Erbteilsübertragung und Übertragsvertrag

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JB86
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#1

18.09.2019, 10:44

Hallo,

habe mal wieder eine schöne Sache abzurechnen: Wir haben eine Urkunde, Teil I. Erbteilsübertragung und Grundbuchberichtigung, Teil II. Übertragsvertrag. Wir haben drei Erschienene, 1) und 2) sind Erben (Geschwister) in Erbengemeinschaft, die Erschienene zu 3) ist die Tochter der Erschienenen zu 1).

Bei der Erbteilsübertragung soll der Anteil der Erschienenen zu 2) an der Erbengemeinschaft auf die Erschienene zu 1) übertragen werden, sodass die Erschienene zu 1) Alleineigentümerin des Erbbaurechts wird.

Beim Übertragsvertrag soll dann das Erbbaurecht der Erschienenen zu 1) auf die Erschienene zu 3) (Tochter) übertragen werden.

Als Gegenleistung für die Übertragung soll die Erschienene zu 3) an die Erschienene zu 2) 30.000,00 € zahlen (Erfüllung eines Vermächtnisses aus dem Testament des Erblassers) und an die Erschienene zu 1) 10.000,00 € für die Übertragung des Erbteils an die Erbengemeinschaft, insgesamt also 40.000,00 €.

In Teil II. Übertragungsvertrag wurde der Wert des Grundbesitzes mit 160.000,00 € angegeben und der Jahreswert für ein einzutragendes Nießbrauchsrecht für die Erschienene zu 1) (54 Jahre alt) mit 9.500,00 €.

Ich weiß gar nicht wie ich anfangen soll.
Erbteilsübertragung und Berichtigungsantrag sind verschiedene Beurkundungsgegenstände habe ich gelesen. Da unterschiedliche Gebührensätze zur Anwendung kommen musss man § 94 Abs. 1 beachten. Anzusetzen ist eine 2,0 Gebühr nach 21100 aus dem Wert der Erbanteilsübertragung (die 40.000,00 €?) und eine 0,5 Gebühr nach 21201 Nr. 4 aus dem Wert des Grundbuchberichtigungsantrag (welcher ist das?). Die nach dem höchsten Gebührensatz berechnete Gebühr aus den zusammengerechneten Werten darf dabei nicht überschritten werden. :kopfkratz
Und was ist mit Teil II. Übertragsvertrag? 2,0 Gebühr nach 21100? Und was ist mit dem Nießbrauchsrecht?
Bitte um Verständnis für "blöde" Fragen, bin unfreiwillige Notariatsanfängerin :oops:
Martin Filzek
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#2

18.09.2019, 11:58

Zur sechsten Zeile von unten im Fragebeitrag meine ich, dass man das (Gegenstandsverschiedenheit von Grundbuchberichtigungsantrag) zwar gelesen haben kann, es aber nur eine neue Auffassung ist, zu der ich skeptisch wäre, ob sie so von der Notarkostenprüfung akzeptiert würde. Um es aus eigener Sicht darzustellen nachfolgend Zitat aus letztem Skript (zu Seminaren vom 1.Halbjahr) zu dieser Frage hier einkopiert:

Neue Auffassungen zur Gegenstandsverschiedenheit von Grundbuchberichtigung auf Erben und Kaufvertrag mit Dritten

Bislang wurde für einen Kaufvertrag mit Grundbuchberichtigungsantrag des Verkäufers bezüglich der vorangegangenen Erbfolge mit Rücksicht darauf, dass ein gutgläubiger Erwerb nur möglich war, wenn die Voreintragung des Verkäufers nach § 39 Abs. 1 GBO erfolgt ist, eine Gegenstandsgleichheit i.S.v. §109 Abs. 1 GNotKG angenommen(siehe statt vieler Notarkasse München, Streifzug durch das GNotKG, 12. Aufl. 2017, Rn. 2450 m.w.N. = in 11. Aufl. Rn. 1796 b).
Zweifel hieran bringen neuere Aufsätze hierzu sowie die Entscheidung des LG Magdeburg, NotBZ 2017, 116 mit Anm. Otto, die nunmehr von verschiedenem Gegenstand ausgehen und ein unbedingtes Abhängigkeitsverhältnis zwischen vorheriger Grundbuchberichtigung und anschließendem Kaufvertrag mit Dritten wegen der Möglichkeit nach §§ 39, 40 GBO ohne Voreintragung zu veräußern, verneint. Diese Auffassung wurde von der Ländernotarkasse auch in NotBZ 2016, 337 entwickelt und näher dargelegt, Otto hat seine frühere andere Auffassung in der Neuauflage (2. Aufl.) des Leipziger GNotKG-Kommentars 2016 bei § 109 Rn. 39 (dort Fn. 109, nicht wie in NotBZ 2017, 117 angegeben Fn. 9) relativiert und nennt als Voraussetzung für eine Gegenstandsgleichheit, dass die Berichtigung ausschließlich der Vertragsdurchführung dient. Wegen der Pflicht nach § 82 GBO zur Grundbuchberichtigung ist Gegenstandsverschiedenheit auch nach Harder NotBZ 2015, 321, 328 f., vertretbar.
Indessen bleibt es natürlich „sicherer“ die Berichtigung wegen des Gutglaubensschutzes aufzunehmen, und einstweilen würde ich persönlich auch dazu raten, die weitere Entwicklung der Literatur und Rechtsprechung zu dieser Frage abzuwarten, bevor der Auffassung von den Mehrkosten gefolgt wird, um nicht im Zweifel Imageschäden durch nachträgliche andere Entscheidungen und damit verbundene Trübungen der Mandantenbeziehungen zu riskieren.

