Lern-Frage Teilflächenkaufvertrag

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Dino
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#1

14.09.2020, 23:32

Liebe alle,

ich bin gerade beim Lernen über das Thema Teilflächenkaufverträge gestoßen. Im Juni war mir das (kurz vor der schriftlichen Prüfung) noch ganz schlüssig, aber jetzt kommen mir (kurz vor der mündlichen Prüfung) wieder einige Fragen bzgl. der Kosten auf. Der Teilflächenkaufvertrag war auch Thema in der schriftlichen Prüfung, hat alles super geklappt, aber die Aufregung macht mich verrückt und ich kriege wieder Panik :panik . Ich wäre euch dankbar, wenn sich das einer mal durchlesen und ggf. seine Meinung äußern oder noch besser, meine Fehler korrigieren könnte (hinsichtlich der Kosten natürlich).


Es gibt zwei Arten von Teilflächenkaufverträgen ("TF-KV").

Variante 1.
TF-KV mit Fokus auf die Lage der Fläche - zB. Fläche zwischen Felshang und Bach. D.h. egal, wie groß die Fläche ist, man möchte exakt diese Fläche erwerben. Zb. für 80.000 €. Diese wird dann in einem Lageplan markiert und ist somit "exakt" bezeichnet. Nach der Vermessung erfolgt hierbei dann eine Identitätserklärung. Der Geschäftswert der Identitätserklärung beträgt 20 - 30% des TF-KVs (24.000,00 €) . Der Gebührentatbestand ("GBT") ist KV 25204/21201 mit einem Gebührensatz ("GBS") von 0,5.

Variante 2.
TF-KV mit Fokus auf die m², zB. A möchte eine Fläche von 1.000 m² erwerben. Nach der Vermessung erfolgt hierbei eine Messungsanerkennung ggf. mit entsprechender Kaufpreisanpassung.

Bsp. 1: TF-KV über 1.000 m² à 10,00 €/m², KP 10.000 €. Nach Vermessung beträgt die Fläche nur 950 m², KP also 9.500 €.
Der Geschäftswert wird hierbei wie folgt berechnet:
Für die Kaufpreisanpassung: 500,00 € (Differenzbetrag) GBT: KV 21100, GBS: 2,0
Für die neue Auflassung: 9.500 € (gesamter neuer KP) GBT: KV 21101, GBS: 0,5
Vergleichsberechnung nach § 94, GBS: 2,0 aus 10.000 €, richtig?

Bsp. 2: TF-KV über 1.000 m² à 10,00 €/m², KP 10.000 €. Nach Vermessung beträgt die Fläche nur 1.050 m², KP also 10.500 €.
Der Geschäftswert wird hierbei wie folgt berechnet:
Für die Kaufpreisanpassung: 500,00 € (Differenzbetrag) GBT: KV 21100, GBS: 2,0
Für die neue Auflassung: 10.500 € (gesamter neuer KP) GBT: KV 21101, GBS: 0,5
Vergleichsberechnung nach § 94, GBS: 2,0 aus 11.000 €, richtig?

Hierbei bin ich mir bei den Vergleichsberechnungen nicht mehr ganz sicher, ob die Werte so stimmen, aber nach § 94 Abs. 1 müsste das richtig sein. Soweit ich mich erinnere, gab es auch Unterschiede zwischen Diehn und Streifzug bei der KR für Messungsanerkennung nach "oben" / "unten". Aber das soll nicht mein Problem sein. :pfeif

Mein eigentliches Problem kommt erst jetzt:

Wenn man Variante 1. des TF-KVs nimmt und keine Auflassung im KV erklärt, sondern diese gesondert mit der Identitätserklärung, was berechne ich denn dann?
Der Diehn sagt (ich glaube auf S. 92 der 6. Aufl.), dass die Identitätserklärung und die Auflassung in derselben Urkunde gegenstandsgleich sind und man die Werte nach § 35 addieren muss. Mein Lehrer sagte hierzu nur (wir wurden bestens vorbereitet, danke Corona :roll: ): Voller Wert aus einer 0,5 Gebühr. Das irritiert mich nun etwas, denn der volle Wert wäre nach Variante 1 = 80.000 €. Nehme ich dann einfach wie bei Variante 1. als Wert 80.000 €, GBT: 21201, GBS: 0,5? Oder nehme ich dann für die Identitätserklärung 30 % vom Geschäftswert der Kaufvertragsurkunde, sprich 24.000 € und für die Auflassung den vollen Wert des KVs, also 80.000 € und addiere dann, wie Diehn es sagt, gem. § 35 diese beiden Werte und erhalte einen Geschäftswert von 104.000,00, GBT: KV 21201 GBS: 0,5?

Falls das jemand liest, dann schon mal :thx .

