Hälfte der Vollzugsgebühr soll Verkäufer tragen

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xXKristinaXx
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#1

10.04.2024, 12:05

Folgender Sachverhalt:

Im Zuge eines Kaufvertrages wurde eine Teilfläche verkauft.

Im Kaufvertrag wurde der Notar beauftragt, die Pfandentlassung einzuholen. Bei dem Vollzug hat der Notar dem Verkäufer nahegelegt, das Recht sämtlich zu löschen, da die Grundschuld bereits vollständig getilgt wurde. der Käufer war einverstanden. (Ich gehe davon aus, dass die Bank eine LB einfach erteilt hat und der Notar daher im nachhinein der Käufer nahegelegt komplett zu löschen.

Kostenvereinbarung im KV wie folgt:
Alle Kosten dieser Urkunde und ihres Vollzuges sowie Grunderwerbssteuer trägt der Käufer. Der Verkäufer übernimmt außerhalb dieser Urkunde entstehende Lastenfreistellungskosten und Kosten etwaiger Treuhandauflagen. Die Vermessungskosten trägt ebenfalls der Käufer.

Grundpfandrecht Wert 25.564,59 €
Wert des KV: 1.120.000,00 €

Für die Einholung der Pfandentlassung/Löschungsbewilligung während des Vollzuges des KV fällt eine Vollzugsgebühr von 987,50 € an.

Der Notar hat dem Verkäufer die Hälfte der Vollzugsgebühr (493,75 €) in Rechnung gestellt.


Aus meiner Sicht hätte der Notar dem Verkäufer keine Rechnung stellen dürfen, da dies eine falsche Sachbearbeitung ist. Wäre der Verkäufer nur für die Löschung des Rechtes gekommen, hätte er für den Antrag ca. 100,00 € zahlen müssen. Somit müsste hier, auch wenn der Verkäufer eingewilligt hat das Recht komplett zu löschen, die Vollzugsgebühr komplett vom Käufer getragen werden.

Ich hoffe Ihr könnt mir helfen oder erklären, wie man sowas richtig abrechnen könnte (wenn dies überhaupt möglich ist).

Kristina
Martin Filzek
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#2

19.04.2024, 14:06

Wenn man im Suchfeld von foreno "Aufteilung Vollzugsgebühr" oder "Mehrkosten Löschung Vollzugsgebühr" enthält man mehr als fünfzig "Treffer" für frühere ausführliche Diskussionen zu diesem "Problemfeld".

Versuch einer Zusammenfassung bezogen auf den geschilderten Fall:

Die Vollzugsgebühr KV 22110 ff. entsteht nach § 93 Abs. 1 GNotKG nur "einmalig" und fällt auch bei mehreren Vollzugstätigkeien (diese sind im Katalog Vorbem. 2.2.1.1 mit elf möglichen Fällen aufgelistet, von denen einige, z. B. bei Kaufverträgen relevant die Nrn. 1 und 2 mit maximal 50 Euro je Einholung von öffentlich-rechtlichen Genehmigungen und Bescheiden - hier könnte das i.d.R. notwendige Negativattest der Gemeinde zur Nichtausübung Vorkaufsrecht einschlägig sein - ) nur ein mal an.
Einholung von Löschungsunterlagen ist "nicht" mit Höchstgebühr von 50 Euro privilegiert und führt zu der "normalen" 0,5 Vollzugsgebühr KV 22110 (womit dann nach § 93 Abs. 1 auch die i.d.R. Käufer treffende Vollzugsgebühr für Einholung Negativattetst Vorkaufsrecht Gemeinde "abgegolten" ist).

Um den daraus entstehenden "Gerechtigkeitsproblemen" zur Aufteilung der Vollzugsgebühr gerecht zu werden, sind - zur Auswahl des Notars, im Idealfall nach Ermittlung des Willens der Beteiligten zu diesen "Randfragen", die natürlich schwer zu erklären sind und gegenüber den Hauptleistungspflichten in der Mehrzahl der Fälle daher auch gar nicht versucht werden vorzustellen und zu erklären - verschiedene Formulierungsvorschläge empfohlen worden (nachzulesen bei den genannten früheren Diskussionsbeiträgen), die grob eingeteilt werden in zwei bis drei Hauptfälle:

