Zurückbehaltung von Anträgen

Für alle Fragen rund um Kosten - neues Recht ab 01.08.2013
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Ramona A.
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#1

17.06.2020, 16:25

Hallo, ich habe eine allgemeine Frage:
Ich arbeite seit zwei Monaten in einer anderen Kanzlei und dort wird naturgemäß einiges anders gemacht. Bei einem Kaufvertrag wird z.B. nach Beurkundung sofort abgerechnet, die Vollzugsgebühr dann mit Fälligkeitsmitteilung (ich habe immer alles erst mit Fälligkeitsmitteilung abgerechnet, weil die Betreuungsgebühr ja eigentlich erst dann anfällt)
Wenn der Käufer dann z.B. nicht bezahlt, wird der Antrag auf Eigentumsumschreibung nicht gestellt. Er wird dann informiert, dass der Antrag erst gestellt wird, wenn die Kostenrechnung bezahlt wird.
Ich kenne dies so nicht und bin mir nicht sicher, ob es dazu wirklich eine rechtliche Grundlage gibt. Meine neue Kollegin konnte mir eine entsprechende Frage nicht beantworten ("machen wir schon immer so"), habe aber auch bei der Recherche keine Antwort gefunden. Hat der Notar denn tatsächlich so ein "Zurückbehaltungsrecht"?
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NoFaWi
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#2

18.06.2020, 11:59

Ja, kann man
Lies aber dazu § 11 GNotKG i.V.m. § 53 BeurkG
Martin Filzek
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#3

18.06.2020, 13:54

Etwas unbedenklicher wäre die im neuen Büro gehandhabte Praxis dann, wenn die Zahlung der Notarkosten auch im Innenverhältnis von Verkäufer und Käufer zur Vollzugsvoraussetzung (durch entspr. Formulierung im Kaufvertrag) gemächt ist, vgl. hierzu Rupp notar 2015 S. 58 f. sowie Otto, NotBZ 2015, 95 ff. und ich in Seminarskript letzte Auflage S. 94 f. (Seminare bei www.filzek.de, Seminarskript kann auch isoliert bezogen werden).
Denn wie der Wortlaut von § 11 GNotKG schon belegt, köntne ja sonst § 53 BeurkG gegen ein Zurückbehaltungsrecht sprechen, wenn es "nur" um die Sicherung des Notars geht. Es gbt einen Haufen Rechtsprechung in letzter Zeit, die das problematisiert und für den Normalfall - wo die oben genannten Regelungen im Innenverhältnis nicht vorliegen - davon abrät, von dem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch zu machen, wenn die Urkunde ansonsten vollzugsreif ist. Das steht natürlich im Widerspruch zur Möglichkeit des Notars, vorher Vorschüsse zu verlangen nach § 15 GNotkG, denn nach Beurkundung (die ohne vorherigen Vorschuss gemacht würde) läuft es dann ja "leer".
Wenn sich die Mandanten beschweren oder ein Revisor oben geschilderte Praxis sieht, könnte es Riesenärger geben wg. Verstoß gegen §§ 11 GNotKG, 53 BeurkG (es sei denn es ist auch Auflage zwischen den Parteien selbst, die dann "indirekt" dem Notar zugute kommt).

Weiter ist immer zwischen Entstehen einer Gebühr und Fälligkeit zu unterscheiden, das können unterschiedliche Zeitpunte sein. Aber dass eine Gebühr noch nicht fällig geworden ist, schließt nicht aus, einen Vorschuss dafür zu verlangen.

Nächstes Seminar halbtags 13 - 17.15 Uhr zum Notarkostenrecht Notarkostenschau kompakt am Dienstag, 23. Juni 2020 in Hamburg, spontane Anmeldungen sind noch möglich und willkommen. Danach fünf Seminare in anderen Städten erst in Oktober und November wieder, siehe hier im Forum oben bei Fort- und Weiterbildung oder auf u.a. Webseite. :wink2
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
elena94
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#4

18.06.2020, 17:56

Ich hätte da auch zu viel Angst, aus solchen Gründen dann bei der nächsten Prüfung auf den Deckel zu bekommen, wegen § 53 BeurkG.

Nach meinen bisherigen Erfahrungen zahlen die Mandanten im Notariat doch eigentlich am zuverlässigsten und die Nicht-Zahler sind eher Einzelfälle. Gerade bei Kaufverträgen werden doch heutzutage sogar die Kaufnebenkosten oft mitfinanziert und das Geld ist dann auf jeden Fall vorhanden. Teilweise zahlen diese Leute dann nur etwas später (manche rufen hier dann auch an und geben deshalb Bescheid), da sie noch keine entsprechende Auszahlung seitens ihrer finanzierenden Bank bekommen haben. Im Anwaltsbereich haben wir schon immer deutlich mehr Probleme mit zahlungsunwilligen Mandanten. Für den Notar ist die Vollstreckung bzw. Beitreibung von Kosten ja sogar im Zweifelsfall noch einfacher, da er sich selbst vollstreckbare Ausfertigung der Kostenrechnung erteilen kann, usw. Aber das es soweit kommen muss, das kommt bei uns auch echt sehr selten vor, deshalb würde ich nicht grundsätzlich Umschreibungsanträge zurückhalten...
Liebe Grüße :wink1
Eli
Ramona A.
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#5

22.06.2020, 13:42

So sehe ich das eigentlich auch, insbesondere weil der Notar ja einen Abwicklungsauftrag hat.
Ich hatte in meiner alten Kanzlei damit nie Probleme, habe allerdings auch anders abgerechnet. Ich habe zusammen mit der Fälligkeitsmitteilung alle anfälligen Gebühren abgerechnet. Hier gibt es ja zwei Rechnungen, was nach meiner Meinung die Leute nur verwirrt, weil der Gedanke "ich hab' ja schon was bezahlt" im Vordergrund steht.
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