!
In unserer Kanzlei sind Differenzen zum Erbrecht im Fall einer Enterbung der Ehefrau aufgetreten.
Grundsätzlich bestimmt sich das Erbe der Ehefrau durch § 1931 BGB:
1/4 (es existieren noch erbberechtigte Kinder) plus Zugewinnausgleich.
Dieser Zugewinnausgleich wird nach § 1371 BGB (1) verwirklicht durch die pauschale Erhöhung des Erbanteils um ein weiteres 1/4.
Nun sind allerdings 2 Faktoren zu bedenken:
1.) Die Ehefrau wurde enterbt.
2.) Es gibt keinen Zugewinn (Ehe war Zugewinngemeinschaft).
Wie wird dann gerechnet?
Nach § 1371 (2) BGB kann der enterbte Ehegatte den tatsächlichen Zugewinnausgleich verlangen.
(Der Pflichtteil würde sich dann nach dem nicht erhöhten (also = 1/4) gesetzlichen Erbteil bestimmen. Entsprechend § 2303 BGB also die Hälfte von 1/4 - das wäre dann 1/8.
Plus tatsächlichem Zugewinnausgleich. Da es aber keinen Zugewinn gibt, bliebe der enterbten Ehefrau vom Erbe nur 1/8. Richtig?)
Ist jedoch die KANN-Bestimmung in § 1371 (2) BGB als Wahlrecht zu verstehen?
Hätte die Ehefrau also auch die Option, auf den tatsächlichen Zugewinnausgleich zu verzichten und dafür den höheren pauschalen Erbanteil zur Berechnung des Pflichtanteils in Anspruch zu nehmen?
Dieser würde sich dann so berechnen:
1/4 pauschal nach § 1931 BGB (erbberechtigte Kinder sind vorhanden)
plus 1/4 pauschaler Zugewinnausgleich nach § 1371 (1) BGB
Die Ehefrau verzichtet auf die Option nach § 1371 (2) BGB, also auf den Ausgleich des tatsächlichen Zugewinns (weil es keinen Zugewinn gibt).
Somit wäre der gesetzliche Erbanteil 1/4 plus 1/4 = 1/2.
Der Pflichtanteil nach § 2303 BGB wäre die Hälfte davon, also 1/2 von 1/2 = 1/4.
Stimmt dieser Gedankengang? Oder kann die Ehefrau nicht wählen, weil sie enterbt wurde, und ihr bleibt damit nur die Hälfte von 1/4 (=1/8) plus tatsächlichem Zugewinnausgleich (welcher Null ist)?
(Kurzgefasst könnte man sich auch fragen, ob der § 1371 (1) auch für enterbte Ehegatten gilt...)
Für erhellende und kompetente Beiträge wären wir sehr dankbar!!!
Nadine
In unserer Kanzlei sind Differenzen zum Erbrecht im Fall einer Enterbung der Ehefrau aufgetreten.
Grundsätzlich bestimmt sich das Erbe der Ehefrau durch § 1931 BGB:
1/4 (es existieren noch erbberechtigte Kinder) plus Zugewinnausgleich.
Dieser Zugewinnausgleich wird nach § 1371 BGB (1) verwirklicht durch die pauschale Erhöhung des Erbanteils um ein weiteres 1/4.
Nun sind allerdings 2 Faktoren zu bedenken:
1.) Die Ehefrau wurde enterbt.
2.) Es gibt keinen Zugewinn (Ehe war Zugewinngemeinschaft).
Wie wird dann gerechnet?
Nach § 1371 (2) BGB kann der enterbte Ehegatte den tatsächlichen Zugewinnausgleich verlangen.
(Der Pflichtteil würde sich dann nach dem nicht erhöhten (also = 1/4) gesetzlichen Erbteil bestimmen. Entsprechend § 2303 BGB also die Hälfte von 1/4 - das wäre dann 1/8.
Plus tatsächlichem Zugewinnausgleich. Da es aber keinen Zugewinn gibt, bliebe der enterbten Ehefrau vom Erbe nur 1/8. Richtig?)
Ist jedoch die KANN-Bestimmung in § 1371 (2) BGB als Wahlrecht zu verstehen?
Hätte die Ehefrau also auch die Option, auf den tatsächlichen Zugewinnausgleich zu verzichten und dafür den höheren pauschalen Erbanteil zur Berechnung des Pflichtanteils in Anspruch zu nehmen?
Dieser würde sich dann so berechnen:
1/4 pauschal nach § 1931 BGB (erbberechtigte Kinder sind vorhanden)
plus 1/4 pauschaler Zugewinnausgleich nach § 1371 (1) BGB
Die Ehefrau verzichtet auf die Option nach § 1371 (2) BGB, also auf den Ausgleich des tatsächlichen Zugewinns (weil es keinen Zugewinn gibt).
Somit wäre der gesetzliche Erbanteil 1/4 plus 1/4 = 1/2.
Der Pflichtanteil nach § 2303 BGB wäre die Hälfte davon, also 1/2 von 1/2 = 1/4.
Stimmt dieser Gedankengang? Oder kann die Ehefrau nicht wählen, weil sie enterbt wurde, und ihr bleibt damit nur die Hälfte von 1/4 (=1/8) plus tatsächlichem Zugewinnausgleich (welcher Null ist)?
(Kurzgefasst könnte man sich auch fragen, ob der § 1371 (1) auch für enterbte Ehegatten gilt...)
Für erhellende und kompetente Beiträge wären wir sehr dankbar!!!
Nadine