Übertragsvertrag mit Eintragung Nießbrauchsrecht

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JB86
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#1

10.10.2019, 10:39

Guten Morgen,

ich habe einen Übertragsvertrag abzurechnen. Es wurde die Eintragung eines Nießbrauchsrechts von dem Übertragsnehmer für den Übertragsgeber (Mutter und Tochter) bewilligt und beantragt. Es sollte auch eine Rückauflassungsvormerkung zu Gunsten des Übertragsgebers eingetragen werden.

Zunächst mal zum Wert:
Im Vertrag wird der Wert des Grundbesitzes mit 150.000,00 € angegeben, der Jahreswert des Nießbrauchsrechts mit 2.900,00 € (Was ich etwas wenig finde für die Nutzung der gesamten fast 1.100 m² großen Wohnung :kopfkratz ).

Der Nießbrauchsberechtigte ist 69 Jahre alt, daher wäre der 10-fache Jahreswert anzusetzen, also 29.000,00 €. Nach § 47 GnotKG ist der Wert doch hinzuzurechnen oder? Allerdings verstehe ich Satz 3 nicht, was ist der Verkehrswert? Ist das nicht 150.000,00 € bzw. ist der Verkehrswert bei Kaufverträgen nicht der Kaufpreis? :oops:
Für die Rückauflassungsvormerkung (habe in meinem Buch nur "Wiederkaufsrecht" gefunden, ich denke mal das ist das gleiche) soll es ja nach § 51 Abs. 1 nochmal den halben Wert des Gegenstands geben, also 75.000,00 €.

Also wäre es richtig, eine 2,0 Beurkundungsgebühr nach 21100 KV aus dem Wert 150.000,00 € (Wert Grundbesitz) + 29.000,00 € (Nießbrauchsrecht) + 75.000,00 € (Rückauflassungsvormerkung) = 254.000,00 € ? :kopfkratz

Außerdem gibt es im Vertrag noch eine Schuldübernahme: "Der Übertragsnehmer übernimmt das Grundpfandrecht Abt. ... mit den zu Grunde liegenden schuldrechtlichen Verpflichtungen mit Wirkung ab dem Tage der Übergabe zur Alleinigen weiteren Verzinsung und Tilgung." Wir mussten eine Gläubigergenehmigung einholen zur Schuldübernahme. Was ist damit? :sad: Müsste ich dazu nicht wissen, in welcher Höhe die Grundschuld noch besteht? Eingetragen war sie mit knapp 400.000,00 €.

Weiterhin gibt es noch einen § - Pflichtteilsverzicht. Dort steht, dass die Überlassung unentgeltlich erfolgt, jedoch in Anrechnung auf die künftigen Pflichtteilsansprüche der Übertragsnehmers am Nachlass des Übertragsgebers.

Oder müsste ich § 97 Abs. 3 hier anwenden? Dann wäre der Wert des Grundbesitzes (150.000,00 €) niedriger als die Gegenleistungen. Die Gegenleistungen wären dann: Nießbrauchsrecht 29.000,00 €, Rückauflassung 75.000,00 €, Schuldübernahme ??? €, Pflichtteilsverzicht ??? € ?

Vollzugsgebühr etc. ist klar. Es geht mir hauptsächlich mal wieder um die Wertberechnung :-?
Bitte um Verständnis für "blöde" Fragen, bin unfreiwillige Notariatsanfängerin :oops:
Martin Filzek
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#2

10.10.2019, 14:12

JB86 hat geschrieben:
10.10.2019, 10:39
Guten Morgen,

ich habe einen Übertragsvertrag abzurechnen. Es wurde die Eintragung eines Nießbrauchsrechts von dem Übertragsnehmer für den Übertragsgeber (Mutter und Tochter) bewilligt und beantragt. Es sollte auch eine Rückauflassungsvormerkung zu Gunsten des Übertragsgebers eingetragen werden.

Zunächst mal zum Wert:
Im Vertrag wird der Wert des Grundbesitzes mit 150.000,00 € angegeben, der Jahreswert des Nießbrauchsrechts mit 2.900,00 € (Was ich etwas wenig finde für die Nutzung der gesamten fast 1.100 m² großen Wohnung :kopfkratz ).

Der Nießbrauchsberechtigte ist 69 Jahre alt, daher wäre der 10-fache Jahreswert anzusetzen, also 29.000,00 €. Nach § 47 GnotKG ist der Wert doch hinzuzurechnen oder? Allerdings verstehe ich Satz 3 nicht, was ist der Verkehrswert? Ist das nicht 150.000,00 € bzw. ist der Verkehrswert bei Kaufverträgen nicht der Kaufpreis? :oops:
Für die Rückauflassungsvormerkung (habe in meinem Buch nur "Wiederkaufsrecht" gefunden, ich denke mal das ist das gleiche) soll es ja nach § 51 Abs. 1 nochmal den halben Wert des Gegenstands geben, also 75.000,00 €.

