Kaufvertrag und Wohnungsrecht für Dritte

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Disgast
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#1

05.02.2020, 12:01

Hallo!

Ich habe einen Kaufvertrag bei dem K von V eine Immobilie kauft und gleichzeitig für E (seine Eltern) ein Wohnungsrecht für die OG-Wohnung bestellt.

Da das Recht ja für Dritte bestellt wird, stellt es doch keine Werterhöhung des Kaufpreises dar, welche ich sonst gemäß § 47 im Vorfeld hinzurechnen müsste, oder?

Ich würde hier dann jetzt nämlich gemäß § 94 Folgendes berechnen:

KP: 140.000 € - 2,0 Gebühr = 708 €
Wohnungsrecht (gem. § 52): 48.000 € - 0,5 Gebühr = 82,50 €
Zusammen: 790,50 € ist weniger als 2,0 Gebühr nach 188.000 € (870 €)

Muss man in solchen Fällen grundsätzlich auch schauen und ggf. dahingehend beraten, wenn eine getrennte Beurkundung der Wohnungsrechtbestellung günstiger wäre?
Eine Zusammenbeurkundung ist ja in diesem Fall nicht erforderlich, sondern nur etwas praktischer, als würde man nach Eigentumsumschreibung die Bestellung des Wohnungsrechts noch einmal separat veranlassen.

Danke und allen einen schönen Tag!
Martin Filzek
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#2

05.02.2020, 13:32

Disgast hat geschrieben:
05.02.2020, 12:01
Hallo!

Ich habe einen Kaufvertrag bei dem K von V eine Immobilie kauft und gleichzeitig für E (seine Eltern) ein Wohnungsrecht für die OG-Wohnung bestellt.

Da das Recht ja für Dritte bestellt wird, stellt es doch keine Werterhöhung des Kaufpreises dar, welche ich sonst gemäß § 47 im Vorfeld hinzurechnen müsste, oder?

Leider wird aus der Schilderung nicht deutlich, worauf sich "... für E (seine Eltern)" bezieht. Nach den Sprach- und Grammatikregeln oder wie das genannt wird, wäre es wohl auf den zuletzt genannten Verkäufer zu beziehen. In diesem Fall wäre es zwar eine Bestellung zugunsten von Dritten i.S.v. § 109 Abs. 1 S. 1 - 3, aber auch gegentandsgleich, und es würde wie eine durch den Erwerber übernommene Verpflichtung gegenüber dem Verkäufer angesehen, die dann natürlich eine zusätzliche Leistung des Erwerbers gem. § 47 S. 2 wäre und unmittelbar beim Rechtsverhältnis Kaufvertrag mit hinzu zu rechnen wäre auf Seiten der Gegenleistungen.
Wahrscheinlich ist es aber missverständlich ausgedrückt und die Eltern des Käufers waren gemeint? Dann stimmt natürlich die obige Vermutung und nachfolgende Wertberechnung und Gebührenberechnung zu entstehenden Beurkundungsgebühren, und es wären gegenstansverschiedene Erklärungen mit verschiedenen Gebührensätzen (Berechnung nach § 94 Abs. 1, hier Einzelgebühren günstiger). Allerdings würden sich über §§ 35, 86, 112 und 113 die Werte für entstehende Vollzugs- und Betreuungsgebühren m. E. unnötig durch die Zusammenbeurkundung dann erhöhen.


Ich würde hier dann jetzt nämlich gemäß § 94 Folgendes berechnen:

KP: 140.000 € - 2,0 Gebühr = 708 €
Wohnungsrecht (gem. § 52): 48.000 € - 0,5 Gebühr = 82,50 €
Zusammen: 790,50 € ist weniger als 2,0 Gebühr nach 188.000 € (870 €)

Muss man in solchen Fällen grundsätzlich auch schauen und ggf. dahingehend beraten, wenn eine getrennte Beurkundung der Wohnungsrechtbestellung günstiger wäre?

