Bewertung einer zusätzlichen Vereinbarung in einem Kaufvertrag

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sandmann712
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#1

16.10.2023, 13:37

Hallo zusammen,

wieder einmal brauche ich Eure Hilfe.

Vom Chef wurde ein Kaufvertrag beurkundet, soweit alles klar.
Allerdings wurde quasi im Anschluss an den Kaufvertrag noch ein weiterer § aufgenommen. In diesem § wurde zwischen Verkäufer, Käufer und einem am Vertrag beteiligten Dritten eine weitere Vereinbarung getroffen, wonach

a) der Käufer ab 2026 das uneingeschränkte Nutzungsrecht an einer im Vertrag genau bezeichneten Fläche erhält
b) der Käufer dem Verkäufer und dem am Kaufvertrag beteiligten Dritten gestattet, bis Ende 2025 alle erforderlichen Maßnahmen zur Entsandung zu betreiben und zu unterhalten.
c) der Verkäufer und der beteiligte Dritter ohne Belassung von Böschung, Abstandsflächen den Sandabbau bis zur Grundstücksgrenze vorzunehmen darf. Dabei wird für den Sandabbau in einem bestimmten Bereich keine
Vergütung gezahlt. Für den Sandabbau in einem anderen genau bestimmten Bereich erhält der Käufer von dem beteiligten Dritten eine Vergütung, deren Berechnung recht kompliziert ist.
d) der Käufer dem Verkäufer und dem Dritten gestattet, auf Flächen -auch über die Zeit nach 2026 hinaus-, anfallendes Rücklaufwasser mit Feinmaterial in den See einzuleiten sowie vorhandene Festmachpunkte für
Saugbagger zu nutzen und neu Festmachpunkte anzulegen.
e) der Käufer sich verpflichten, die im Rahmen der vorliegenden Sandabbaugenehmigung von Verkäufer und beteiligtem Dritten durchgeführten Anpflanzungen nur mit behördlichem Einverständnis zu verändern.
(Ich habe den Textlaut der Vereinbarung nur stichpunktartig wiedergegeben.)

Meine Frage ist jetzt, wie muss ich diese Vereinbarung wert- und gebührenmäßig berücksichtigen? Ich werde echt dankbar, wenn mir jemand weiterhelfen kann.
Martin Filzek
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#2

16.10.2023, 14:31

Persönlich glaube ich - aber ich hoffe niemand sonst von ihm/ihr möglicher Beantwortung schon jetzt damit abzuhalten - dass hier durch die stichpunktartige Zusammenfassung des "Sachverhalts" viel zu viel offen bleibt, auf das es kostenrechtlich aber ankommt:
- betrifft die "weitere Vereinbarung" "quasi im Anschluss an den Kaufvertrag" eine der verkauften Flächen oder eine andere
das wäre wichtig um zu entscheiden, ob es gegenstandsgleiche nähere Ausführungsbestimmungen zum Kaufvertrag i.S.v. § 109 Abs. 1 sind oder gegenstandsverschiedene (§§ 35, 86) weitere
Vereinbarungen
- wie wafr die Gegenleistung Kaufpreis beim Kaufpreis im Kaufvertrag bemessen, nur für die verkaufte Fläche oder auch für die Fläche, zu der die weiteren Vereinbarungen getroffen wurden
- welche Stellung hat der genannte "weitere beteiligte Dritte" an dem Ganzen genau? Kiesabbauunternehmen? Evtl. Parallelen zu Bewertungsvorschlägen in Literatur bei Energielieferverträgen, Bierlieferung u. Ä. untersuchen
- wie genau ist denn die Vergütung des Dritten für den Sandabbau bestimmt, die bisher nur als "kompliziert" bezeichnet ist?
- wie sind die Übergabezeitpunkte / Nutzungsübergänge im Kaufvertrag zeitlich geregelt, die man vielleicht betrachten müsste, wenn sie sich auch auf die Flächen der Zusatzvereinbarung beziehen sollten
usw.
Eine Antwort müsste sich daher momentan in zig umständlich und sehr arbeitsaufwändigen diversen Varianten ergehen, was immensen Zeitaufwand bedeuten würde.
Es kann kostenrechtlich nur genau das bewertet werden, was vereinbart wurde, aber dazu muss man den genauen Inhalt schon kennen.
Beim eigenen Notarkosten-Dienst, auf den ich bei Antworten gelegentlich hinweise (siehe Beschreibung "Notarkosten-Dienst" wie auf www.filzek.de beschrieben) habe ich in der Regel vollständige Wortlaute der jeweiligen Urkunden vorliegen, so dass eine genauere Betrachtung und Untersuchung dann möglich ist, die ich persönlich aber auch nur mit einigem Zeitaufwand leisten könnte und nicht ganz unentgeltlich wie für obige allgemeine Vorschläge / Hinweise, die auch schon einiges an Zeit erforderten, wofür ich um Verständnis bitte.

