Vollmacht für Kaufvertrag

Rund um Grunstücks-/Wohnungseigentum/Erbbaurecht
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Ramona A.
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#1

31.05.2021, 10:46

Hallo, eine Mandantin hat mich gerade etwas zusammengefaltet, am Montagmorgen absolut super.
Folgender Sachverhalt:
Es soll eine Immobilie verkauft werden, zwei Eigentümer, Herr H und Frau H (Geschwister), beide schon betagt und sollen von den Töchtern vertreten werden.
Für Frau H gibt es eine notarielle Vollmacht, alles ok.
Die Tochter von Herrn H. legt eine Vollmacht gem. Muster des Justizministerium des Landes NRW vor, beglaubigt durch die Kreisverwaltung. Sie hat nach dem Vordruck Vollmacht für Gesundheitssorge/Pflegebedürftigkeit, Aufenthalt und Wohnungsangelegenheiten, Behörden, Vermögenssorge, Post- und Fernmeldeverkehr, Vertretung vor Gericht (Prozesshandlungen), darf Untervollmacht erteilen, hat eine Betreuungsverfügung und die Vollmacht gilt über den Tod hinaus.
Wir haben uns hier die Vollmacht angesehen und sind der Meinung, dass diese Vollmacht für den Abschluss des Grundstückskaufvertrages nicht ausreicht, Immobiliengeschäfte sind gar nicht erwähnt.
Die Mandantin hat sich darüber fürchterlich aufgeregt und wurde auch sehr frech.
Kann mir bitte jemand schnell weiterhelfen, welche genauen Anforderungen an die Vollmacht zur Beurkundung eines Grundstückskaufvertrages gestellt werden.
pitz
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#2

31.05.2021, 11:33

Ich persönlich würde Immobiliengeschäfte unter "Vermögenssorge" einordnen, da solche ja quasi das ursprünglichste Vermögensverwaltungsgeschäft ist. Wenn die Tochter aber so unwirsch reagiert, würde da ggf. meine Alarmglocken sich melden hinsichtlich der Frage, ob denn Herr H. wirklich davon weiß, dass über seine Immobilien (bzw. seinen Anteil daran) verfügt werden soll.

Im Zweifel kann die Tochter ja auch als vollmachtlose Vertreterin auftreten und ihre Erklärungen von ihrem Vater nachgenehmigen lassen, wenn die Beibringung einer Vollmacht vor der Beurkundung nicht darstellbar ist.
Zuletzt geändert von pitz am 31.05.2021, 11:34, insgesamt 1-mal geändert.
Carmen1965
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#3

31.05.2021, 11:34

Hallo,

ich würde die Dame auf die §§ 29, 30 GBO verweisen. Danach ist zumindest öffentliche Beglaubigung erforderlich. Und aus der Vollmacht muss sich - wie Du schon sagst - auch ergeben, dass der Bevollmächtigte über Grundstücke verfügen darf, oder zumindest muss eine allumfassende Generalvollmacht enthalten sein. Und eine Beglaubigung durch die Kreisverwaltung (NRW) reicht schon gar nicht.

Da bin ich ganz bei Dir.

Sie braucht also entweder eine mit Unterschriftsbeglaubigung versehene General- oder Grundstücksvollmacht (in Hessen und Rheinland-Pfalz reicht eine Unterschriftsbeglaubigung durch das Ortsgericht) oder halt die Ausfertigung einer entsprechenden notariellen Urkunde.

Lass´ Dich nicht ärgern...

Carmen
pitz
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#4

31.05.2021, 12:29

Carmen1965 hat geschrieben:
31.05.2021, 11:34
Hallo,

ich würde die Dame auf die §§ 29, 30 GBO verweisen. Danach ist zumindest öffentliche Beglaubigung erforderlich. Und aus der Vollmacht muss sich - wie Du schon sagst - auch ergeben, dass der Bevollmächtigte über Grundstücke verfügen darf, oder zumindest muss eine allumfassende Generalvollmacht enthalten sein. Und eine Beglaubigung durch die Kreisverwaltung (NRW) reicht schon gar nicht.

Da bin ich ganz bei Dir.

Sie braucht also entweder eine mit Unterschriftsbeglaubigung versehene General- oder Grundstücksvollmacht (in Hessen und Rheinland-Pfalz reicht eine Unterschriftsbeglaubigung durch das Ortsgericht) oder halt die Ausfertigung einer entsprechenden notariellen Urkunde.

Lass´ Dich nicht ärgern...

Carmen
Aber die §§ 29, 30 GBO beziehen sich ja auf die Eintragungen ins Grundbuch - und die erfolgt ja aufgrund der notariellen Urkunde und nicht aufgrund der Vollmachten?
Refa-99
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#5

31.05.2021, 12:48

pitz hat geschrieben:
31.05.2021, 12:29
Aber die §§ 29, 30 GBO beziehen sich ja auf die Eintragungen ins Grundbuch - und die erfolgt ja aufgrund der notariellen Urkunde und nicht aufgrund der Vollmachten?
29 GBO gilt zwingend auch für die Vollmacht im Grundbuchverfahren
Vgl. BeckOK GBO, § 29 Rn. 75ff.
Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung
Ramona A.
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#6

31.05.2021, 12:51

der Absatz zu Vermögenssorge lautet
-Sie darf mein Vermögen verwalten und hierbei alle Rechtshandlungen und Rechtsgeschäfte im In- und Ausland vornehmen, Erklärungen aller Art abgeben und entgegennehmen, sowie Anträge stellen, abändern, zurücknehmen
ja ist angekreuzt
darunter steht dann namentlich
ist aber nicht ausgefüllt
- über Vermögensgegenstände jeder Art verfügen
ja ist angekreuzt
- Zahlungen und Wertgegenstände annehmen
ja ist angekreuzt
- Verbindlichkeiten eingehen
ja ist angekreuzt
- Willenserklärungen bezüglich meiner Konten, Depots und Safes abgeben. Sie darf mich im Geschäftsverkehr mit Kreditinstituten vertreten
ja ist angekreuzt

Dass sie mit dieser Vollmacht einen Kaufvertrag schuldrechtlich vereinbaren kann, würde ich schon so sehen. Aber kann sie damit eine Auflassung wirksam erklären, die sich auf Grundbesitz bezieht?
Mit einer Vollmacht, die zwar öffentlich beglaubigt -denn das dürfte bei der Kreisverwaltung ja wohl der Fall sein- aber nicht notariell beglaubigt.
Die Frage ist doch auch: Ist es eine unwiderrufliche oder eine widerrufliche Vollmacht.
Es steht: Die Vollmacht ist nur wirksam, solange die bevollmächtigte Person die Vollmachtsurkunde besitzt und bei Vornahme eines Rechtsgeschäfts die Urkunde im Original vorlegen kann.
Und dann ist noch Geltung über den Tod hinaus mit ja angekreuzt.
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