Übergabeverträge mit Nießbrauch

Für alle Fragen rund um Kosten - neues Recht ab 01.08.2013
Antworten
Loumie
Foren-Praktikant(in)
Beiträge: 32
Registriert: 30.12.2015, 13:13
Beruf: ReNo
Software: Advoware
Wohnort: Niedersachsen

#1

09.06.2021, 10:57

Hallo,

ich habe hier zwei Übergabeverträge liegen und habe es schwer bei der Abrechnung. Ich bin eine Weile aus dem Notarbereich raus gewesen und urlaubsbedingt derzeit auf mich alleine gestellt bei solchen Fragen. Die Suchfunktion hat mir leider auch nicht weiterhelfen können.

ÜV 1: Vater überträgt die Wohnung (Grundbesitz I) auf Tochter I (Wert: 200.000 €) und lässt sich dafür ein Nießbrauch eintragen (Jahreswert 9.600 € x 5 (§ 52 Abs. 4) = 48.000 €). Das Grundstück ist belastet, die Löschungsbewilligung und der dazugehörige Brief hat der ÜG bei der Beurkundung dem Notar übergeben. Die Landwirtschaftsfläche (Grundbesitz II) im benachbarten Ort überträgt er an Tochter II (Wert 12.800 €).
Ich weiß, dass ich den Wert vom Grundbesitz I und den Wert vom Nießbrauch vergleichen muss. Es hakt bei mir jedoch bei der Gebühr vom Nießbrauch. Das eine Lexikon verweist auf 21100 KV und das andere auf 24102/21201 KV (in dem Fall ist es eine Ubgl. mit Entwurf). 21100 KV erscheint mir - zumindest in dieser Sache - höchst unwahrscheinlich. Ich würde die 0,5 aus 21201 für das Nießbrauch ansetzen. Mein Abrechnungsvorschlag:

2,0 21100 aus 200.000 € (Grundbesitz I) - 870,00 €
0,5 21201 aus 48.000 € (Nießbrauch) - 82,50 €
- Vergleich mit 2,0 aus 248.000 € - 1.070,00 €
Die getrennte Abrechnung ist kostengünstiger. Wie mache ich das jedoch jetzt mit dem Grundbesitz II? Mein Vorschlag:
2,0 21100 aus 212.800 € (Grundbesitz I und II) - 970,00 €
0,5 21201 aus 48.000 € (Nießbrauch) - 82,50 €


ÜV 2: Vater überträgt eine Gartenfläche (Grundbesitz I) auf Tochter I (Wert: 1.000 €) sowie das davorgelegene Haus (Grundbesitz II) auf Tochter II (Wert: 150.000 €). Für beide Grundbesitze lässt er sich ein Nießbrauch eintragen (Jahreswert 3.000 € x 5 (§ 52 Abs. 4) = 15.000 €). Die Grundstücke sind belastet, die LB und der GS-Brief wurden vom ÜG bei der Beurkundung an den Notar übergeben. Mein Abrechnungsvorschlag:

2,0 21100 aus 151.000 € (Grundbesitz I + II) - 708,00 €
0,5 21201 aus 15.000 € (Nießbrauch) - 45,50 €
- Vergleich mit 2,0 aus 166.000 € - 762,00 €
Die getrennte Abrechnung wäre auch hier kostengünstiger, sodass ich diese bei der Erstellung der Kostenberechnung ausweisen würde.

Bei beiden Fällen haben wir die LB/GS-Brief nicht angefordert, sodass m.E. dafür keine weitere Gebühr anfällt.

Wäre einer so nett und kann mir sagen, ob meine Vorschläge richtig waren bzw. wenn nicht, wie ich es stattdessen abrechnen muss?
svklein
Foren-Praktikant(in)
Beiträge: 31
Registriert: 14.10.2020, 10:58
Beruf: Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte
Software: RA-Micro

#2

09.06.2021, 12:17

Ich habe mir deine beiden Beispiele durchgelesen und stehe jetzt ehrlich gesagt gerade völlig auf dem Schlauch.
Den Vergleich mache ich immer anhand der Werte und nicht anhand der Gebühren. Also ich schaue, welchen Wert jemand mit der Übergabe bekommt, also nehmen wir mal an, das Objekt hat einen Wert von 200.000,00 €. Dann schaue ich mir die Gegenleistungen an. Das können z.B. wie bei dir das Nießbrauch sein, aber auch andere Dinge, wie z.B. Schuldübernahmen, Rückforderungsrechte etc. Wenn diese Gegenleistungen im Wert höher sind, also hier höher als 200.000,00 € sind, rechne ich eine 2,0 Gebühr nach dem insgesamten Wert der Gegenleistungen ab. Und andersrum, wenn die Gegenleistungen niedriger wären, dann wäre mein Wert für die 2,0 Gebühr 200.000,00 €.

Also ein völlig anderer Ansatz......
Martin Filzek
Foreno-Inventar
Beiträge: 2192
Registriert: 30.05.2008, 16:23
Beruf: Fachbuchautor KostenO/GNotKG), freibeuflicher Dozent, früher Notariatsmitarbeiter bzw. -BV

#3

09.06.2021, 14:36

Was svklein geschrieben hat ist ja völlig richtig. § 97 Abs. 3 besagt, dass bei Austauschverträgen die Leistungen der Vertragspartner zu vergleichen sind und nur die höhere Gegenleistung (wobei einzelne verschiedene Leistungen eines Vertragspartners zusammen zu rechnen sind) den Geschäftswert bildet.
Der Wert der Nießbrauchsrechte als jeweils geringerer Wert geht also nicht in den zu berechnenden Geschäftswert für die Kostenberechnung ein, wohl berücksichtigt bei beiden Verträgen jeweils in der vorletzten Zeile, wo die 2,0-Gebühr dann aus der Summe der übertragenen Grundstücke berechnet ist (wobei evtl. zu prüfen ist, ob einzelne Wertangaben nicht zu niedrig waren und die Verkehrswerte nicht höher als 12.800 und 1.000 Euro für einzelne Grundstücke waren?).

Die Bestellung der Nießbrauchsrechte und Bewilligung der Grundbuchanträge für deren Eintragung ist ebenso wie der Antrag auf Eigentumsumschreibung "nur" eine gegenstandsgleiche Durchführungs- und Sicherungserklärung i.S.v. § 109 Abs. 1, die dann zu keinen gesondert zu berechnenden Gebühren aus diesen Werten führt.

Zusammenfassung für alle künftigen Fälle: § 97 lesen, insbesondere Abs. 3, und zu gegenstandsgleichen Erklärungen gesamten § 109 lesen sowie als Ausnahmevorschrift für verschiedene Regelungen §§ 110 und 111.
Grundsätzlich gilt, dass nach §§ 35, 86 mehrere Rechtsverhältnisse zu addieren sind bei Bemessung der Gebühr. Ausnahme: § 109. Rückausnahmen: §§ 110, 111.

Skripen zu Seminaren Notarkostenschau kompakt 2020 - 2021 (Stand 15.10.2020 mit Hinweisen zu seit 1.1.2021 geänderten XML-Gebühren durch KostRÄG) für 25 € beziehbar: einfach Betellanschrift an info@filzek.de senden.
Auf www. filzek.de demnächst Hinweise zu neuen Seminaren im 2. Halbjarh 2021 sowie zum jederzeit mögilchen Notarkosten-Dienst (oder Inhouse-Seminar). :wink2
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
Antworten