GmbH-Anteilskauf mit earn-out-Klause, selbständigem Garantieversprechen etc.

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CaroSun
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#1

19.10.2018, 12:42

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

pünktlich zum Wochenende erhalte ich von meinem Chef eine Akte mit der Bitte, diese abzurechnen.

Inhalt: Ein Anteilskaufvertrag über einen GmbH-Anteil mit earn-out-Klause, selbständigem Garantieversprechen, Freistellungserklärung für Verbindlichkeiten und einer Übertragungsverpflichtung von Pensionsansprüchen.

Mein Problem: Ich nicht weiß, wie ich diese earn-out-Klausel bei der Wertermittlung berücksichtlichen soll und hoffe, dass mir hier jemand helfen bzw. den entscheidenen Hinweis geben kann.

Im Detail:
Verkauft werden 50 % der Geschäftsanteile zum Kaufpreis X
Der Kaufpreis soll durch eine earn-out-Klausel mit folgendem Wortlaut angepasst werden:
§ 3a Weitere bedingte Zahlungsverpflichtung der Käuferin (sog. „earn-out")
(1) ....
(2) Unter den nachfolgend genannten Voraussetzungen ethält die Verkäuferin nach der Feststellung des Jahresabschlusses 2020 zusätzlich einen nachträglichen Kaufpreis gemäß der nachfolgenden Berechnung (sog. „earn-out"):
(a) Sofern der lst-EBITDA der Geschäftsjahre 2019 und 2020 im Durchschnitt höher ausfällt, als der als sog. „starting-point" zugrunde gelegte Wert von …. €, beträgt der „earn-out" - vorbehaltlich der nachfolgenden Voraussetzung (b) - 50% des mit 4,8 multiplizierten Differenzwertes zwischen dem tatsächlichen Durchschnittswert und dem sog. „starting-Point".
b) Des Weiteren erfolgt eine rückwirkende Betrachtung des EBITDA des Geschäftsjahres 2018. Sofern der festgestellte lst-EBITDA des Geschäftsjahres 2018 unter dem der Kaufpreisermittlung gemäß Abs. (1) zugrunde gelegten Plan­ EBITDA 2018 von … € liegt, resultiert daraus eine Reduzierung des der Kaufpreisermittlung zugrunde gelegten Durchschnittswertes, so dass der Nettounternehmenswert auf der Grundlage des lst-EBITDA 2018 und der in Absatz (1) genannten Berechnungsmethode für die Zwecke der „earn-Out"­ Ermittlung neu berechnet wird. Die Differenz zwischen dem gemäß § 3 Abs. (1) tatsächlich gezahlten und dem neu berechneten Kaufpreis wird sodann von dem gemäß vorstehender Absatz (a) berechneten „earn-out" abgezogen. Die Parteien sind sich jedoch darüber einig, dass eine Reduzierung des sich aus § 3 (1) ergebenden Kaufpreises nicht erfolgt, falls der vorstehende „earn-out" aufgrund eines niedrigeren lst-EBITDA des Geschäftsjahres 2018 und eines sich daraus ergebenden niedrigeren Nettounternehmenswertes negativ werden sollte.


Bei dem selbständigen Garantieversprechen bin ich mir nicht sicher, ob das nicht sogar gegenstandsgleich mit dem Anteilskaufvertrag ist und darum im Geschäftswert keine Berücksichtigung findet.

Wortlaut des selbständigen Garantieversprechen der Verkäuferin und des Garantiegebers

(1) Die Verkäuferin und der Garantiegeber erklären gegenüber der Käuferin in Form selbständiger Garantieversprechen gemäß § 311 Abs. 1 BGB und nach Maßgabe der
§§ 4, 6 sowie der weiteren Bestimmungen dieses Vertrages, dass die Aussagen gemäß diesem § 4 Abs. 2 ff. und § 6 (zusammen die Verkäufergarantien bzw. einzeln die Verkäufergarantie) im Zeitpunkt der Beurkundung dieses Anteilskauf- und-übertragungsvertrages vollständig und zutreffend sind.
Die Parteien inkl. des Garantiegebers sind sich darüber einig, dass die Verkäufergarantien weder Beschaffenheitsvereinbarungen i.S.d. § 434 Abs. 1 BGB noch Garantien für die Beschaffenheit der Sache i.S.d. §§ 443, 444 BGB darstellen.
(2) Die Gesellschaft und die Tochtergesellschaften sind nach dem Recht ihres jeweiligen Gründungsstaates ordnungsgemäß gegründet worden. Sie existieren wirksam und haben ihren jeweiligen tatsächlichen Verwaltungssitz im jeweiligen Gründungsstaat. Die Gesellschaft und die Tochtergesellschaften waren und sind nach den auf sie jeweils anwendbaren gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen berechtigt, ihren jeweiligen Geschäftsbetrieb so, wie er in der Vergangenheit geführt wurde und gegenwärtig geführt wird, zu führen, und sind ferner berechtigt, ihn künftig in Art und Umfang unverändert fortzuführen. Weitere als in Anlage 4.2 genannte Tochtergesellschaften existieren nicht.

