Änderung Erbbaurechtsvertrag

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Reno1972
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#1

24.10.2016, 10:56

Liebe Kollegen,

wir haben eine Änderung eines Erbbaurechtsvertrages beurkundet. Vereinbart wurde eine Erhöhung des Erbbauzinses um jährlich 293,76 € (der Vertrag läuft noch bis 2052). Dieser Wert der Kostenrechnung ist unstrittig. Weiter wurde in der Urkunde folgende Vereinbarung getroffen:

„Der jeweilige Erbbauberechtigte ist verpflichtet, an den Grundstückseigentümer als laufendes Entgelt auf die Dauer des Erbbaurechts einen Erbbauzins zu bezahlen. Als Erbbauzins vereinbaren die Beteiligten ab dem XXX einen Betrag von XXX € je m², mithin aufgrund der geminderten Grundstücksfläche um XXX m² auf XXX m²

jährlich XXX EUR
(in Worten: XXX Euro).

Dieser wird als Belastung des Erbbaurechts im Grundbuch zugunsten des jeweiligen Eigentümers eingetragen.“


Wir haben diese Vereinbarung mit dem 20-fachen Jahreswert berechnet.

Korrekt?
Schon mal vielen Dank für Eure Hilfe!! :thx
Martin Filzek
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#2

24.10.2016, 12:22

Durch die anonymisierte auszugsweise Präsentierung von Teilen der Urkunde mit dazu noch unkenntlich gemachten Beträgen bleibt sehr unklar, inwieweit die "neue" Vereinbarung nur Teile der alten vorsorglich wiederholt und was tatsächlich geändert wurde, ebenso welcher Wert denn nun genau als Jahreswert vermutet wurde.
Man müsste wissen, wie hoch die frühere alte Regelung lautete, und wie genau sie sich von der jetzt getroffenen neuen Regelung unterscheidet, und der sich daraus dann ergebende Wert der Änderungen für die Zukunft wäre wohl richtig.

Keiner wird Dir mit diesen auszugsweisen Angaben die gewünschte Antwort "Ja, das habt ihr ja alles korrekt gemacht" geben können.
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
Reno1972
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#3

24.10.2016, 12:31

Sorry, meine nicht registrierte Kollegin hat das Problem und hat die Frage formuliert, wir werden "nachbessern" ... :panik
Reno1972
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#4

26.10.2016, 09:01

So, hier nun der fast vollständige Inhalt der Urkunde, das wurde als Änderung vereinbart:

1. Dem Erbbauberechtigten war bei Abschluss des Erbbaurechtsvertrages vom XXX bekannt, dass die Eigentümerin der XXX von dem in § 1 genannten Grundbesitz für den Straßenausbau XXXX eine Teilfläche von ca. 324,25 m² übertragen wird. Erbbauberechtigter und Grundstückseigentümer haben in dem vorgenannten Erbbaurechtsvertrag eine Vereinbarung getroffen, wonach nach Abschluss der Baumaßnahmen und Vorlage der Fortführungsunterlagen der Erbbaurechtsvertrag bezüglich der Flächengröße und der Höhe des Erbbauzinses geändert werden soll.

Die Vermessung dieser Teilfläche ist zwischenzeitlich erfolgt; es wurde das Flurstück XXX der Flur XXX zur Größe von 274 m² gebildet. XXX

Der Grundstückseigentümer hat diese Teilfläche mit Grundstücks-übertragungsvertrag XXX auf XXX übertragen; die Aufhebung des Erbbaurechts an der übertragenen Teilfläche wurde in diesem Vertrag bereits vereinbart. Der Übertragungsvertrag ist grundbuchamtlich noch nicht vollzogen.

2. Der jeweilige Erbbauberechtigte ist verpflichtet, an den Grundstückseigentümer als laufendes Entgelt auf die Dauer des Erbbaurechts einen Erbbauzins zu bezahlen. Als Erbbauzins vereinbaren die Beteiligten ab dem 05.07.2013 einen Betrag von 2,40 € je m², mithin aufgrund der geminderten Grundstücksfläche um 274 m² auf 5.100 m²

jährlich 12.240,00 EUR
(in Worten: zwölfstausendzweihundertvierzig Euro).

Dieser wird als Belastung des Erbbaurechts im Grundbuch zugunsten des jeweiligen Eigentümers eingetragen.

