Abtretung GmbH-Anteil vor Kaufpreiszahlung möglich?

Alles zur GmbH, UG, KG, AG, OHG, GbR, VR etc.
Antworten
cocos94
Forenfachkraft
Beiträge: 176
Registriert: 27.05.2009, 14:18
Beruf: ReNo-Fachangestellte
Software: Advoware
Wohnort: NRW/Nähe niederl. Grenze

#1

27.02.2018, 11:43

Guten Tag,

ich habe hier eine etwas verzwickte Angelegenheit und frage einmal nach, weil ich das bisher so nicht kannte, ob es überhaupt so möglich ist:

GmbH-Geschäftsanteil soll verkauft und abgetreten werden. Der Kaufpreis soll irgendwann gezahlt werden, das sieht die Gesellschaft nicht so eng, und die Abtretung soll sein mit rückwirkender Kraft ab dem 01.01.2018. Der Notar soll also nicht die Kaufpreiszahlung "überwachen", sondern einfach nach der Beurkundung die neue Gesellschafterliste mit Stand 01.01.2018 zum Gericht geben. Geht so etwas denn?

Die Gesellschaft hat schon einmal einen Verkauf Geschäftsanteil über einen anderen Notar gemacht, da wurde lediglich der Abtretungsvertrag beurkundet, der Kaufvertag wurde vollständig außerhalb der Abtretungsurkunde privatschriftlich geregelt. So sollten wir das hier auch machen. Die Beurkundung der Abtretung würde den privatschriftlichen Kaufvertrag "heilen". Ich tue mich da schwer mit, ich hätte lieber einen ordentlichen Kauf- und Abtretungsvertrag, aber wegen der o.g. Umstände (Abtretung vor Kaufpreiszahlung) bin ich unsicher...

Wie seht ihr das?
Martin Filzek
Foreno-Inventar
Beiträge: 2192
Registriert: 30.05.2008, 16:23
Beruf: Fachbuchautor KostenO/GNotKG), freibeuflicher Dozent, früher Notariatsmitarbeiter bzw. -BV

#2

27.02.2018, 12:22

cocos94 hat geschrieben:Guten Tag,

ich habe hier eine etwas verzwickte Angelegenheit und frage einmal nach, weil ich das bisher so nicht kannte, ob es überhaupt so möglich ist:

GmbH-Geschäftsanteil soll verkauft und abgetreten werden. Der Kaufpreis soll irgendwann gezahlt werden, das sieht die Gesellschaft nicht so eng, und die Abtretung soll sein mit rückwirkender Kraft ab dem 01.01.2018. Der Notar soll also nicht die Kaufpreiszahlung "überwachen", sondern einfach nach der Beurkundung die neue Gesellschafterliste mit Stand 01.01.2018 zum Gericht geben. Geht so etwas denn?

Die Gesellschaft hat schon einmal einen Verkauf Geschäftsanteil über einen anderen Notar gemacht, da wurde lediglich der Abtretungsvertrag beurkundet, der Kaufvertag wurde vollständig außerhalb der Abtretungsurkunde privatschriftlich geregelt. So sollten wir das hier auch machen. Die Beurkundung der Abtretung würde den privatschriftlichen Kaufvertrag "heilen". Ich tue mich da schwer mit, ich hätte lieber einen ordentlichen Kauf- und Abtretungsvertrag, aber wegen der o.g. Umstände (Abtretung vor Kaufpreiszahlung) bin ich unsicher...

Wie seht ihr das?
Ich sehe da überhaupt kein Problem. Dein Chef wird wahrscheinlich Jura studiert haben und im Gesellschafts- und GmbH-Recht Kenntnisse erworben haben, die für die in der Anfrage gestellten Fragen nach meiner Erinnerung grob so sind:
Das schuldrechtliche Geschäft (hier Kaufvertrag) ist nicht abhängig von dem Übertragungs- bzw. Abtretungsgeschäft. Für die formwirksame Abtretung eines GmbH-Anteils braucht anders als im Grundstücksrecht kein vollständiges schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft vorher mit beurkundet zu werden.
Natürlich wird der Notar aufgrund seiner Belehrungs- und Beratungspflichten aber vielleicht zu prüfen haben, ob sich die Beteiligten über die Gefahren der gewollten Konstruktion wirklich bewusst sind und sie so in Kauf nehmen wollen.

