Geschäftswert bei evtl. späterer Kaufpreiserhöhung

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Pitt
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#1

08.03.2023, 12:35

Ich habe hier eine Notarkostenrechnung mit der Bitte um Prüfung vorliegen und bin da überfragt. Es geht um einen Kaufvertrag über GmbH- und Kommanditanteile. In dem Vertrag wurde beim Kaufpreis vereinbart, dass für den Fall, dass der Erwerber die von ihm erworbenen Anteile innerhalb der nächsten 5 Jahre weiterveräußert, die ursprüngliche Anteilsinhaberin/Verkäuferin an einem Wertzuwachs zu beteiligen ist und zwar gestaffelt (100% im 1. Jahr, 60% im 5. Jahr). Bei der Ermittlung des Geschäftswertes hat der Notar nun für diese Passage zusätzlich einen Wert von 30% des Kaufpreises (7,5 Mio. €) gem. § 36 Abs. 1 GNotKG herangezogen. Grundsätzlich steht das ja wohl im freien Ermessen des Notars. Hat jemand Rechtsprechung, welcher Prozentsatz angemessen ist? Bin für jeden Tipp dankbar.
Martin Filzek
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#2

08.03.2023, 21:08

Ich finde die Frage nach Rechtsprechung zu dieser Frage am Ende des Fragebeitrags zu einer konkreten speziellen Fallschilderung "falsch gestellt", denn alle Rechtsprechung betrifft ja immer nur konkrete jeweils unterschiedliche Einzelfälle. Auch ist es m. E. nicht richtig, von einem "!freien Ermessen" des Notars in solchen Fällen auszugehen. Vielmehr ist es ein "gebundenes!" auf den Einzelfall bezogenes Ermessen und meiner Meinung nach sind für einen Kostenschuldner, der mit dieser Kostenberechnung konfrontiert ist, folgende Einwände dem Notar gegenüber und ggf. dann auch im Wege eines Notarkostenprüfungsverfahrens "selbständig" zu denken ohne Hinweis auf eine zu dem konkreten Fall ja gar nicht vorliegende Rechtsprechung:

'Da nur der etwaige Mehrerlös oberhalb des letzten Kaufpreises zu einer weiteren Beteiligung des Verkäufers führen soll - und zu 100 % begrenzt nur auf 1 Jahr, danach im 5. Jahr nur 60 & und danach gar nicht wohl - erscheint es überhöht, pauschal 30 % des jetzt aktuell gewesenen Kaufpreises hierfür anzusetzen. Vielmehr sollte ein durchschnittlicher Steigerungsbetrag nach der Wahrscheinlichkeit geschätzt werden, z. B. für 1 Jahr 10 - 20 % aus 7,5 Mio. Euro, für spätere Jahre 20 - 50 % aus 7,5 Mio. Euro, und hieraus dann gerechter und angemessener ein Betrag z B. wie folgt geschätzt werden:
20 % aus 7,5 Mio. Euro = 1,5 Mio. Euro
Hiervon unter Berücksichtigung von 100 % nur im ersten Jahr und 60 & im 5. Jahr und in den vielen Jahren danach 0 % vielleicht 50 % = 750.000 Euro.
Das ist erheblich weniger als 30 % aus 7,5 Mio. aktueller Kaufpreis und besser / fundierter begründet als die Hinzurechnung von 30 % aus letztem Gesamtkaufpreis (2,25 Mio. Euro).
Dies wäre also etwas, was man -- ohne jede Erfolgsgarantie denn auch der Ansatz von 30 % aus bisherigem Gesamtkaufpreis könnte vom Notar verteidigt werden und je nach Einzelfallumständen, branchenüblichen Gewinnsteigerungen usw. - als noch vertretbar sowohl vom Notar als auch vom Gericht im Fall eines Notarkostenprüfungsverfahrens angesehen werden.
Aber andererseits läge es im Rahmen des Ermessens nach unten den Kostenschuldnern entgegenzukommen mit Rücksicht auf o.a. Überlegungen / andere Sichtweisen, die man speziell noch um evtl. weitere Argumente im Einzelfall (geringe Bereitschaft des Käufers weiter zu verkaufen? zur Zeit nicht so gute Gewinnaussichten?) konkreter noch dargelegt werden sollten.
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#3

09.03.2023, 08:28

Vielen Dank für die Erläuterungen. Ich habe mich bei der Fragestellung evtl. etwas unglücklich ausgedrückt. Es sollte nicht der Anschein erweckt werden, dass ich hier schlicht das Az. eines Urteils zitieren möchte, um eine Rechnung zu kürzen. Es ging mir darum, möglicherweise aus einer Urteilsbegründung weitere Anhaltspunkte zu der Frage zu erhalten, welche Umstände mit welcher Gewichtung angemessen berücksichtigt sind. In der von mir gesichteten Literatur fand ich zwischenzeitlich nur den Hinweis, dass hier - je nach Sachverhalt - beim Geschäftswert eine Berücksichtigung von 10-50% berücksichtigt werden kann, wenn möglicherweise zukünftig eine Kaufpreisanpassung erfolgt. Das ist natürlich eine erhebliche Spannbreite und da stellt sich für mich dann die Frage nach der Gewichtung einzelner Umstände. Ihre Ausführungen hierzu geben mir wertvolle Hinweise. Ihre Annahme ist richtig, dass nach dem 5. Jahr keine prozentuale Beteiligung der ursprünglichen Anteilsinhaberin an einem möglichen Wertzuwachs bei einem Wiederverkauf erfolgen soll. Die ursprüngliche Anteilsinhaberin ist altersbedingt aus den beiden Gesellschaften ausgeschieden. Die Verkäuferin hatte bereits vor einigen Jahren einen Teil ihrer Anteile an den jetzigen Käufer und einen weiteren Gesellschafter veräußert. Nun hat sie ihre noch verbliebenen Anteile veräußert. Die zwei verbliebenen Gesellschafter haben ein gutes Verhältnis zueinander und die Gesellschaften haben eine gute Marktposition. Ein Verkauf innerhalb der nächsten 5 Jahre scheint aus Käufersicht derzeit eher unwahrscheinlich. Dieser möchte bis zum eigenen Ruhestand in der Gesellschaft verbleiben.
Noch einmal vielen Dank für Ihre Hilfe!
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