Vg, Dino :wink1
Martin Filzek
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#2

16.09.2020, 13:41

Im Fragebeutrag ist in dem letzten längeren Absatz in der zweiten zeile zwichen Urkunde und gegenstandsgleich noch das Wort nicht einzufügen. Sonst machen die nachfolgenden Ausführungen ja auch keinen Sinn und das Wort nicht ist in der zitierten Stelle bei Diehn ja auch unterstrichen enthalten, was anders als bei Grundbucheintragungen für "normale" Bücher natürlich nicht Rötung = Löschung bedeutet ;).
Ob die von Diehn vertretene Ansicht mit der im Buch dazu gegebenen Begründung richtig ist, dürfte wie schon von dir erkannt streitig sein, und die Auffassung des Lehrers dürfte der überwiegend wohl zu dieser Frage vertretenen Sichtweise von Notarkasse München, Streifzug durch das GNotKG, 12. Aufl. 2017, Rn. 2736, folgen.
Ich denke im Moment schon, dass man für die Entscheidung ob gegenstandsgleich oder -verschieden hier "großzügig" sein sollte und insbesondere im Prüfungsfall der von Streifzug und Lehrer gesehenen Sichtweise folgen sollte. Vielleicht gibt es noch keinen Extrapunkt, wenn in der Klausur zusätzlich darauf hingewiesen wird, dass zu dieser Frage Diehn a.a.O. eine andere Meinung vertritt mit der Begründung, es läge keine Gegenstandsgleichheit nach § 109 Abs. 1 vor, da die Auflassung nicht der Erfüllung der Identitätserklärung dient, sondern der Erfüllung des Kaufvertrags, der gesondert beurkundet wurde. Nach Auffassung von Diehn könne von gegenstandsgleichen Erklärungen nur bei in derselben Urkunde enthaltenen Erklärungen ausgegangen werden,weshalb seiner Auffassung nach die Werte zu addieren seien gem. § 35.
Sieht man es dagegen so, dass die Auflassung auch der durch den Kaufvertrag und die aktuell in derselben Urkunde dazu enthaltenen Ergänzung mit Identitätserklärung dient, und stellt mehr auf Sinn und Zweck von § 109 ab sowie auch darauf, dass dieser keine abschließende Aufzählung aller gegenstandsgleichen Erklärungen enthält, lässt sich die wohl überwiegend praktizierte Auffassung von Gegenstandsgleichheit beider Erklärungen auch rechtlich begründen.

Nächste Notarosten-Seminare in kleinen Gruppen mit großem Abstand und Super-Hygienekonzepten der Seminarhotels im Okt. - Nov. 2020 siehe u.a. Website. :wink2
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
Dino
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#3

16.09.2020, 21:46

Hallo Herr Filzek,

vorab erstmal vielen Dank für Ihre Ausführung.

Mein letzter Absatz bezieht sich bzgl. des Zitats aus dem Diehn nur auf den letzten Satz des Diehns. Dort heißt es sinngemäß „Gegenstandsgleichheit besteht in derselben Urkunde“ (wie Sie selbst weiter unten in Ihrer Antwort schreiben). Im vorherigen Satz schreibt er, dass IE und Auflassung nicht gegenstandsgleich sind. Meine Frage aber bezieht sich auf IE und Auflassung in derselben Urkunde. :mrgreen: Das macht mir etwas Sorgen.

Habe ich also richtig verstanden, dass beide u.g. „Berechnungen“ richtig sind, da es streitig ist? Sprich:

1. „Voller“ Wert, also Kaufpreis, hier: 80.000 €, GBT: 21201, GBS: 0,5.

2. Addierter Wert: 104.000 € (Identitätserklärung 30 % vom Geschäftswert der Kaufvertragsurkunde (24.000 €) und den vollen Wert des KVs für Auflassung (80.000 €) GBT: KV 21201 GBS: 0,5.

Falls das Thema in der mündlichen sein sollte, wären beide Varianten richtig, mit entsprechendem Hinweis darauf, dass es streitig ist? Mein Lehrer, der übrigens auch mein Prüfer sein wird, freut sich sicher über solche Ausführungen, er selbst neigt sehr gerne dazu, bei sämtlichen Aufgaben Dinge aufzuzählen, die auf keinen Fall in Betracht kämen/eventuell in Betracht kämen, aber aufgrund von sonst was ausgeschlossen werden/Vergleiche mit KostO, wovon ich dann aber keine Ahnung habe, da es zu meiner Zeit kein KostO mehr gab..

:thx

Vg, Dino
Dino
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#4

17.09.2020, 06:58

Hallo Herr Filzek,

ich habe nochmal nachgedacht. :nachdenk

Wenn man doch bei einem Kaufvertrag und der Auflassung von gleichem Gegenstand spricht und von der IE und der Auflassung ebenfalls; wieso möchte der Diehn denn dann, dass man die Werte von IR und Auflassung zusammenrechnet? Sie sind ja gegenstandsgleich genau wie KV und Auflassung, hierbei wird ja auch nichts zusammengerechnet? :kopfkratz

Jetzt bin ich verwirrt! Sagt er das nur, weil er der Auffassung ist, sie seien eigentlich gegenstandsverschieden, aber nur in derselben Urkunde gegenstandsgleich? Dann macht das doch gar keinen Sinn, irgendwelche Werte zusammenzurechnen? :schock

Mein Gott, das kann was werden..
Martin Filzek
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#5

17.09.2020, 11:44

Dino hat geschrieben:
16.09.2020, 21:46
Hallo Herr Filzek,

vorab erstmal vielen Dank für Ihre Ausführung.

