Kaufvertrag mit Testamentsvollstrecker

Rund um Grunstücks-/Wohnungseigentum/Erbbaurecht
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Okudera
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#1

28.10.2021, 20:18

Es soll ein Testamentsvollstrecker (der zugleich Erbe ist) ein Hausgrundstück verkaufen.
Gutachten zum Verkehrswert liegt vor. Kaufpreis entspricht dem Verkehrswert.

Problem:
Im Testament ist verfügt, dass der Nachlass nicht auseinandergesetzt werden darf.
Hindert das den Verkauf bzw. handelt der Testamentsvollstrecker pflichtwidrig, wenn er verkauft.
Der Kaufpreis geht aufs Nachlasskonto. Die drei Erben sind zerstritten.
Ich sehe hier keine Auseinandersetzung, da der Nachlassgegenstand bzw. dessen Surrogat nicht geteilt wird.
Dennoch habe ich hier ein Störgefühl.
Der Erblasser wollte doch gerade, dass der Nachlass unverändert bleibt. Dem widerspricht der Verkauf.
Gibt es hier Probleme?
Notariatsmann
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#2

29.10.2021, 16:30

Im MüKo steht zu § 2042: "Das Auseinandersetzungsverbot untersagt die Geltendmachung und damit auch die Erfüllung des Auseinandersetzungsanspruchs aus § 2042, also jede Überführung von Gesamthandseigentum in Individual- oder Bruchteilseigentum – in der Hand Dritter ebenso wie in Miterbenhand – [....]"

Würde man davon ausgehen, dass das "zu Geld machen" dem Auseinandersetzungsverbot nicht unterfällt, wäre es ja auch nur ein reines Geldverteilungsverbot, dabei kommt es dem Erblasser ja gerade auf den Substanzerhalt an. Wenn nicht alle Erben zustimmen, handelt der TV daher m. E. pflichtwidrig, auch wenn seine Rechtsmacht nach außen es hergeben dürfte.
Okudera
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#3

31.10.2021, 05:43

Danke.
Die Fundstelle habe ich auch gesehen.

Der TV will in meinem Fall trotz der Beschränkung verkaufen.
Darf ein Notar hier beurkunden?
Besteht keine Betreuungspflicht gegenüber den Miterben? Der Notar wirkt an einem pflichtwidrigen Verkauf mit.
Oder sogar: der TV begeht eine strafbare Untreue. Der Notar wirkt hieran mit, wenn er beurkundet.
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#4

01.11.2021, 16:38

Für eine strafbare Untreue dürfte es bei Verkauf zum Verkehrswert am zugefügten Vermögensnachteil fehlen.

Nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH (BGH, Beschl. v. 19.9.2019 – V ZB 119/18) darf jedenfalls ein Notar ein Grundstücksgeschäft nicht weiter vollziehen, wenn ihm nachträglich bekannt wird, dass "ein evidenter Missbrauch einer im Außenverhältnis unbeschränkten Vollmacht aufgrund von Verstößen gegen im Innenverhältnis bestehende Beschränkungen gegeben ist". Überträgt man diese Wertung sinngemäß auf den vorliegenden Fall, dürfte m. E. ein Problem mit § 14 BNotO ("erkennbar unerlaubte oder unredliche Zwecke") bestehen.
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#5

01.11.2021, 21:48

Danke. Vielen Dank für das Urteil
Dort liegt der Fall so, dass die Vollmacht wegen eines evidenten Missbrauchs unwirksam sein kann. Denn dann schlägt der Missbrauch ins Außenverhältnis durch.
Evidenz führt zum Wegfall der Vertretungsmacht.

Hier stelle ich mir die Fragen
- für wen muss das Überschreiten der Vertretungsmacht evident sein? Notar oder Vertragspartner? M.E. Notar. Denn der muss auch auch die Vertretenen schützen (wobei der TV nicht Bevollmächtigter, sondern Partei Kraft Amtes ist).
- führt die Bestimmung in einem eröffneten Erbvertrag zur Evidenz beim Vertragspartner? (Falls es auf ihn und nicht den Notar ankommt)
...
Kennt alle Akten auswendig
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#6

02.11.2021, 17:27

Ich sehe für den Verkauf kein Problem.
Der Kaufpreis fällt als Surrogat in den Nachlass. Eine Auseinandersetzung des Nachlasses findet daher nicht statt.
In dem Auseinandersetzungsverbot liegt keine generelle Verfügungsbeschränkung.

Der Verkauf des Grundstückes ist schlicht eine Maßnahme der Verwaltung des Nachlasses, welche unter gewissen Umständen sogar geboten sein kann.

Ob der Erblasser wollte, dass der Nachlass unverändert bleibt kann dahingestellt bleiben, weil er entsprechendes offenbar nicht verfügt hat.
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#7

03.11.2021, 14:11

Okudera hat geschrieben:
01.11.2021, 21:48
Dort liegt der Fall so, dass die Vollmacht wegen eines evidenten Missbrauchs unwirksam sein kann. Denn dann schlägt der Missbrauch ins Außenverhältnis durch.
Das habe ich der genannten Entscheidung so nicht entnommen, mir scheint der Vollmachtsmissbrauch dort Grund zur Ablehnung der Beurkundung aufgrund notariellen Amtsrechts zu sein.

Für die weitere Frage der Wirksamkeit von Rechtshandlungen des TV im Außenverhältnis sind hingegen die spezielleren erbrechtlichen Regelungen heranzuziehen. Die wohl h. M. (Belege bei Schöner/Stöber Rn. 3428) nimmt hier an, dass Beschränkungen des TV, wie Auseinandersetzungsverbote, dinglich wirken, der TV also gar nicht erst wirksam verfügen kann. Dann darf der Notar ohnehin nicht beurkunden, wenn Genehmigung der Erben nicht zu erwarten ist, weil die Verfügung/Auflassung unwirksam wäre. Letztlich stellt sich auch die Frage, ob die Beschränkung nicht ohnehin schon im TV-Zeugnis steht.
Okudera
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#8

10.11.2021, 00:55

Die Beschränkung stand nicht im TV-Zeugnis

Richtig ist, dass die Beschränkung dinglich wirkt. Ein gutgläubiger Erwerb ist aber möglich: kennt der Käufer die Beschränkung nicht, kann er wirksam erwerben.

Das führt zu der Frage, ob der Notar sehenden Auges an einem gutgläubigen Erwerb mitwirken darf.
Das Grundbuchamt darf es nach hM nicht.
Daher ist hier die Beurkundung abgelehnt worden.
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