Grundstückskaufvertrag mit Wohnrechtsverzicht und Abtretung

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tepptra
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#1

03.11.2020, 13:15

Liebe Forumaner,

ich brauche einmal wieder fachkundige Hilfe kostenrechtlicher Art:

Ich habe einen Grundstückskaufvertrag über 830.000,00 €, Abrechnung gegenüber den Käufern ist völlig klar und erledigt.

Gegenüber der Verkäuferin muss ich jetzt auch abrechnen, denn:
Es gibt die Besonderheit, dass zwischen der Verkäuferin als alleinige Eigentümerin und ihrem (noch) Ehemann, ein Wohnrechtsverzicht ihres Ehemannes (hat lebenslanges Wohnrecht, welches im Grundbuch nicht eingetragen ist) sowie die Abtretung der Verkäuferin eines erststelligen Teilbetrages aus der Kaufpreisforderung i. H. von 200.000,00 € an den Ehemann, abzgl. einer Restschuld für eine noch eingetragene und abzulösende Grundschuld (ca. € 9.000,00) zusätzlich im KV vereinbart wurde. Die Kosten dieser Vereinbarungen und der Lastenfreistellung trägt die Verkäuferin.

Der Wert des Wohnrechts wurde von der Verkäuferin und ihrem Ehemann mit 400,00 bis 500,00 € (€ 500,00 x 12 Monate = € 6.000,00) angegeben. Der Ehemann der Verkäuferin ist jetzt 53 Jahre alt. Nach einem „Kalkulator Lebenslanges Wohnrecht“ ist die Restlebenserwartung des Ehemannes der Verkäuferin 27,46 Jahre. Damit beträgt der Wert des Wohnrechts (€ 6.000,00 x 27,46 Jahre) unter Berücksichtigung eines Abzinsungsfaktors von 1,0000, € 164.760,00.

Kann mir jemand sagen, welche Gebühren für die Abtretung und den Wohnrechtsverzicht nach welchem Wert ich hier abrechnen muss? Ich stehe hier völlig auf dem Schlauch. ☹

Vielleicht kann mir ja jemand weiterhelfen.

Vorab schon einmal vielen Dank Eure Antworten.

Tepptra
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#2

04.11.2020, 12:51

Ohje, kann wirklich keiner helfen?
Knuddel
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#3

04.11.2020, 16:57

Hallo,

also ich würde glaube ich eine Gebühr nach 24102 nehmen und als Wert

200.000,00 € - die zu zahlende Darlehensvaluta
und dann das Wohnrecht mit 500,00 € x 12 x 10 gem. § 52 Abs. 4

bewerten. Ich glaube nicht, dass du von einem Faktor von 27,46 Jahre nach der Sterbetafel ausgehen kannst.
Nach meinem Dafürhalten müssen die Wohnrechte nach § 52 Abs. 4 bewertet werden.

Ich hoffe ich konnte zumindest ansatzweise helfen. :kopfkratz
Martin Filzek
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#4

05.11.2020, 22:23

tepptra hat geschrieben:
03.11.2020, 13:15
Liebe Forumaner,

ich brauche einmal wieder fachkundige Hilfe kostenrechtlicher Art:

Ich habe einen Grundstückskaufvertrag über 830.000,00 €, Abrechnung gegenüber den Käufern ist völlig klar und erledigt.