Literaturtipp zur eigenen Hilfe durch Selbsthilfe: evtl. Lesen in Kapitel Kaufvertrag und weitere Geschäfte in Notarkasse München, Streifzug, oder Durchsicht von Kommentierungen von § 109 mit Beispielen zu gegenstandsgleichen und -verschiedenen Erklärungen und ähnliche Recherchen anhand einzelner Stichworte, die zum Sachverhalt passen.
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
sandmann712
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#3

26.11.2023, 12:22

Leider komme ich krankheitsbedingt erst jetzt wieder auf den Vorgang zurück.
Zunächst möchte ich mir für die Ausführungen bedanken.


Ob die nachfolgende Regelung bei der Kaufpreisfindung berücksichtigt worden ist, ergibt sich leider nicht aus dem Vertrag. Der Entwurf wurde auch nicht in unserm Büro gefertigt, sondern kam von einem Fremdnotar.


Ich gebe hier den von mir stichpunktartig genannten § textlich komplett wieder.
Die Käufer zu 1 und 2 erhalten ab dem Jahre 2025 das uneingeschränkte Nutzungsrecht auf dem auf dem als Anlage 2 beigefügten Plan „rot“ umrandeten Seeflächenbereich. Auf den anliegenden Plan wurde Bezug genommen. Er wurde den Erschienenen zur Durchsicht vorgelegt und von diesen genehmigt.

1. Die Käufer zu 1 und 2 gestatten Verkäufer, dem DRITTEN oder anderen mit dem Sandabbau beauftragten Unternehmen alle erforderlichen Maßnahmen zu Entsandung der gesamten Entsandungsfläche einschließlich der bereits im Eigentum des Käufers zu 1 befindlichen Flächen bis zum 31.12.2024 zu betreiben und zu unterhalten.

Dies bezieht sich auf den Sandabbau entsprechend der aktuell vorliegenden Sandabbaugenehmigung.

2. Im Hinblick auf eine mögliche Erweiterung der Entsandung in Richtung Flurstück XX der Flur XX und Flurstück XX der Flur XX („Erweiterungsfläche“) vereinbaren die Käufer und der Verkäufer, dass der Verkäufer, DRITTEN oder ein anderes mit dem Sandabbau beauftragtes Unternehmen berechtigt sein soll, ohne Belassung von Böschungen und Abstandsflächen den Sandabbau bis zur Grundstücksgrenze vorzunehmen. Dies gilt sowohl hinsichtlich des mit diesem Vertrag veräußerten Flurstücks XX und der Teilfläche aus dem Flurstück XX jeweils der Flur XX als auch hinsichtlich des schon bisher im Eigentum des Käufers zu 1) stehenden Flurstücks XX der Flur XX.

Dabei wird für den Sandabbau im Bereich des an Käufer zu 2 verkauften Flurstücks XX und der an Käufer zu 2 verkauften Teilfläche aus dem Flurstück XX jeweils der Flur XX keine Vergütung an Käufer zu 2 gezahlt.

