Pflichtteilsverzichtsvertrag vollmachtlose Vertretung

Fragen rund um Testamente/Erbscheine usw.
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-Leni-
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#1

12.09.2018, 09:48

Eine kurze Frage in die Runde:
Kann sich eine Partei bei Pflichtteilsverzichtsvertrag (hier sind es die Kinder, die verzichten sollen), vollmachtlos vertreten lassen? Ggf. auch durch einen Elternteil?
Ich weiß nur, dass das beim Erbverzicht eben NICHT geht, beim Pflichtteilsverzicht bin ich mir unsicher :/
-Leni-

„Was die Franzosen Contenance nennen, Haltung und Harmonie im äußern Betragen, Gleichmütigkeit, Vermeidung alles Ungestüms, aller leidenschaftlichen Ausbrüche und Übereilungen, dessen sollte sich vorzüglich ein Mensch von lebhaftem Temperamente befleißigen.“

Adolph Freiherr Knigge: Über den Umgang mit Menschen, Fünfte Auflage, 1808[3]
Martin Filzek
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#2

12.09.2018, 13:35

Nach der juristischen Methodenlehre würde ich sagen, dass wenn etwas für den Erbverzicht gilt es auch für den kleineren Pflichtteilsverzicht gelten sollte (argumentum a maiore ad minus) bzw. sofern man es so sieht, dass der Pflichtteilsverzicht ja noch mehr ist als der "bloße" Erbverzicht, dass das, was für den "kleineren" Erbverzicht erst recht auch für den noch umfassenderen Pflichtteilsverzicht gelten müsse (argumentum a minore ad maius)?

Das aber nur als erster gefühlsmäßiger Gedanke, habe vom Erbrecht wenig Ahnung. Was sagt denn das BGB dazu bzw. steht da nichts dazu drin bzw. was sagen Kommentare zu dieser Frage?
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...
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#3

12.09.2018, 14:16

Nur das ein reiner Pflichtteilsverzicht ein minus zum Erbverzicht ist und nicht umgekehrt. Wer einen Erbverzicht abgibt hat auch keinen Pflichtteil (§2346 I 2 BGB).

Auf den Pflichtteilsverzicht finden die selben Vorschriften wie auf den Erbverzicht Anwendung.
Meines Wissens nach ist aber nur die Stellvertretung des Erblassers unzulässig (§2347 II BGB). Die Kinder könnten sich m.E. vertreten lassen.
Martin Filzek
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#4

12.09.2018, 16:16

Ja, denke jetzt auch, dass nach den von ... genannten Gesetzesstellen meine Versuche in Abs. 1 von #2 nicht zutreffend sind für die Frage.

Soweit die Kinder sich tatsächlich vertreten lassen können, wäre zur Frage der Themenstarterin in #1, ob die Vertretung ein Elternteil machen könne, noch zu fragen, ob § 181 BGB dem entgegen steht?

Kommt mir auch irgendwie komisch vor, dass wenn es so wäre, letztlich diejenigen, die einen erheblichen Nachteil durch den Pflichtteilsverzicht haben, dann letztlich durch eine bloße nachträgliche Unterschriftsbeglaubigung unter Genehmigungserklärung in diese Lage kämen, obwohl ja § 2348 BGB für den Erbverzichtsvertrag die notarielle Beurkundung vorschreibt. Wo bleibt da der Zweck des Beurkundungserfordernisses durch Übereilungsschutz und Mitwirkung eines neutralen über die Rechtsfolgen belehrende Notars? Deshalb würde ich persönlich als Notar eine solche Gestaltungsweise vermeiden wollen (?).
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#5

13.09.2018, 10:44

Hallo zusammen,
danke für die Antworten! Nach weitergehender Recherche und unter Hinzunahme des "Schwarmwissens" im Büro habe ich herausgefunden, dass es in der Tat zulässig ist, dass sich der Erklärende vollmachtlos vertreten lässt, der Erblasser (=Empfänger des Verzichts) kann dies jedoch nicht. Dazu gibt es wohl auch ein Urteil des OLG Düsseldorf. § 2347 Abs. 2 BGB ist auch anwendbar auf den Pflichtteilsverzicht.
-Leni-

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