Also wäre es richtig, eine 2,0 Beurkundungsgebühr nach 21100 KV aus dem Wert 150.000,00 € (Wert Grundbesitz) + 29.000,00 € (Nießbrauchsrecht) + 75.000,00 € (Rückauflassungsvormerkung) = 254.000,00 € ? :kopfkratz

Außerdem gibt es im Vertrag noch eine Schuldübernahme: "Der Übertragsnehmer übernimmt das Grundpfandrecht Abt. ... mit den zu Grunde liegenden schuldrechtlichen Verpflichtungen mit Wirkung ab dem Tage der Übergabe zur Alleinigen weiteren Verzinsung und Tilgung." Wir mussten eine Gläubigergenehmigung einholen zur Schuldübernahme. Was ist damit? :sad: Müsste ich dazu nicht wissen, in welcher Höhe die Grundschuld noch besteht? Eingetragen war sie mit knapp 400.000,00 €.

Weiterhin gibt es noch einen § - Pflichtteilsverzicht. Dort steht, dass die Überlassung unentgeltlich erfolgt, jedoch in Anrechnung auf die künftigen Pflichtteilsansprüche der Übertragsnehmers am Nachlass des Übertragsgebers.

Oder müsste ich § 97 Abs. 3 hier anwenden? Dann wäre der Wert des Grundbesitzes (150.000,00 €) niedriger als die Gegenleistungen. Die Gegenleistungen wären dann: Nießbrauchsrecht 29.000,00 €, Rückauflassung 75.000,00 €, Schuldübernahme ??? €, Pflichtteilsverzicht ??? € ?

Ja, das wäre richtig bei allen Austauschverträgen, zu denen natürlich auch ein Übertragungsvertrag gehört. Den Wert der Schuldübernahme durch Anfrage an die Beteiligten oder auch an die Bank (die ja wegen Schuldübernahme sowieso anzuschreiben ist) erfragen, Wert Pflichtteilsverzicht wenn erklärt (geht aus SV.-Schilderung nicht ganz hervor, wenn nur Anrechnung vereinbart wohl kein Verzicht? sonst Quote herausfinden für Berechnung Pflichtteilsverzicht § 102, siehe auch in Notarkasse, Streifzug unter Erb- und Pflichtteilsverzicht, Wert) usw.
Beim Wert des Nießbrauchs könnte natürlich tatsächlich die Wertangabe zu niedrig sein, und evtl. auch für das Grundstück? (wenn früher Recht in Abt. III mit 400.000 Euro eingetragen war spricht das für einen wesentlich höheren Wert des Grundstücks als nur 150.000 Euro). Evtl. daher die Wertangaben kritisch überprüfen und nicht unkritisch übernehmen, könnte sonst Verstoß gegen § 125 sein, vgl. Filzek, KostO, 4. Aufl. 2009, Vor § 18 Rn. 17 f. zu Wertangaben der Beteiligten, und heute in Kommentarliteratur zu §§ 46, 95


Vollzugsgebühr etc. ist klar. Es geht mir hauptsächlich mal wieder um die Wertberechnung :-?
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
JB86
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#3

10.10.2019, 14:37

Also meine letzte Berechnung ist richtig, der höhere Wert der zusammengerechneten Austauschleistungen, da dieser höher ist als der Grundstückswert, ja?

Und wegen dem Verzicht, dort steht tatsächlich nur, dass die Überlassung in Anrechnung auf die künftigen Pflichtteilsansprüche erfolgt. Die Überschrift lautet aber "Pflichtteilsverzicht". Hmmm :vogel
Für die Anrechnung gibt's dann aber nichts dazu wertmäßig oder?
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Martin Filzek
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#4

10.10.2019, 18:06

Die Antwort auf die letzte Frage lautet: Ja, deine Vermutung ist richtig.
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#5

11.10.2019, 09:08

Guten Morgen,

habe nochmal die Akte durchgeblättert. Bei dem Grundbesitz handelt es sich übrigens um Wohnungseigentum, das hatte ich nicht gesehen, daher könnte der Wert 150.000,00 € passen. Die eingetragene Grundschuld ist so hoch, weil Gesamthaft mit weiteren Grundstücken besteht. Es sind auch nicht knapp 1.100 m², das ist das gesamte Objekt, sondern nur ein Miteigentumsanteil davon. Da habe ich falsch geguckt, sorry. :pfeif
Aber dann machen die Wertangaben auch mehr Sinn.

Daher berechne ich jetzt den Wert so:
Nießbrauchsrecht 29.000,00 €
Rückauflassung + 75.000,00 €
Summe 104.000,00 €
Schuldübernahme + muss ich noch erfragen wie hoch´

Wenn die Grundschuld noch höher als 46.000,00 € ist, dann nehme ich diesen zusammengerechneten Wert. Wenn weniger, dann die 150.000,00 €.

Danke Herr Filzek :wink2
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#6

11.10.2019, 13:24

Ja, das klingt alles sehr plausibel und ist m. E. wohl konform mit dem Gesetz (GNotKG). Schönes Wochenende. :wink2
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