Erbschein abrechnen (inkl. Personenstandsurkunden)

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Marie.S
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#1

13.04.2023, 16:47

Hallo ihr lieben, wir haben da mal eine Frage.

Meine Kollegin und ich haben in zwei unterschiedlichen Notariaten gelernt, und sind heute darauf gestoßen, dass wir die Personenstandsurkunden beim Erbschein unterschiedlich abrechnen.

Erschein:
1,0 Nr. 23300 KV
Dokumentenpauschale Nr. 32001 KV
PTK Nr. 32005 KV

Soweit alles klar.

Jetzt haben wir immer die Personenstandsurkunden mit in die Dokumentenpauschale einberechnet. Also bei 5 Personenstandsurkunden, halt 5 Seiten mehr bei der Dokumentenpauschale.

Meine Kollegin hat je Personenstandsurkunde eine beglaubigte Fotokopie nach 25102 KV abgerechnet. Also bei 5 Urkunden dann 50,00 EUR.

Ich dachte immer man darf die Dokumentenpauschale nicht neben der 25102 abrechnen.

Wie rechnet ihr das ab?
Feldhamster
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#2

16.04.2023, 11:54

Wenn wir beglaubigte Kopien anfertigen, dann rechnen wir die 25102 ab.
Hokulani
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#3

16.04.2023, 21:09

Da ich alle 5 Urkunden mit einem beglaubigungsvermerk verbinden würde, würde ich auch nur 6 Seiten also 10 eur abrechnen
Martin Filzek
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#4

17.04.2023, 18:19

Ich würde der Themenstarterin raten, nicht so sehr in den Vordergrund zu stellen, was in "unterschiedlichen Notariaten" zu bestimmten Kostenfragen gesagt wurde oder andere nur nach ihrer Meinung zur "Abrechnung" zu fragen, sondern den - in dieser Frage vielleicht mageren aber immer allein maßgeblichen - Gesetzestext zu suchen und nach geeigneter Anleitungsliteratur für solche Praxis- und Zweifelsfragen, die in großer Fülle vorhanden ist, aber vielleicht aus Kostengründen nicht angeschafft wurde oder deren Benutzung als zu zeitraubend und schwierig vielleicht erscheint "heutzutage" um mich noch unbeliebter zu machen.

Was die bisher konkret gestellten Fragen betrifft ist wohl nur zu vergleichbaren Fällen unter der Überschrift "Beglaubigte Ablichtungen im Grundbuchverkehr" in Notarkasse München Streifzug durh das GNotKG, 13. Aufl. 2021, Rn. 306 ff. darauf eingegangen, sowie in Diehn, Notarkostenberechnungen, 8. Aufl. 2022, Rn.. 2127 ff. zu dem auch nicht genau im Bereich Erbscheinsanträge und mit eingereichte Personenstandsurkunden Abschnitt "Dateien im elektronischen Rechtsverkehr" ab Rn. 2127 ff. wo es um HR.-Anmeldungen und Einscannen geht. Sollte jemand der anderen User hier weiteres Schrifttum kennen, das sich konkret mit Erbscheinsanträgen und den hier behandelten mit eingereichten Personenstandsurkunden befasst, wäre ich für entsprechende Hinweise auch dankbar, um selbst auch schlauer zu werden.

Momentan würde ich es Notarkasse München a.a.O. folgend so sehen, dass wie dort in Rn. 313 ff. behandelt zu fragen ist, ob ähnlich wie steuerliche UB, Vorkaufrechtsbescheinigung usw. im Grundbuchverkehr hier auch für den Erbscheinsantrag erforderlich ist, die Urkunden gesondert elektronisch zu beglaubigen, oder ob diese aufgrund des engen Zusammenhangs mit der Urkunde und der damit verbundenen Vollzgspflicht (§ 53 BeurkG) - so Streifzug - kein eigenständiger Charakter zuzuordnen ist und somit eine gesonderte Beglaubigung unnötig ist.

Für Praktiker-Erfahrungen zu dieser Frage wäre ich ebenfalls dankbar.

Wichtiger und in den Auswirkungen zu mehr Gebührenunterschieden führend wäre aber auch noch die hier bisher nicht mitgeteilte Frage, ob denn die Personenstandsurkunden sämtlich von den Beteiligten selbst schon vorgelegt wurden, oder ob - wie häufig - der Notar diese dann eingeholt hat, und ob und in welcher Höhe hierfür dann eine Vollzugsgebühr zu berechnen ist:
Bei Diehn, Notarkostenberechnungen, 8. Aufl. 2022, Rn. ist die nach dessen Ansicht entstehende Vollzugsgebühr in besonderen Fällen nach KV 22121 (das sind dann 0,5 aus dem vollen Wert § 112 ohne Begrenzung auf je 50 Euro pro Einholung) dafür berechnet bei Rn. 1821 ff., während - für mich überzeugender - bei Ländernotarkasse, Leipziger Kostenspiegel, 3. Aufl. 2021, Rn. 19.211, 19.215 eine "normale" Vollzugsgebühr KV 22111 (0,3, mit Begrenzung auf 50 Euro je Einholung) dafür berechnet ist, da die im Erbscheinsantrag nebst eidesstattl. Versicherung ja auch ein normales Beurkundungsverfahren nach dem ersten Abschnitt enthält, das nur wegen der Anordnung der Gebühr nur für die eidesstattl. Vers. in KV 23300 in Vorbem. 2.3.3 II KV nicht gesondert bei den Beurkundungsgebühren berechnet wird.

Schwierige Notarkosten-Fragen werden weiterhin im entgeltlich angebotenen Notarkosten-Dienst wie bei www.filzek.de beschrieben gern beantwortet. :wink2

Da die gestellten Fragen nur das Kostenrecht betreffen, habe ich Verschiebung von Rubrik Notariat Erbrecht nach Notariat GNotKG beantragt. Wie gesagt, für weiteres zu o.a. Frage und Literatur / Fundstellen oder gar Entscheidungen zu diesen Fragen wäre ich auch dankbar. Aber ansonsten sind es ja nur "Kleinigkeiten" bei den möglichen unterschiedlichen Sichtweisen und Gebühren- bzw. Auslagenerhebungen. Übrigens wird auch KV 32001 von Diehn a.a.O. nicht angewandt, sondern die teurere Berechnung nach KV 32000 mit 0,50 Euro je Seite, was meiner Meinung nach nicht richtig ist, da doch KV 32001 Nr. 2 hier einschlägig ist ("in einem Beurkundungsverfahren auf besonderen Antrag angefertigt ...") - eben weil mit dem Antrag auf Erbschein ja neben der Eidesstattl. Versicherung ja "auch" ein normales Beurkundungsverfahren vorliegt, selbst wenn durch besondere Anordnung hierfür keine besondere Gebühr neben der für die eidesst. Vers. KV 23300 dafür zu berechnen ist. So glaube ich auch weitere und andere Anleitungsliteratur zu dieser "Frage".
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
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