3. Bezüglich des Erbbauzinses wurde XXX vereinbart, dass der Erbbauzins wertbeständig sein soll. Er soll sich daher nach Maßgabe dieser Vereinbarung im gleichen prozentualen Verhältnis nach oben oder nach unten ändern, wie der vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden festgestellte Verbraucherpreisindex auf der jeweils aktuellen Originalbasis. Derzeit ist dies die Basis 2010 = 100 Punkte). Aufgrund der in dem vorgenannten Erbbaurechtsvertrag getroffenen Vereinbarungen erhöht sich der Erbbauzins somit ab 01.01.2016 auf 12.533,76 € jährlich.

4. Der seit dem 05.07.2013 durch den Erbbauberechtigten zu viel gezahlte Erbbauzins in Höhe von insgesamt 1.634,87 € (Zeitraum 05.07.2013 bis 31.12.2015) ist innerhalb von 4 Wochen nach Beurkundung dieser Änderungsurkunde an den Erbbauberechtigten auf dessen Konto XXX zurückzuzahlen.

:kopfkratz

Bei weiteren Unklarheiten, bitte aufschreien ..
Martin Filzek
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#5

26.10.2016, 13:42

Mit Inkrafttreten GNotKG wurde die frühere Begünstigung in § 42 KostO, wonach höchstens eine volle Gebühr für Änderungen entstand, nicht übernommen, so dass im Ergebnis für die Änderungsurkunde zu einem Vertrag dieselbe Gebühr wie für einen Vertrag = KV 21100, 2,0-Gebühr, mindestens 120 Euro, zu berechnen ist.

Der Wert der Änderungen - §§ 97, 36 - ist meIner Meinung nach wie folgt zusammen zu rechnen:

Änderung durch Minderung der Grundstücksfläche um die herausgemessenen 274 qm à 2,40 Euro = 657,60 Euro

Feststellung der Erhöhung des gesamten Erbbauzinses durch die Wertsicherungsklausel (20facher Jahresbetrag § 52) = 5.875,20 Euro.

Gesamtsumme §§ 35, 86: 6.532,80 Euro

Die vereinbarte Rückzahlung von 1.634,87 Euro zu viel gezahlter Erbbauzins kann m. E. als gegenstandsgleiche Erklärung (§ 109 Abs. 1) angesehen werden.

Hinsichtlich des zweiten Wertes von 5.875,20 Euro könnte man auch vertreten, dass diese - schon durch den ursprünglichen Vertrag vorgesehene Erhöhung durch Wertsicherungsklausel - kein neuer zu bewertender Beurkundungsgegenstand ist, sondern nur eine klar stellende - deklaratorische - Erklärung (was dann zu der Frage führt, ob allein dann die Rückzahlungsvereinbarung über 1.634,87 Euro gesondert zu erfassen ist, oder ebenfalls als nur deklaratorisch anzusehen ist).

Da aber auch wenn man den Ansatz von 5.875,20 Euro für die durch Wertsicherungsklausel berücksichtigte Erhöhung (die ja auch nach § 52 Abs. 7 zumindest beim früheren Vertrag unbewertet zu bleiben hat - fraglich evtl. für diese Änderungsurkunde) unberücksichtigt lassen würde, auch dann die in Spalte 3 zu KV 21100 vorgesehene Mindestgebühr von 120 Euro ebenso entstehen würde wie für alle Werte unter 7.000 Euro, sollte man dieser Einzelfrage, die wahrscheinlich auch kaum in irgendeiner Rechtsprechung oder Kommentierung ausführlich behandelt wird, keine zu tiefe Beachtung schenken, da es ja das Gebührenergebnis von 120 Euro nicht verändert.

Etwaige Messungsanerkennungen / Identitätserklärungen, vorsorgliche Wiederholung von früher zum Teil bereits gestellten Grundbuchanträgen auf Eintragung des Erbbauzinses usw. sind m. E. gegenstandsgleich.

Alles vorbehaltlich Irrtum und genauerer Prüfung, vgl. auch Angebote bei filzek.de unter Notarkosten-Dienst. Dort auch Seminarangebote zu halbtätigen Seminaren zum Notarkosten-Recht, z. B. am 4.11. in Bochum, 7.11. in Münster, 9.11. in Bremen, 16.11. in Hannover, 18.11. in Frankfurt, 24.11. in Husum. Teilnahmen überall möglich und willkommen. ;)
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#6

27.10.2016, 08:19

Lieber Herr Filzek:

:thx

für die wie immer prompte und ausführliche Antwort!!! :knutsch
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