Ende Zitate aus Skript S. 105. Falls jemand Interesse daran hat, auf u.a. Internetseite ist es zum Versand per Post ohne Seminarteilnahme angeboten für 25 Euro + 7 % USt. (1,75 Euro) = 26,75 Euro incl. Versandkosten. Eine überarbeitete und ergänzte Fassung wird natürlich auch bei den neuen Seminaren im II. Halbjahr 2019 (Termine auch auf u.a. Seite und oben in diesem Forum bei Fort- und Weiterbildung) enthalten sein.

Bei der sonstigen Lösung der Frage wird man davon ausgehen können, dass die Erbauseinandersetzung der Erschienenen zu 1 und 2 untereinander natürlich nach einhelliger Mng. der Kommentarliteratur gegenstandsverschieden ist zur in derselben Urkunde enthaltenen Übertragung an einen Dritten, den bzw. die Erschienene zu 3, so dass der Gesamtwert des Beurkundungsverfahrens sich aus den jeweiligen 'Werten zusammensetzt. Für den Teil 2 dürften die angegebenen 160.000 Euro Verkehrswert § 46 den höheren Wert der ausgetauschten Leistungen bilden und insoweit den Teilwert bilden. Für den Teil 1 dürfte als Wert der Erbauseinandersetzung dann mindestens derselbe Wert, da ja auch das Grundstück zum Nachlass gehörte, anzusetzen sein, plus sonstige Bruttowerte des Nachlasses, der auseinandergesetzt wurde (§ 97 Abs. 1 statt § 97 Abs. 3 für Austauschverträge wäre die Wertvorschrift). Über sonstige Werte des Nachlasses ist im Fragebeitrag nichts gesagt. Vielleicht war es auch nur eine Teilerbauseinandersetzung genau über das Grundstück, und zu den anderen Nachlassgegenständen wurde außerhalb der Urkunde eine Einigung erzielt; dann wäre wohl nur der verdoppelte Wert von 160.000 Euro der Gesamtwert der Urkunde (sofern der Verkehrswert halbwegs wahrheitsgemäß angegeben wurde).

Hoffe mich in der Eile nicht geirrt oder etwas übersehen zu haben. ;)
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JB86
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#3

18.09.2019, 12:47

Ja, es ging nur um das Erbbaugrundstück, dieses war ein Vermächtnis aus dem Erbvertrag, welches bis dahin noch nicht erfüllt wurde.
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Martin Filzek
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#4

18.09.2019, 13:14

Bin jetzt durch die nachträgliche Mitteilung von Vermächtniserfüllung ein klein wenig verwirrt, bislang war ich zu Teil 1 von einer Erbauseinandersetzung ausgegangen. Wenn es eine Vermächtniserfüllung zur Erfüllung einer davor in öffentlicher Urkunde (beurkundet) enthaltenen Vermächtnisanordnung war, wären KV 21102 zu prüfen, siehe z. B. Diehn, Notarkostenbderechnngen, 5. Aufl. 2017, Rn. 506 ff.
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#5

18.09.2019, 14:09

:frust
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#6

18.09.2019, 20:19

Ich finde den Sachverhalt unklar.
Bei einer Erbteilsübertragung wird der gesamte Erbteil übertragen, also auch an anderen Nachlasswerten außerhalb des Grundstücks. Wenn der Nachlass nur aus dem Grundstück bestand würde ich entsprechend nur den halben Grundstückswert ansetzen, ebenso wie bei einer Übertragung des Erbteils an einen Dritten.
Für die Übergabe Mutter an die Tochter den vollen Grundstückswert.
Der Nießbrauch ist Gegenleistung zur Übergabe Mutter an Tochter.
Wenn die Tochter, die selber nicht Erbin ist, 30.000 € an die Erbin zu 2) zahlen soll, ist auch das m.E. Gegenleistung zur Übergabe an sie, denn sie selber trifft keine Verpflichtung aus dem Testament, auch wenn sie damit gleichzeitig ein Vermächtnis erfüllt. Da kann es aber auf den genauen Wortlaut ankommen.
Handelt es sich bei diesem Punkt : "und an die Erschienene zu 1) 10.000,00 € für die Übertragung des Erbteils an die Erbengemeinschaft" um einen Schreibfehler?
Die Erschienene zu 1) hat doch keinen Erbteil übertragen, sondern einen Erbteil angenommen. Und an die Erbengemeinschaft wurde nichts übertragen, sondern die Erbengemeinschaft mit Übertragung aufgelöst.
Ist vielleicht Übergabe an die Tochter gemeint? Dann ist auch das eine Gegenleistung .
Leistung Übergabe: 160.000 €. Gegenleistung: Nießbrauch 95.000 €, 30.000 € Zahlungsverpflichtung an Erbin 2, 10.000 € an Mutter. Maßgeblich ist nur der höhere Wert (§ 97 Abs. 3 GnotKG), also 160.000 €.
Plus 80.000 € für die Erbteilsübertragung, insgesamt 240.000 €.
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