Dies aber nur als "ungefähre" Einschätzung, sicher können andere das noch genauer ausdrücken oder meine Sichtweise verbessern oder ergänzen.
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
Jenna
Foren-Azubi(ene)
Beiträge: 69
Registriert: 05.02.2018, 12:09
Beruf: ReNo
Software: Advoline

#3

27.02.2018, 12:30

Ich schließe mich meinem Vorredner an. Stichwort: Belehrung!
Wie will sich die Gesellschaft denn absichern, wenn die Abtretung vollzogen würde und der Kaufpreis dann nicht gezahlt wird?

Zum anderen störe ich mich ein bisschen an dem "rückwirkend zum 01.01."
Das kann man sicher in der Urkunde formulieren und klarstellen, aber tatsächlich zurückdatieren würde ich die Gesellschafterliste nicht.

Wir hatten mal einen ähnlichen Beurkundungswunsch. Aber die Urkunde quoll über vor Belehrungen und es wurde ein Treuhänder eingesetzt.
cocos94
Forenfachkraft
Beiträge: 176
Registriert: 27.05.2009, 14:18
Beruf: ReNo-Fachangestellte
Software: Advoware
Wohnort: NRW/Nähe niederl. Grenze

#4

27.02.2018, 12:53

Danke erst einmal für die schnelle Antwort.

Mein Problem ist einfach, dass wir nicht einen gesonderten privatschriftlichen Kaufvertrag haben möchten. Das würde die Sache ja auch wirklich vereinfachen, aber die Parteien sind zerstritten und haben sich mit Anwälten geeinigt. Und die möchten einen ordentlichen Vertrag.

Der ausscheidende Gesellschafter überträgt seinen Anteil an einen neu in die Gesellschaft eintretenden Gesellschafter, und dieser neue muss den Kaufpreis zahlen an einen weiteren Mitgesellschafter (von dem hat der ausscheidende Gesellschafter seinerzeit den Anteil erhalten, aber bis heute den Kaufpreis nicht gezahlt). Steuerlich ist alles abgesegnet, wäre kein Problem, keinerlei Gewinne/Verluste etc. Der Wert ist immer noch der alte. Die wollen nur dem neuen Gesellschafter Zeit geben zu zahlen.

Also könnte ich einen Kauf- und Abtretungsvertrag beurkunden ungefähr dergestalt, dass der Kaufpreis in Höhe von € ... fällig und zahlbar ist innerhalb z.B. eines Jahres nach Abschluss dieses Vertrages. Die Abtretung erfolgt rückwirkend zum 01.01.2018. Und dann kann ich die Liste der Gesellschafter mit Stand 01.01.2018 bei Gericht einreichen?
cocos94
Forenfachkraft
Beiträge: 176
Registriert: 27.05.2009, 14:18
Beruf: ReNo-Fachangestellte
Software: Advoware
Wohnort: NRW/Nähe niederl. Grenze

#5

27.02.2018, 12:58

Hallo Jenna, sehe gerade, dass noch eine Antwort gekommen ist, danke auch dafür...
Wie du siehst, hat es mit der damaligen Konstellation auch Probleme gegeben, der Gesellschafter hat nicht gezahlt und ist raus aus der Gesellschaft. Deshalb soll er auf den neuen übertragen, und der wiederum zahlt den Kaufpreis an den Ursprungsgesellschafter.
So möchten Firma und Steuerberater das auch haben. Jetzt weiß ich nicht genau, wie ich das formuliere und ob das mit der Abtretung dann so gemacht werden kann. Der unwillige Gesellschafter soll so schnell wie möglich raus aus der Gesellschaft.
Benutzeravatar
Manfred Fisch
Kennt alle Akten auswendig
Beiträge: 645
Registriert: 19.05.2006, 17:45
Beruf: Notarfachwirt
Software: Andere
Wohnort: Reichelsheim

