Vollzugsvertrag - Ausübung des Vorkaufsrechts

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Martin Filzek
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#11

02.04.2019, 10:27

@tweety313:
Tröstlich, dass jemand mal wieder Prof. Friedrich Lappe zitiert. Er ist inzwischen vor über 2 Jahren im Alter von 90 Jahren verstorben, und für mich war es verwunderlich, wie wenig er heute noch genannt wird, obwohl er über Jahrzehnte ja so eine Art führender Kostenrechtler war (vgl. auch Trauerspiegel in Berliner Tagesspiegel, wo bei Erinnerungen und Kondolenzen einzig ein kleiner Eintrag vom April 2017 von mir ist).
Ein Jahr danach im März ist dann auch Herr Menzel verstorben (vgl. Nachruf bei Aktuelles auf www.filzek.de).

Aber wenn du die Frage jetzt deinem Chef vorlegst, wird es zweckmäßiger sein die oben in früheren Beiträgen geschilderte streitige Beurteilung in neueren Werken (die schon zum GNotKG und nicht zur ähnlichen Lage bei KostO ergangen sind) verweist, also z. B. die Auffassung von Streifzug letzte Auflage gegenüber Diehn Notarkostenberechnungen letzte Auflage (und sonst Kommentierungen zu den KV-Nummern, welche die nachträgliche Auflassung kommentieren). Und wie auch schon gesagt kommt es auf den genauen Wortlaut dessen an, was du "Vollzugsvertrag" nennst: was ist alles darin enthalten: die nachträgliche Auflassung, eine dreiseitige Vereinbarung zwischen Verkäufer, Erstkäufer und Vorkaufsberechtigtem mit weiteren Regelungen zur Abwicklung, usw.
Stehe wie gesagt auch gern zur Verfügung für entsprechende Gutachten (vgl. Notarkosten-Dienst bei www.filzek.de) zu diesen Fragen und kann dann frühere ähnliche Fragen wahrscheinlich zum Teil wieder verwerten (denkt man immer so, aber jeder Einzelfall ist dann doch anders). :wink2
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elena94
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#12

02.04.2019, 11:09

Tweety313 hat geschrieben:
02.04.2019, 09:50
@ elena94: Hast Du zu dem zweiten Vertrag dann das Negativzeugnis eingeholt bzw. neu beantragt?

Liebe Grüße Tweety313
Ja, ich habe es erneut eingeholt, weil ja nun an andere Parteien verkauft wurde (+ der ursprünglich mit den Erstkäufern geschlossene Vertrag auch noch leicht abgeändert worden ist)... ob das so zu 100% richtig/erforderlich war, kann ich aber nicht sagen. :lol:
Liebe Grüße :wink1
Eli
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Katty
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#13

03.04.2019, 14:58

So ein Fall (beurkundeter Kaufvertrag mit Auflassung, rechtswirksam, Vormerkung eingetragen, Vorkaufsrechtsausübung) ist mir in diesem Jahr auch untergekommen.

Mein schlaues Praxishandbuch für Notarfachangestellte sagt dazu: Es kommt mit den Vorkaufsberechtigten ein zweiter Vertrag zustande. In einem anderen Buch (grad nicht parat) wird drauf hingewiesen, dass die Vorkaufsberechtigten insbesondere auch Vollmachtserteilungen wiederholen sollen. Und so habe ich den zweiten Vertrag auch Kaufvertrag genannt, in dem kraft Gesetzes gem. § 464 Abs. 2 BGB der abgeschlossene Grundstückskaufvertrag mit gleichem Inhalt gilt für Verkäufer und Vorkaufsberechtigte, "sofern nachstehend nichts anderes anpassend vereinbart wird". Den Kaufvertragstext hab ich dann nochmal abgespult und angepasst insbesondere zu Kaufpreisfälligkeit und Grundbuchberichtigung wegen Erlöschen des Vorkaufsrechts nach Ausübung. Erstkäufer war glücklicherweise zu Mitwirkung bereit, sodass Vormerkung zur Löschung bewilligt und Kostentragungen gleich mit verarztet werden konnten.

Abgerechnet hab ich erneut eine 2,0 Gebühr zzgl. 0,5 Vollzug und Betreuung dem Vertrag entsprechend.

Gedanklich pack ich das in eine Schublade mit der Abrechnung bei Kaufvertragsentwürfen, wenn der Käufer z. B. abspringt und ein neuer Käufer das gleiche Objekt erwirbt. Andere Beteiligte, anderer Vertrag, beide Male voll abzurechnen.

Frohes Schaffen, liebe Grüße :wink1
Tweety313
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#14

09.04.2019, 13:53

Hallo ...

ich habe nun "gelernt", dass Vollzugs- und Betreuungsgebühren insgesamt nur einmal erhoben werden können. Soweit sie bereits dem Erstkäufer in Rechnung gestellt wurden (der insoweit einen Erstattungsanspruch gegen den Vorkaufsberechtigten hat), sind die Vollzugs- und Betreuungstätigkeiten abgegolten.