Ich bin für jede Hilfe dankbar. Vielen Dank im Voraus.
Martin Filzek
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#2

22.10.2018, 13:46

Liebe Eule mit Akte unter dem Arm Caro Sun,

den entscheidenden Tipp geben, hahaha, das Ganze wonach du fragst ist ja ziemlich schwierig und kompliziert und es erfordert viel Zeit und Mühe, zu versuchen es nach den bisherigen auszugsweisen Sachverhaltsangaben halbwegs gescheit zu beantworten, wozu ich im Moment keine Zeit habe (muss gleich los nach Hamburg Kopien abholen, dann weiter Richtung Kassel, dann Inhouse-Seminar am Dienstag in Oberhessen, eigenes Seminar am Mittwoch in Frankfurt und nach Verwandtenbesuch am Freitag Seminar in Saarbrücken).

Aber unter "Beteiligungsvertrag" sind sowohl in Notarkasse München, Streifzug durch das GNotKG, als auch bei Diehn, Notarkostenberechnungen, 5. Aufl. 2017, vergleichbare Fälle und Lösungshinweise dazu zu finden, ebenfalls ausführlich in dem großen Loseblattkommentar von Wudy in Rohs/Wedewer, ich glaube bei KV 21100 wo dann auf sehr vielen Zeiten auch Beteiligungsvertrag behandelt ist mit jeweils teilweise abweichenden Vorschlägen.
Dann hat noch Felix in RNotZ in den letzten RNotZ-Heften 6 und 7-8/2008 auf S. 306 ff. und 378 ff. (für dein Thema in dem zweiten Teil S. 378 ff.) einen Aufsatz zu Notarkosten im Gesellschaftsrecht geschrieben, den ich bisher nur überfliegen konnte, und der nach erstem Eindruck auch einige notarfreundliche Sichtweisen enthält (merkwürdigerweise aber vom Streifzug in den Fußnoten nur die frühere - alte - 11. Aufl. 2015 zitiert, was mich momentan zur Qualität noch etwas misstraurisch macht, nach meiner Erinnerung an die bisher nur flüchtige Durchsicht schien mir vieles auch wenig begründet sondern nur einfach so behauptet zu sein unter Hinweis auf andere Veröffentlichungen, aber wahrscheinlich wird es so sein, dass sich dieser Eindruck bei nochmaliger gründlicher Lektüre dann freundlicher darstellt.).

Die oben genannten Literaturhinweise sind daher im Moment alles, was ich im Moment beitragen kann, wenn ich im November Zeit habe, komme ich gern genauer auf die Sache zurück. Es besteht auch immer die Möglichkeit, schwierige Fragen an mich einzusenden zur Gutachten-Bearbeitung, siehe Notarkosten-Dienst-Angebot auf www.filzek.de.
Ebenso können auf Wunsch Inhouse-Seminare in deinem Büro stattfinden, auch dort angeboten.

Aber vielleicht kommst du und dein Chef mit obigen Hinweisen schon weiter oder in der Zwischenzeit können noch andere User, die häufiger in der letzten Zeit Ähnliches hatten, noch konkreter helfen, bevor ich dazu komme.
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
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CaroSun
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#3

03.06.2019, 09:31

Hallo Herr Filzek,
erst einmal - völlig verspätet - vielen Dank für die Antwort.

Ich habe mich zwischenzeitlich durch sehr sehr sehr viel Lektüre zu diesem Thema gearbeitet und dann nach bestem Wissen und Gewissen eine Kostennote erstellt.

Jetzt habe ich ein neues Problem:

Wir habe die Kapitalerhöhung einer GmbH beurkundet, in dem die Gesellschafter durch Kapitalerhöhung einen neuen Geschäftsanteil beschlossen haben.

Neben den üblichen Verpflichtungen zur Einzahlung des Erhöhungsbetrags, ist in dem Vertrag eine Verpflichtung zur Zahlung eines weiteren Betrages als Agio in die freie Kapitalrücklage der Gesellschaft enthalten. Bisher hier kein Problem.

Aber: Die alten Gesellschafter und der neue Gesellschaft erklären, dass die in dem zwischen den Altgesellschaftern geschlossene Rahmenvertrag nebst Ergänzungen auch für den neuen Gesellschafter gelten soll und dieser in den Vertrag mit eintritt.

Explizit vereinbaren die Vertragsparteien, dass die Kontrollrechte der Altgesellschafter auch für die Anteile des Neugesellschafters sowie die im Rahmenvertrag enthaltenen Vorerwerbsrechte, Mitveräußerungsverpflichtungen und Miterwerbsrechte auch für und gegen den Neugesellschafter gelten sollen.