#6

05.03.2018, 11:04

Die Frage ist doch erstmal: Ist der jetzige Verkäufer verfügungsberechtigt? Dazu muss auch der erste Kauf- und Abtretungsvertrag unbedingt abgeschlossen und wirksam sein. Ist der Verkäufer überhaupt schon in der bei Gericht hinterlegten Gesellschafterliste aufgenommen?

Was die Gesellschaft angeht: Hier gibt es gar kein schutzwürdiges Interesse, da sie nicht Partei des Abtretungsvertrages ist. Parteien sind ausschließlich Käufer und Verkäufer. Wenn der Käufer von dem in der Gesellschafterliste eingetragenen Verkäufer kauft, gibt es meiner Meinung nach keine besonderen Belehrungspflichten.

Allerdings müsste wohl der Verkäufer belehrt werden, da er mit der Abtretung insoweit in Vorleistung geht.

Zur Vertragsgestaltung (sofern der Verkäufer tatsächlich Gesellschafter geworden ist):

Abtretung

Der Verkäufer tritt seinen Geschäftsanteil Nr. ___ mit schuldrechtlicher Wirkung ab dem 01. Januar 2018 an den Käufer ab. Die Abtretung soll sofort wirksam sein. Mitverkauft und abgetreten sind sämtliche, sich aus dem Geschäftsanteil ergebenden Gesellschafterrechte, insbesondere das sich aus dem Geschäftsanteil ergebende Gewinnbezugsrecht seit dem 01.01.2018. Der Käufer nimmt vorstehende Abtretung zu den Bedingungen dieses Vertrages an. Auf die Gefahren und Risiken einer ungesicherten Vorleistung wies der Notar hin (bspw. Zahlungsunfähigkeit und/oder Insolvenz des Käufers) und wies den Verkäufer auf Sicherungsmöglichkeiten (Abtretung unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung, Stellung einer Bankbürgschaft in Höhe des Kaufpreises oder Hinterlegung des Kaufpreises auf Notaranderkonto). Der Verkäufer erklärte, er habe die Belehrungen des Notars verstanden, bestand gleichwohl auf Beurkundung dieses Vertrages in der vorliegenden Form.

Kaufpreis

Der Kaufpreis für den verkauften und abgetretenen Geschäftsanteil Nr. ___ beträgt EUR ___________. Der Kaufpreis ist sofort fällig und zahlbar bis spätestens zum ____________________. Verkäufer und Käufer sind darüber einig, dass vorstehend genannter Kaufpreis jedoch nicht an den Verkäufer, sondern vielmehr an [Ursprungsgesellschafter] in voller Höhe zu leisten ist, dem hierdurch ein unmittelbarer Zahlungsanspruch gegen den Käufer zusteht (echter Vertrag zugunsten Dritter).

Vollstreckungsunterwerfung

Der Käufer unterwirft sich hinsichtlich des Kaufpreises der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen ....


Rest hast Du sicher in deinen Mustern. Ich hab Urlaub und sitze auf der Couch :)
cocos94
Forenfachkraft
Beiträge: 176
Registriert: 27.05.2009, 14:18
Beruf: ReNo-Fachangestellte
Software: Advoware
Wohnort: NRW/Nähe niederl. Grenze

#7

06.03.2018, 05:42

Hallo Manfred Fisch, vielen Dank für deine Nachricht, und das auch noch aus dem Urlaub.
Ich habe meinen Entwurf bereits auf den Weg gebracht, deine Wortwahl finde ich besser, aber in etwa habe ich das auch so geschrieben. Bin froh, wenn die Sache endlich erledigt ist :-)
Einen schönen Urlaub wünsche ich dir noch
Antworten