Liebe Grüße Tweety313
Martin Filzek
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#15

09.04.2019, 16:20

Tweety313 hat geschrieben:
09.04.2019, 13:53
Hallo ...

ich habe nun "gelernt", dass Vollzugs- und Betreuungsgebühren insgesamt nur einmal erhoben werden können. Soweit sie bereits dem Erstkäufer in Rechnung gestellt wurden (der insoweit einen Erstattungsanspruch gegen den Vorkaufsberechtigten hat), sind die Vollzugs- und Betreuungstätigkeiten abgegolten.

Liebe Grüße Tweety313
Schön, dass du nun was "gelernt" hast und ganz richtig, dass du gelernt in Anführungszeichen setzt, und uns auch an deinem Lernerfolg teilhaben lässt. Allerdings finde ich, dass es gut wäre, immer dazu zu schreiben, weshalb und von wem und mit welcher weiteren Begründung man zu diesem Ergebnis gekommen ist.
Ich vermute mal, dass die Ursache in den ungefähr gleichlautenden Ausführungen bei Diehn, Notarkostenberechnungen, 5. Aufl. 2017, Rn. 520 liegt (oder dein Chef hat es nach Lektüre darin so übernommen und ist der "Lehrer"?). Bei wissenschaftlichen, z. B. Doktor-Arbeiten, müsste man das dann dazu schreiben, um das Urheberrecht nicht zu verletzen und keine Plagiatsvorwürfe zu bekommen. Aber die Forenbeiträge hier sind natürlich mit weniger Anforderungen möglich, dennoch wäre es hilfreich, die Quelle des Gelernten zu sagen, damit andere sich besser damit auseinandersetzen können und es überprüfen können, oder gegenteilige Meinungen leichter dazu äußern zu können (falls du es erlaubst).

Persönlich denke ich, dass das von dir Geschriebene wohl eine vertretbare Meinung ist, die aber keineswegs zwingend aus dem GNotKG hervorgeht. Vielmehr gilt allein, dass in einem Beurkundungsverfahren natürlich grundsätzlich die Vollzugs- und Betreuungsgebühren nach § 93 nur einmal anfallen können. Aber hier haben wir es ja mit verschiedenen Urkunden (und auch verschiedenen Rechtsverhältnissen? ist vielleicht streitig, wie die Vorkaufsrechtsausübung wirkt, ob in denselben Vertrag eingetreten wird oder ob ein zweiter gleicher bzw. ähnlicher Vertrag entsteht) zu tun, und da ist es durchaus streitig, ob nicht auch für jede einzelne Urkunde gesonderte Vollzugs- und Betreuungsgebühren anfallen können. Vgl. hierzu Notarkasse München, Streifzug durch das GNotKG, 12. Aufl. 2017, Rn. 3412, 178, 419, sowie Ländernotarkasse, Leipziger Kostenspiegel, 2. Aufl. 2017, Rn. 2.816 ff. (Fall mit dreiseitiger Vereinbarung nach Vorkaufsrechtsausübung), wo jeweils zu der späteren Urkunde gesondert Vollzugs- und Betreuungsgebühren berechnet sind (ohne dass auf die Frage eingegangen wird, ob auf frühere Vollzugs- und Betreuungsgebühren des Vertrags Käufer mit Erstkäufer anzurechnen ist; dennoch sehe ich dafür überhaupt keinen Anlass und denke das die Ansicht von Diehn in diesem Fall nicht unbedingt richtig ist).
Vgl. auch sonstige Kommentare zu den Bestimmungen über Vollzgsgebühr KV 22110 ff. (die ich auch noch nicht vollständig durchgesehen habe; aber ich denke, mehr Gesichtspunkte sprechen für je gesonderte und nicht anrechenbare Vollzugs- und Betreuungsgebühren als welche dagegen anzuführen wären. Die Erstattungspflicht des Zweitkäufers gegenüber dem Erstkäufer spielt doch nur zivilrechtlich eine Rolle und ist kein Argument gegen das was im GNotKG zu der Frage geregelt ist?).
Also wie gesagt, denke so einfach ist die Frage nicht und es kommt auf den Einzelfall an, welche Tätigkeiten genau noch mal ausgeübt wurden zu dem neuen späteren Vertrag / späterer Auflassung an Vorkaufsrechtsausüber bzw. dreiseitiger Vereinbarung.

P.S. "... und sind die Vollzugs- und Betreuungsgebühren abgegolten." Wie ich diese bloßen Behauptungen ohne jede weitere Begründung mit Rechtsnormen, Rspr. o. Ä. hasse. "Verkündungs-Kostenrecht" weil jemand es so predigt kann man das nennen.
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