Meiner Meinung nach ja (könnte aber nach der notarfreundlichen Literatur einiger Kommentatoren streitig sein), denn wer sonst als der Notar sollte die Kostenfolgen kennen und müsste daher wissen, dass hier durch die Zusammenbeurkundung sich die Vollzugs- und Betreuungsgbühren unnötig verteuern, was man durch getrennte Beurkundung leicht vermeiden könnte. Wenn natürlich in speziellen Fällen - wo keine Vollzugsgebühren und Betreuungsgebühren anfallen, selten wohl - keine Erhöhung eintritt besteht natürlich auch kein Bedarf über Mehrkosten zu belehren.

Eine Zusammenbeurkundung ist ja in diesem Fall nicht erforderlich, sondern nur etwas praktischer, als würde man nach Eigentumsumschreibung die Bestellung des Wohnungsrechts noch einmal separat veranlassen.

"Etwas praktischer" kann ich nur insoweit nachvollziehen, dass es dann eine Urkunde statt zwei sind. Aber das ist natürlich (m. E.) keine Grund, erhebliche Verteuerungen bei Vollzugs- und Betreuungsgebühren zu Lasten der Kostenschuldner "in Kauf zu nehmen".

Danke und allen einen schönen Tag!
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Martin Filzek
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#3

05.02.2020, 17:17

Noch ergänzende Hinweise für den Fall, dass es ein Wohnungsrecht für die Eltern des Erwerbers war:

Die Zusammenbeurkundung in nur einer Urkunde wäre dann m. E. auch nach § 93 Abs. 2 GNotKG als unzulässig zu werten. Durch diese Regelung soll zwar im Ergebnis ein unzulässiger Gebührenrbatt für die Beteiligten bei Zusammenbeurkundung von nicht Zusammengehörigem verhndert werden (was nur dann eintritt, wenn bei der Berechnung nach § 94 Abs. 1 sich der Degressionsvorteil auswirkt und die Berechnung der höchsten Gebühr aus dem zusammengerechneten Wert billiger ist als die einzeln berechneten Gebühren, oder bei gleichen Gebührensätzen natürlich die Degression zum selben Gebührensatz verschiedener Erklärungen), während hier wegen der billigeren Einzelgebühren bei den Beurkundungsverfahrensgebühren kein Vorteil in der Kostenhöhe für den Beteiligten (Käufer) eintritt. Im Gegenteil würde wie gesagt sich die Gesamthöhe an Notarkosten wegen des höheren Wertes (§§ 35, 86, 112, 1113) von Vollzugs- und Betreuungsgebühren wahrscheinlich erhöhen. Aber auch das würde ja verhindert, wenn man § 93 Abs. 2 beachtet.
Man wird deshalb ja auch nicht auf die Idee kommen, im Anschluss an den Kaufvertrag die Bestellung einer Finanzierungsgrundschuld noch in dieselbe Urkunde aufzunehmen. Daher war es also keine gute Idee, die Wohnungsrecht-Bestellung hier mit in dieselbe Urkunde mit dem Veräußerungsvertrag aufzunehmen.

Erklären kann man sich das häufig dadurch, dass ein Bewusstsein über die entstehenden Kosten bei Zusammenbeurkundung oder getrennte Urkunden mit unterschiedlichen Auswirkungen auf Beurk.-verf.-gebühren und etwaige Vollzugs- und Betreuungsgebühren bei vielen Notaren oder vorbereitenden Notaragestellten nicht besteht. Wahrscheinlich meint man irgendwie, den Beteiligten mit der Zusammenfassung in einer Urkunde im Zweifel einen Gefallen zu tun und eine evtl. Gebührenersparnis zu bewirken (was wie beschrieben oft gerade nicht der F'all ist). Einer Verbesserung dieses Zustands sollen die angebotenen Seminare (demnächst wieder in Mai und Juni in sechs Großstädten und 2 Tage längeres Seminar an Örtchen in Nordseenähe, siehe hier im Forum bei Fort- und Weiterbildung oder auf Seite www.filzek.de, dienen.

Wenn keine Zeit für die Seminarteilnahme vorhanden ist, kann das Schriftmaterial / Skripten auch unabhängig davon gegen kleinen Kostenbeitrag bezogen werden, siehe unter Skripten auf u.a. Website. ;)
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