Für den Sand, der im Bereich des Flurstücks XX der Flur XX abweichend von der vorliegenden Sandabbaugenehmigung im Bereich der Böschung und der Abstandsflächen aufgrund einer neuen Abbaugenehmigung zusätzlich entnommen wird, erhält der Käufer zu 1 von DRITTEN nach der Sandentnahme eine Vergütung, die wie folgt berechnet wird:

• Es wird zunächst die im Verhältnis zur bisherigen Genehmigung zusätzlich abzubauende und verwertbare Menge für die Parteien verbindlich vom Planungsbüro Schmelzer die Ingenieure, Ibbenbüren, ermittelt.

• Zur Ermittlung der verwertbaren Menge in Tonnen wird die vorstehend ermittelte Menge mit 1,54 multipliziert.

• Als Preis pro Tonne wird der Preis bezahlt, den die DRITTEN an ihre Gesellschafter für Sand bezahlt.

3. Die Käufer zu 1 und 2 gestatten dem Verkäufer, DRITTEN oder einem anderen mit dem Sandabbau beauftragten Unternehmen für die Zeit des Sandabbaus auf den bisher genehmigten Flächen und auf der vorstehend beschriebenen Erweiterungsfläche – auch über die Zeit nach 2025 hinaus – weiterhin, anfallendes Rücklaufwasser mit Feinmaterial in den schon vorhandenen See einzuleiten sowie die auf den schon bisher und aufgrund dieses Vertrages in ihrem Eigentum befindlichen bzw. gelangenden Flächen vorhandene Festmachpunkte für den Saugbagger zu nutzen bzw. neue Festmachpunkte anzulegen.

4. Die Käufer zu 1 und 2 verpflichten sich, die schon im Rahmen der vorliegenden Sandabbaugenehmigung von Verkäufer bzw. DRITTEN auf dem als Anlage 3 beigefügten Lageplan „orange“ gekennzeichneten Bereichen durchgeführten Anpflanzungen auf den Flurstücken XX, XX und XX der Flur XX nur mit behördlichem Einverständnis zu verändern. Schutz- und Rekultivierungsmaßnahmen die im Zusammenhang mit der Genehmigung des Sandabbaus auf den Flurstücken XX der Flur XX und XX der Flur XX zusätzlich von der Genehmigungsbehörde gefordert werden, werden von DRITTEN übernommen.

5. Sofern für die Aufrechterhaltung oder die Verlängerung der vorhandenen Sandabbaugenehmigung erforderlich, werden die Käufer alle notwendigen Erklärungen zur Ermöglichung bzw. Fortsetzung des Sandabbaus insbesondere gegenüber den zuständigen Behörden erklären. Dies gilt auch für erforderliche Erklärungen im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Sandabbau auf den Flurstücken XX der Flur XX bzw. XX der Flur XX.

Soweit dies für die Nutzung der Grundstücke durch die Käufer erforderlich ist und den Sandabbau nicht gefährdet bzw. beeinträchtigt, werden der Verkäufer bzw. DRITTEN erforderliche Zustimmung bzw. Einverständniserklärungen abgegeben.

Verkäufer und DRITTEN verpflichten sich, die im südwestlichen Seebereich, der im Eigentum des Verkäufers verbleibt, gelegene Flachwasserzone nur im Zusammenhang mit dem Sandabbau, z.B als Ausgleichs- und/ oder Rekultivierungsfläche, und nicht für andere Zwecke, z.B. Verpachtung an Anglervereine, zu nutzen.

Leider sind wir im Büro total unterbesetzt und ich mache seit Freitag eine Wiedereingliederung, so dass momentan leider die Zeit fehlt, sich mit der für mich schweren Kostenmaterie auseinandersetzen. Vielleicht hatte jemand schon einmal einen ähnlich gelagerten Fall und kann mir helfen. Ich verzweiifel‘ noch.
Martin Filzek
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#4

27.11.2023, 16:07

Nach der Ergänzung ist es nun so, dass der besagte §, der die Regelungen zum Sandabbau usw. enthält, im Wortlaut vollständiger wiedergegeben ist, wobei die Flurstücksangaben anonymisiert sind. Wie schon in früherem Beitrag #2 vermutet, wird wohl davon auszugehen sein, dass hier in einer Urkunde vorliegen

a) ein Kaufvertrag mit unbekanntem Inhalt, insbesondere zum verkauften Flurstück und Kaufpreis

b) eine dazu wohl sicher gegenstandsverschiedene Regelung über die Sandabbaurechte im Einzelnen.