Aufgrund der Fragestellung insgesamt habe ich große Zweifel, dass die Abrechnung gegenüber den Käufern "völlig klar ..." war. Wahscheinlich ist es so, dass Euch nicht bekannt war, dass bei Zusammenfassung verschiedener Beurkundungsgegenstände in einer Urkunde nach §§ 35, 86 Gebühren aus dem Gesamtwert zu berechnen sind - im Fall von verschiedenen Gebührensätzen mit Kontrollberechnungen nach § 94 Abs. 1 GNotKG - und dass sich die höchstwahscheinlich ja entstandenen Vollzugs- und Betreuungsgebühren nach §§ 112, 113 Abs. 1 auch nach dem Wert des gesamten Beurkundungsverfahrens richten?
Ich vermute mal, dass jetzt so getan wurde, als gebe es all diese "Grundsätze" des GNotKG gar nicht, und einem "laienhaften" Gerechtigkeitsgefühl folgend (gegen das ich nichts sagen will und das auch seine Berechtigigung hätte, gäbe es die Überlegungen und Begrüdungen zum GNotKG nicht) wurde "so getan" als wäre der Kaufvertrag zwischen Verkäufer und Käufer allein beurkundet worden, was aber anscheinend nach den weiter folgenden Mitteilungen des Sachverhals nicht der Fall ist. Vielmehr wurde eine den Käufer nicht interessierende interne Vereinbarung zwischen Verkäuferin und deren Ehemann in derselben Urkunde (mit der guten Absicht wahscheinlich, dass eine Urkunde dann billiger ist als zwei separate Urkunden) mit beurkundet, und infolgedessen hat man nun folgenden "Salat":
Die interne Kostenregelung wird man wohl schon so verstehen können, dass den Käufer allein die Kosten treffen sollen, die falls man seinen Kaufvertrag allein beurkundet hätte (ohne die weiteren Vereinbarungen Verkäuferin und ihr Noch-Ehemann). Formell richtig wäre, wenn die Zusammenbeurkundung zulässig gewesen wäre (Maßstab siehe § 93 Abs. 2 GNotKG und Kommentierungen und Rspr. dazu), so dass dem Käufer letztlich als dessen Anteil die Kosten so wie wahrscheinlich berechnet in Rechnung gestellt werden konnten.
An Gebühren entstanden und in Kostenberechnung nach § 19 zu berechnen wären jedoch die vollen Beurkundungsgebühren aus dem zusammengerechneten Wert des Beurkundungsverfahrens und die aus diesem erhöhten Wert nach §§ 112 und § 113 Abs. 1 angefallenen Vollzugs- und Betreuungsgebühren. Unter diesem Ausweis der Gebühren könnte man dann schreiben in der Rechnung an Käufer: Davon ist ihr Anteil nach der internen Kostenvereinbarung in der Urkunde § ... S. ... der Kostenanteil der nur bei Beurkundung des Kaufvertrags ohne die weiteren Vereinbarungen entstanden wäre, dies sind ..... und dann folgt wahrscheinlich das, was ihr berechnet habt.

Die Differenz zu den tatsächlich entstandenen Beurkundungs- und Vollzugs- und Betreuungsgebühren wären dann in einer separaten Kostenberechnung der Verkäuferin und ihrem Ehemann bzw. dem der beiden, der insoweit die Mehrkosten übernommen hat, auszuweisen, wobei auch davor die vollständigen Gebühren aufzuführen wären.

Auch wenn für die Vereinbarungen VErkäuferin - Ehemann keine Vollzugs- und Betreuungstätigkeiten notwendig waren, würden dann die entspr. Anteile an den Gebühren (welche Käufer nicht tragen) Verkäufer bzw. Ehemann zu berechnen sein.


Gegenüber der Verkäuferin muss ich jetzt auch abrechnen, denn:
Es gibt die Besonderheit, dass zwischen der Verkäuferin als alleinige Eigentümerin und ihrem (noch) Ehemann, ein Wohnrechtsverzicht ihres Ehemannes (hat lebenslanges Wohnrecht, welches im Grundbuch nicht eingetragen ist) sowie die Abtretung der Verkäuferin eines erststelligen Teilbetrages aus der Kaufpreisforderung i. H. von 200.000,00 € an den Ehemann, abzgl. einer Restschuld für eine noch eingetragene und abzulösende Grundschuld (ca. € 9.000,00) zusätzlich im KV vereinbart wurde. Die Kosten dieser Vereinbarungen und der Lastenfreistellung trägt die Verkäuferin.

Der Wert des Wohnrechts wurde von der Verkäuferin und ihrem Ehemann mit 400,00 bis 500,00 € (€ 500,00 x 12 Monate = € 6.000,00) angegeben. Der Ehemann der Verkäuferin ist jetzt 53 Jahre alt. Nach einem „Kalkulator Lebenslanges Wohnrecht“ ist die Restlebenserwartung des Ehemannes der Verkäuferin 27,46 Jahre. Damit beträgt der Wert des Wohnrechts (€ 6.000,00 x 27,46 Jahre) unter Berücksichtigung eines Abzinsungsfaktors von 1,0000, € 164.760,00.