Mein letzter Absatz bezieht sich bzgl. des Zitats aus dem Diehn nur auf den letzten Satz des Diehns. Dort heißt es sinngemäß „Gegenstandsgleichheit besteht in derselben Urkunde“ (wie Sie selbst weiter unten in Ihrer Antwort schreiben). Im vorherigen Satz schreibt er, dass IE und Auflassung nicht gegenstandsgleich sind. Meine Frage aber bezieht sich auf IE und Auflassung in derselben Urkunde. :mrgreen: Das macht mir etwas Sorgen.

Was du bisher missverstanden hast ist Folgendes: Diehns Auffassung beruht darauf, dass er Gegenstandsverschiedenheit deswegen annimmt, weil die Auflassung der Durchführung des zuvor in anderer Urkunde beurkundeten Kaufvertrags dient, und nicht der Durchführung der in derselben Urkunde enthaltenen Identitätserklärung.


Habe ich also richtig verstanden, dass beide u.g. „Berechnungen“ richtig sind, da es streitig ist? Sprich:

1. „Voller“ Wert, also Kaufpreis, hier: 80.000 €, GBT: 21201, GBS: 0,5.

2. Addierter Wert: 104.000 € (Identitätserklärung 30 % vom Geschäftswert der Kaufvertragsurkunde (24.000 €) und den vollen Wert des KVs für Auflassung (80.000 €) GBT: KV 21201 GBS: 0,5.

Falls das Thema in der mündlichen sein sollte, wären beide Varianten richtig, mit entsprechendem Hinweis darauf, dass es streitig ist? Mein Lehrer, der übrigens auch mein Prüfer sein wird, freut sich sicher über solche Ausführungen, er selbst neigt sehr gerne dazu, bei sämtlichen Aufgaben Dinge aufzuzählen, die auf keinen Fall in Betracht kämen/eventuell in Betracht kämen, aber aufgrund von sonst was ausgeschlossen werden/Vergleiche mit KostO, wovon ich dann aber keine Ahnung habe, da es zu meiner Zeit kein KostO mehr gab..

:thx

Die Frage, ob bei Prüfungen / Klausuren wenn eine Frage streitig ist, beide oder mehrere Lösungen "richtig" sind und zur vollen Punktzahl führen, dürfte wahrscheinlich auch sehr "streitig" und die Praxis unterschiedlich sein. Es gibt "Prüfer" bzw. zur Beurteilung Berufene, die vielleicht nur die von ihnen selbst für richtig angesehene (meist mehrheitlich) vertretene Meinung als richtig anerkennen und evtl. eine andere Lösung nach einer anderen Meinung dann als falsch und mit Punktabzug bewerten. Deshalb oben im früheren Antwortbeitrag der Rat, sich der überwiegenden Meinung anzuschließen und evtl. nur zusätzlich sein breites Wissen zu zeigen, indem auch die andere Meinung erwähnt wird, dann dürfte wohl am sichersten nichts Bewertungsschädliches passieren. Prüfer bzw. Schule / Universität usw. dürften da ihren eigenen Ermessensspielraum haben, der nur ganz bedingt einer gerichtlichen Kontrolle zugänglich ist, und objektiv unterschiedliche Prüfungsbewertungen sind nun mal menschlich ... ein weites Feld, auf das noch näher einzugehen weder hier noch andernorts einzugehen schwer nur möglich ist. Nicht jeder ist so weise, objektiv, tolerant und gerecht wie ich. Die Beschreibung deines Lehrers zeigt, dass er Freude an seinem Beruf hat und sicher auch über Hinweise auf andere Lösungsmöglichkeiten dankbar ist. Auch wenn er Vergleiche mit KostO bringt ist das zum rechtshistorischen Verständnis doch ganz sinnvoll und es sind ja nur erklärende zusätzliche Hinweise, die du nicht zu ernst nehmen brauchst und dir bei deiner Gewissenhaftigkeit überhaupt auch weiter keine Sorgen machen solltest, wenn du wie vorgeschlagen der Lehrer- und wohl auch überwiegend vertretenen Meinung in dieser Frage aus Streifzug folglst und nur evtl. zusätzlich auf die andere Sichtweise mit der dazu auch oben schon gegebenen anderen kurzen Begründung hinweisen würdest. Wahrscheinlich geht es bei dir nur um die Frage, ob die Note eine 1 oder eine 1 + falls es das gibt sein wird. Viel Glück bei Prüfung und im weiteren Leben. Und nicht vergessen, demnäcsht ein Notarkosten-Seminar zu besuchen oder anderen zu empfehlen sowie für alle ganz schwierigen Notarkosten-Fälle meinen Notarkosten-Dienst wie auch auf u.a. Website beschrieben. :wink2

Vg, Dino
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
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