Um das Ganze vernünftig mit Ziel einer Geschäftswertbildung zu b) umzusetzen, wird man meiner Meinung nach unbedingt noch die Skizzen, aus denen sich die einzelnen - unterschiedlich geregelten - Vereinbarungen zum Sandabbau usw. ergeben, um das wirtschaftlich Gewollte und dessen Wert sinnvoll und nachvollziehbar erfassen zu können.
Da für die Höhe der Vergütung unter anderem ein spezialisiertes Ingenieurbüro für solche „Sandabbaugerechtigkeiten“ genannt ist, wird man höchstwahrscheinlich auch gem. § 95 GNotKG bei den Beteiligten bzw. dem Ingenieurbüro nach den dort nur bekannten Preisen für Tonnen Sand usw. fragen müssen.

Wenn ich witzig sein wollte, würde ich schreiben, dass du mit deinem Benutzernamen „sandmann712“ doch der geborene Experte für diese komplizierte Lösung eines Nicht-Standardfalls mit diesen Sandabbau-Regelungen sein könntest.

Ich selbst bin ja komplizierte Kostenfälle durch den seit 1996 angebotenen Notarkosten-Dienst gewohnt - zahlreiche Büros schicken mir natürlich nicht normale Standard-Kaufverträge usw. zu, sondern eben diese relativ komplexen Fälle mit ungewöhnlichen Vereinbarungen, die in diesen komplizierten Einzelfällen dann kaum vergleichbar in der Anleitungs- und Kommentarliteratur zu finden sein dürften. Als „pro-bono-„ kostenlose Dienstleistung sind angesichts der nur teilweise bekannten Einzelheiten des Gesamtfalls somit nur obige weitere ergänzende Hinweise für mich möglich - für ein ausführliches Kurzgutachten stehe ich natürlich unter den bei „Notarkosten-Dienst“ in www.flizek.de genannten Bedingungen unverändert weiter gern zur Verfügung, und da das dann eine sicherlich mehrere Stunden dauernde Einarbeitungszeit in den Urkundentext einschließlich Planskizzen zu den verschiedenen Flurstücken und den hierzu getroffenen Regelungen mit Wertermittlungsvorschlag gem. § 95 wie vorgeschlagen und Begründung zur Frage, was gegenstandsgleich bzw. -verschieden ist (und wie die „Laufzeit“ der Sandabbaugerechtigkeiten zu bewerten ist) bedeuten würde, kann das unmöglich jetzt hier versucht werden ohne die weiteren Details und eine annähernd faire Entschädigung für den damit verbundenen immensen Zeitaufwand.

Ich sehe ja, dass Euer Büro unterbesetzt ist und dir aus den im letzten Absatz #3 vielleicht die Zeit fehlt, dich selbst in den kostenrechtlich schwierigen Fall einzuarbeiten. Dazu ist zu sagen, dass eine solche komplizierte Kostenberechnung ja nicht „brandeilig“ ist und die Verjährungsfrist über vier Jahre beträgt, so dass Ihr also auf mehr eigene Zeit in der Zukunft setzen solltet, oder aber zur Entlastung des Büros und zugleich evtl. Unterstützung bei einer möglichst fundierten Kostenberechnung auf die angebotene entgeltliche Hilfe schon in den nächsten Wochen zurück greifen solltet, oder natürlich weitere hilfreiche Tipps anderer User hier abwarten …. ganz wie Ihr wollt. :wink2
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#5

27.11.2023, 17:00

Vielen Dank für die Rückmeldung. Ich werde das im Büro einmal klären.

:thx
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