Kann mir jemand sagen, welche Gebühren für die Abtretung und den Wohnrechtsverzicht nach welchem Wert ich hier abrechnen muss? Ich stehe hier völlig auf dem Schlauch. ☹

Ich denke, das waren vertragliche Vereinbarungen zwischen Eigentümerin / Verkäuferin und ihrem Ehemann, für die auch die 2,0-Gebühr KV 21100 zu berechnen ist, was bei der entstandenen Beurkundungsgebühr für das gesamte Beurkundungsverfahren dann zu der 2,0-Gebühr aus dem Gesamtwert führt, die man wie oben vorgeschlagen aufteilen könnte. Ebenfralls mögliche wäre eine kompliziertere gequotelte Berechnung nach dem Verhältnis der Gesamtwerte Kaufvertrag einerseits gegenüber Verkäufer-Ehemann-Vereinbarungen andererseits zum Gesamtgeschäftswert, wodurch dann auch die Käuferseite von der Degression der Gebühren mehr als bisher profitieren würde.
Wie oben schon geschrieben, ist noch daran zu denken, dass auch anteilige Vollzugs- und Betreuungsgebühren Verkäufer bzw. Ehemann zu berechnen wären, siehe oben, ebenfalls mit der Möglichkeit, statt der Differenz eine genauere Quotelung nach dem Verhältnis der Werte vorzunehmen.

Beim Wert bin ich mir auch unklar, ob man unbedingt der oben von Knuddel vorgeschlagenen Meinung folgen muss, den kostenrechtlich für solche wiederkehrenden Rechte in § 52 folgen muss (hier zehnfacher Jahreswert) oder ob auch die vorgeschlagene Berechnung nach Lebenserwartung und Umrechnung des Wohnrechts in einen Kapitalwert möglich ist. Für letzteres spricht, dass so in etwa genauer die Gegenleistung der aufgegebenen Rechte wiedergespiegelt wird. Aber im Zweifel würde ich, um nicht zu viel zu berechnen, und da ich noch keien Zeit hatte, zu dieser Zweifelsfrage umfangreich alle Kommentare zu duchsuchen usw., auch erst mal vorschlagen, Knuddles Vorschlag zu folgen, da dies ja der kostenrechtlich vorgegebene Wert ist, zumal es ja auch um die Löschung des Rechts geht (+ natürlich schuldrechtliche Vereinbarung zur Ablösung / Erlöschen der Rechte).

Die oben geschilderten Probleme hätte man sich dann erspart, wenn man von Anfang an getrennte Urkunden für die beiden Rechtsverhältnisse (a = Kaufvertrag, b = Regelungen Veräuferin mit Ehemann) aufgenommen hätte, was m. E. keine unrichtige Sachbehandlung gewesen wäre und die Zweifelsfrage, ob die Zusammenbeurkundung hier nach § 93 Abs. 2 überhaupt zulässig war, außen vor gelassen hätte. Wenn man zu dem Ergebnis kommt, die Zusammenbeurkundung war gar nicht zulässig (weil die Vereinbarung Verkäuferin - Ehemann mit dem Käfuer und dessen Kaufvertrag ja nichts zu tun hat) sieht § 93 Abs. 2 ja auch vor, dass so abgerechnet werden muss, als wenn man richtigerweise getrennte Urkunden aufgenommen hätte.

Nächstes Notarkostenseminar in diesem Jahf am 18.11.2020 in Bremen mit viel Abstand und Hygienekonzept, siehe www.filzek.de, Anmeldungen möglich und willkommen. Wer das Büro oder Haus im November möglichst wenig verlassen möchte oder wen es sonst interessiert, kann das überarbeitete Skript gern für 25 Euro incl. Versandkosten und USt. bestellen, siehe auch auf u.a. Internetseite oder Bestellung an info@filzek.de. :wink2

Vielleicht kann mir ja jemand weiterhelfen.

Vorab schon einmal vielen Dank Eure Antworten.

Tepptra
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
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