- einmal (wahrscheinlich mehrheitlich praktiziert) solche, die eine Aufteilung der Vollzugsgebühr vorschlagen, z. B. in Fällen, wo für die Einholung der kaufvertragsspezifischen Unterlagen, wenn diese nur 50 Euro oder 2 x 50 Euro betragen, eine Kostenbeteiligung des Käufers in Höhe nur dieser Teilbeträge vorsehen, während die Differenz zur wegen Einholung von Löschungsunterlagen entstehenden 0,5-Gebühr Verkäufer trägt

- für Fälle, wo auch für die Kaufvertragsdurchführung selbst (ohne Löschung) bereits Vollzugshandlungen vorliegen die 0,5 auslösen (z. B. WEG-Verwalterzustimmung, Genehmigung FamG, Genehmigungserklärung eines vertretenen Beteiligten auf Käuferseite u. Ä. - bei Zusammentreffen mit Vollzugstätigkeit für Einholung Löschungsunterlagen (auch 0,5) wird dann eine Teilung im Verhältns 50 : 50 vereinbart

- weil diese "komplizierte" aufgeteilte Kostenrechnung umständlich und erklärungsbedürftig und mit dem "Argument", der Käufer rechne mit solchen Kosten, der Verkäufer eher nicht, wird auch - was im Rahmen der Vertragsfreiheit natürlich möglich ist - generelll eine vollständige Tragung der Vollzugsgebühr durch den Käufer vereinbart, unabhängig davon, wie hoch die Vollzugsgebühr ohne diese Einholung von Löschungsunterlagen ausgefallen wäre.

Im geschilderten Fall lliegt wohl die letzte Variante bei der verwandten Kostenteilungregelung vor, über die der Notar sich genau genommen dann bei der Aufteilung der Vollzugsgebühr im Verhältnis 50 : 50 also "hinweggesetzt" hat und entgegen dem Wortlaut der Vereinbarung die Kosten halbiert hat, wogegen der Verkäufer sich theoretisch wehren könnte. Allerdings haftet er ungeachtet der internen Kostenaufteilungsvereinbarung für die Notarkosten auch nach §§ 29 - 31 GNotKG.

Entschuldigend für den Notar ist anzuführen, dass er damit der später bekannt gewordenen Verwendung der Löschungsbewilligung auch für andere - nicht verkaufte - Objekte des Verkäufers Rechnung tragen wollte.

Eine unrichtige Sachbehandlung i.S.v. § 21 GNotKG anzunehmen, weil die Aufnahme gesonderter Löschungs- oder Pfandfreigabeerklärungserklärungen zu einem kostengünstigeren Ergebnis geführt hätte, dürfte nicht durchgreifen, da ja die Sicherstellung der Löschung zu den Vertragsbedingungen gehört hat und die Frage, ob ini einer oder mehreren Urkunden etwas beurkundet wird, in das pflichtgemäße Ermessen des Notars gestellt ist und somit nicht deshalb zu beanstanden ist, weil die Zusammenfassung in einer Urkunde zu Mehrkosten geführt hat (da die entstehenden Kosten nur ein Aspekt sind, und nur bei "Extremfällen" exorbitant höherer Kosten eine unrichtige Sachbehandlung angenommen wird, vgl. etwa Kommentierungen von Wudy zu Vollzugsgebühr und Betreuungsgebühr in Leipziger GNotKG-Kommentar, evtl. auch zu finden bei den früheren über fünfzig Diskussonen vergleichbarer "Problemfälle").

Fazit: Die Lage ist hier derart kompliziert und für viele Notare (und erst recht für die Kaufvertragsbeteiligten als jur. Laien) undurchschaubar, dass alles im vorhinein genau zu bedenken und nach den Kostenfolgen auszurechnen und dann den Willen der Beteiligten hierzu ermitteln, nahezu in der Mehrzahl der Fälle unmöglich ist.
Mit den verbleibenden "Gerechtigkeitsproblemen" bei der Aufteilung dieser "Nebengebühr" wird man daher noch viele Jahre leben müssen.

Entgeltlicher - günstiger - Notarkosten-Dienst (Unterstützung bei notariellen Kostenberechnungen, auch Rückständen u. Ä.) siehe www.filzek.de unter Notarkosten-Dienst.
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