Hier jetzt meine Frage:

Entsprechend den Ausführungen im “Streifzug durch das GnotKG, 11. Auflage, Randziffern 1282-1284 sind diese Vor-, Miterwerbsrechte sowie Mitveräuerungsverpflichtungen gesondert zu bewerten. Aber gilt das auch, wenn sich auf einen Rahmenvertrag bezogen wird, in dessen Rechte und Verpflichtungen der Neugesellschafter eintritt?

Viele Grüße und herzlichen Dank im Voraus
Martin Filzek
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#4

04.06.2019, 20:37

CaroSun hat geschrieben:
03.06.2019, 09:31
Hallo Herr Filzek,
erst einmal - völlig verspätet - vielen Dank für die Antwort.

Ich habe mich zwischenzeitlich durch sehr sehr sehr viel Lektüre zu diesem Thema gearbeitet und dann nach bestem Wissen und Gewissen eine Kostennote erstellt.

Welche denn? Bitte hier einstellen, damit ich und andere auch schlauer werden.

Jetzt habe ich ein neues Problem:

Wir habe die Kapitalerhöhung einer GmbH beurkundet, in dem die Gesellschafter durch Kapitalerhöhung einen neuen Geschäftsanteil beschlossen haben.

Neben den üblichen Verpflichtungen zur Einzahlung des Erhöhungsbetrags, ist in dem Vertrag eine Verpflichtung zur Zahlung eines weiteren Betrages als Agio in die freie Kapitalrücklage der Gesellschaft enthalten. Bisher hier kein Problem.

Aber: Die alten Gesellschafter und der neue Gesellschaft erklären, dass die in dem zwischen den Altgesellschaftern geschlossene Rahmenvertrag nebst Ergänzungen auch für den neuen Gesellschafter gelten soll und dieser in den Vertrag mit eintritt.

Explizit vereinbaren die Vertragsparteien, dass die Kontrollrechte der Altgesellschafter auch für die Anteile des Neugesellschafters sowie die im Rahmenvertrag enthaltenen Vorerwerbsrechte, Mitveräußerungsverpflichtungen und Miterwerbsrechte auch für und gegen den Neugesellschafter gelten sollen.

Hier jetzt meine Frage:

Entsprechend den Ausführungen im “Streifzug durch das GnotKG, 11. Auflage, Randziffern 1282-1284 sind diese Vor-, Miterwerbsrechte sowie Mitveräuerungsverpflichtungen gesondert zu bewerten. Aber gilt das auch, wenn sich auf einen Rahmenvertrag bezogen wird, in dessen Rechte und Verpflichtungen der Neugesellschafter eintritt?

Von dem erwähnten Streifzug gibt es seit drei Jahren eine neuere Auflage mit sehr viel Erweiterungen und Meinungsänderungen. Aber die anzuschaffen ist Euch wohl trotz des sehr günstigen Preis-Leistungs-Verhältnisses für 1.000 Seiten für unter 40 Euro wohl zu teuer. Statt dessen kann man ja einen nützlichen Idioten kostenlos fragen, wie eine bestimmte Stelle in der Vorauflage bezogen auf einen nicht näher geschilderten Fall zu verstehen ist. Die Frage lässt sich m., E. nicht durch Interpretation irgendeiner Meinung in einer früheren Streifzug-Auflage beantworten, sondern ist umfassender (anhand zahlreicher weiterer Literatur usw. soweit vorhanden) zu prüfen und zu durchdenken und erfordert sehr viel Gedankenarbeit, ggf. noch weitere Nachfragen zum Sachverhalt, kreatives Problemdenken am konkreten Fall usw. Ich bin nicht in der Lage, das alles hier völlig umsonst zu leisten und verweise auf die obigen entgeltlichen Hilfsangebote auf meiner Internetseite und gebe die Frage an alle anderen interessierten Forenteilnehmer, die sich durch meine persönliche Ansprache nicht abgeschreckt fühlen sollen, hiermit vorsorglich noch einmal weiter. Es ist ja niemand verpflichtet, auf meine entgeltlichen Dienstleistungsangebote einzugehen, andererseits bin ich nicht derjenige, der 3/4 Jahre nach früherer Antwort und nun neu aufgetauchten vielleicht ähnlichen Fragen blitzschnell wie aus der Pistole geschossen und umsonst hier eine umfassende Antwort liefern muss. Vielleicht habe ich in acht bis dreißig Wochen mal bessere Laune und Langeweile und schreibe dann etwas, soweit es sich bis dahin nicht durch andere Beiträge oder sonstwie erledigt hat.

Viele Grüße und herzlichen Dank im Voraus
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