Mehrwertsteuersenkung Grundschuld iVm § 873 BGB

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Sojana
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#1

10.07.2020, 12:34

Ich habe hier eine Grundschuld zur Abrechnung vorliegen, eigentlich ganz einfach, aber....
Die Urkunde wurde unterschrieben am 29.06.2020, soweit klar 19% Steuern
Mit Rücksicht auf § 873 Abs. 2 BGB haben wir die Urkunde für die Gläubigerin entgegengenommen, dieser Vermerk datiert auf den 01.07.2020. Muss die Betreuungsgebühr nun mit 16% berechnet werden?
Ich bin da noch sehr unsicher, vielen Dank schonmal
Martin Filzek
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#2

11.07.2020, 12:53

Genau hier in diesem Forum ist mit dem Titel USt.-Änderung Juli - Dez. 2020 Auswirkg. Notarkosten eine Eintragung, die auf einen bei GNotKG Rechtsprechung geposteten Beitrag verweist und die gestellte Frage aus meiner Sicht halbwegs beantwortet. Das Ganze ist auch auf meiner Internetseite www.filzek.de unter Aktuelles Juli 2020 als kostenloses PDF von 2,5 Seiten zum Herunterladen zu finden.

Die Ansichten die konkret zu deiner Frage derzeit vertreten werden gehen auseinander: nach Diehn würde man es so sehen, dass Hauptleistung die Beurkundung der Grundschuld ist und die Betreuungstätigkeit KV 22200 Nr. 7 zur Herbeiführung der Bindungswirkung nach § 873 Abs. 2 BGB "nur" eine Nebentätigkeit dazu, die das "umsatzsteuerliche Schicksal" der Hauptleistung teilt, ergo 19 % für alles.
Maßgeblich ist das, was das UStG in § 27 Abs. 1 zum Zeitpunkt der Leistungserbringung regelt.
Andererseits gibt es aber auch nach dem UStG selbständige Teil-Leistungen, für die man auf diesen Zeitpunkt der vollständigen Leistungserbringung abstellen könnte. Dann ist es m. E. auch mögliclh, wenn man das UStG allein für maßgeblich hält, für die spätere Betreuungstätigkeit 16 % zugrunde zu legen und insoweit eine separate Rechnung auszutellen. Das kommt dann ja auch dem privaten Kunden zugute, der insgesamt etwas weniger zahlt, ist also auch kundenfreundlich.
Zu demselben Ergebnis kommen die Vertreter der Meinung, die wie bei früheren USt.-Änderungen (zuletzt zum 1.1.2007) auf dei Regelung der Fälligkeit in den jeweiligen Kostengesetzen (damals § 7 KostO, heute§ 10 GNotKG) abstellen wollen, z. B. Elsing in Rundbrief notarbüro oder demnächst wohl auch in RENOpraxis. Da die Tätigkeit mit der Entgegennahme und Bescheinigung erst am 1.7. ausgeübt und erbracht wurde, letzteres also auch nach dieser Auffassung separat mit 16 %.

Da die Finanzverwaltung wohl beide "Methoden" als vertretbar ansieht, kann man machen was man will, und ich empfehle, es immer so zu handhaben, dass bestmöglich die USt.-Senkung ausgenutzt wird, und zunächst für dei Übergangshzeit nach dem 1.7. bzw. nach dem 30.6. der Auffassung gefolgt wird, die auf die Fälligkeit abstellt nach Kostengesetzen der Notare (jetzt § 10 GNotKG) bzw. von einer selbständigen Teil-Leistung nach UStG, die separat berechnet werden kann, auszugehen.
Für die Zeit einige Zeit vor dem Jahreswechsel empfehle ich dann, die eigene "Meinung" zu ändern und der "neuen" Ansicht von Diehn - Hauptgeschäft immer ma´ßgebend - zu folgen, da dann auch in Januar und folgenden Monaten Bereuungs- und Vollzugsgebühren u. Ä. noch mit 16 % berechnet werden können, was für die privaten Mandanten gut und kundenfreundlich ist.

Bitte meine Seite besuchen und sich auch die Seminare zu wichtigeren Fragen ansehen, die im Okt. und Nov. wieder stattfinden in 5 Großstädten. Die Gedanken aus dem 2,5-Seiten PDF werde ich kurzfristig noch einmal gründlicher für das Skript ausarbeiten und auch die Frage näher untersuchen, wie bei der m. E. rihtigen Zugrundelegung nur des Leistungszeitpunkts nach UStG auch Teil-Leistungen für die selblständige Gebühren entstehen, so behandelt werden können, ohne auf die m. E. unglücklichen Regelungen zur Fälligkeit abzustellen. Da ist nämlich das von vielen verkannte Problem, dass die Fälligkeit total streitig ist und richtiger Ansicht nach entsteht m. E. z. B. die Betreuungsgebühr für Kaufveträge schon unmittelbar nach der Beurkundung, da ab diesem Zeitpunkt ja schon auf die mitbeurkundete und zu überwachende Auflassung "aufgepasst" wird, dass sie nicht - mit erheblicher Haftungsgefahr - vorzeitig versehentlich doch ausgefertigt wird und Schaden anrichtet. Kommt es in seltenen Fällen künftig nicht zur Vertragsdurchführung, ist die Gebühr deshalb trotzdem ja zu berechnen, weil sie im Ansatz schon mit de Abschluss der Beurkundung entstanden ist. Es ist ja keine "Erfolgsgebühr". Dasselbe gilt für Vollzugtätigkeiten: wenn irgendeine von mehreren Genehmigungen letztlich nicht erteilt wird, ist diese Gebühr dennoch zu berechnen, wenn nur die erste Vollzugshandlung schon gemacht wurde. Deshalb sind die ganzen Regelungen zur Fälligkeit "untauglich", auch unter Berücksichtigung dass Vorschüsse nach § 15 GNotKG ja in jedem Fall schon mit der ersten Rechnung nach der Beurkundung erhoben werden könnten.
Das alles ist so kompliziert, dass es ein durchschnittlicher Notar oder Notarangestellter erst in den nächsten Monaten langsam versteht, so dass die Meinungsänderung für den Zeitpunkt ca. Mitte November dann auch gut nachzuvollziehen ist, falls lüberhaupt irgend jemand auf die Idee kommt und die Zeit und Energie hat, all diese komplizierten Dinge nachprüfen und es besser wissen zu wollen, was extrem unwahrscheinlich ist.

Ich fasse die "Methode Filzek" also wie folgt zusammen: Wir machen immer das, was zum geringstmöglichen USt.-Satz für spätere Teil-Leistungen / Fälligkeiten führt. In den Monaten Juli - Sept. (falls Beurkundung bis Juni) also 16 % für diese späteren Leistungen. In dem Monaten Jan. - ca. März / April 2021 (wenn Beurkundung bis Dez. 2020) gehen wir von Nebenleistungen aus, die das umsatzsteuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen, also auch dann 16 % (für alles).
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
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