Gebühr für Wirksamkeitsbescheinigung bei Gesellschafterliste

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Reno1972
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#1

03.08.2016, 11:15

Hallo liebe Kollegen und Kolleginnen,

ich stehe auf dem Schlauch:

Wir haben eine Verschmelzung durch Aufnahme beurkundet, die übertragende Gesellschaft war Alleingesellschafterin einer XY-GmbH; nach Vollzug der Verschmelzung haben wir die vom Steuerberater entworfene Liste der Gesellschafter der XY-GmbH mit der aufnehmenden GmbH als Gesellschafterin mit der notariellen Wirksamkeitsbescheinigung unterzeichnet und zum Register der XY-GmbH übermittelt.

Ich gehe eigentlich davon aus, dass wir keine Gebühren für die Wirksamkeitsbescheinigung berechnen können, da die einzige Überwachungstätigkeit für das Einreichen der Gesellschafterliste der Vollzug der Verschmelzung in den Handelsregistern gewesen ist (Streifzug GNotKG 1147b).
Aber da es nicht unser Entwurf ist, können wir auch keine Vollzugsgebühr für den Entwurf der Gesellschafterliste abrechnen.

Meiner Meinung nach gehen nur diese Gebühren (zzgl. Auslagen etc.)

22124 Übermittlung
22125 XML-Strukturdaten

Und: Nach welchem Geschäftswert? Nach dem Wert der Verschmelzung? Ich habe ja keine Beurkundungsgebühr, die dem vorausgeht, die mir den Geschäftswert vorgibt. Oder muss ich das an den Teil der Rechnung mit dem Verschmelzungsvertrag dranhängen, dann hätte ich diesen Verfahrenswert.

Das erscheint mir aber zu wenig, denn immerhin hat der Notar ja auch die Wirksamkeitsbescheinigung unter der Gesellschafterliste unterschrieben, irgendwas hätte ich da schon gerne für ... wenn schon keine Vollzugsgebühr für den Entwurf abgerechnet werden kann ...

Würde mich freuen, wenn mich jemand positiv bestärken könnte, dass ich ruhig die Betreuungsgebühr für die Wirksamkeitsbescheinigung berechnen kann. Aber genauso gerne darf mich eine fundierte Gegenmeinung davon abbringen :mrgreen:

Vielen Dank schon mal :thx
Martin Filzek
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Beruf: Fachbuchautor KostenO/GNotKG), freibeuflicher Dozent, früher Notariatsmitarbeiter bzw. -BV

#2

06.08.2016, 18:55

Reno1972 hat geschrieben:Hallo liebe Kollegen und Kolleginnen,

ich stehe auf dem Schlauch:

Wir haben eine Verschmelzung durch Aufnahme beurkundet, die übertragende Gesellschaft war Alleingesellschafterin einer XY-GmbH; nach Vollzug der Verschmelzung haben wir die vom Steuerberater entworfene Liste der Gesellschafter der XY-GmbH mit der aufnehmenden GmbH als Gesellschafterin mit der notariellen Wirksamkeitsbescheinigung unterzeichnet und zum Register der XY-GmbH übermittelt.

Ich gehe eigentlich davon aus, dass wir keine Gebühren für die Wirksamkeitsbescheinigung berechnen können, da die einzige Überwachungstätigkeit für das Einreichen der Gesellschafterliste der Vollzug der Verschmelzung in den Handelsregistern gewesen ist (Streifzug GNotKG 1147b).
Aber da es nicht unser Entwurf ist, können wir auch keine Vollzugsgebühr für den Entwurf der Gesellschafterliste abrechnen.

Meiner Meinung nach gehen nur diese Gebühren (zzgl. Auslagen etc.)

22124 Übermittlung
22125 XML-Strukturdaten

Und: Nach welchem Geschäftswert? Nach dem Wert der Verschmelzung? Ich habe ja keine Beurkundungsgebühr, die dem vorausgeht, die mir den Geschäftswert vorgibt. Oder muss ich das an den Teil der Rechnung mit dem Verschmelzungsvertrag dranhängen, dann hätte ich diesen Verfahrenswert.

Das erscheint mir aber zu wenig, denn immerhin hat der Notar ja auch die Wirksamkeitsbescheinigung unter der Gesellschafterliste unterschrieben, irgendwas hätte ich da schon gerne für ... wenn schon keine Vollzugsgebühr für den Entwurf abgerechnet werden kann ...

Würde mich freuen, wenn mich jemand positiv bestärken könnte, dass ich ruhig die Betreuungsgebühr für die Wirksamkeitsbescheinigung berechnen kann. Aber genauso gerne darf mich eine fundierte Gegenmeinung davon abbringen :mrgreen:

Vielen Dank schon mal :thx
Die hier aufgeworfenen Fragen berühren verschiedene Zweifelsfragen, die das GNotKG nicht eindeutgig beantwortet hat.

Zunächst mal entnehme ich dem Sachverhalt, dass mindestens eine der an der Ausgliederung beteiligten Unternehmen auch eine GmbH war (die aufnehmende Gesellschaft). In der Regel werden dann auch Anteile an die übertragende Gesellschaft übertragen und eine Kapitalerhöhung durchgeführt, weshalb eine Liste schon für diese GmbH zu fertigen ist, wodurch die Vollzugsgebühr KV 22110, 22113 anfällt, und ggf. die Betreuungsgebühr KV 22200, soweit für die Wirksamkeitsbescheinigung außerhalb der Urkunde etwas zu überprüfen ist. Ob daneben dann noch weitere Listen der Gesellschafter neu zu entwerfen und ggf. mit der Bescheinigung nach § 40 II GmbH-Gesetz zu versehen sind, wird im ca. 99 % der Fälle dann für die Höhe der entstehenden Vollzugsgebühr egal sein, da § 93 für alle Gebühren grundsätzlich bestimmt, dass diese für Beurkundung, Vollzug und Betreuung nur ein mal je Beurkundungsverfahren anfallen, so dass also mehrere Vollzugs- und Betreuungstätigkeiten die Vollzugs- und Betreuungsgebühren nicht weiter erhöhen. Hier natürlich dann, wenn sich die Höchstgebühr KV 22113 von 250 Euro bei hohen Werten so auswirken sollte, dass die normale 0,5-Gebühr bei mehr als einer Liste der Gesellschafter überschritten würde.

Sollte es tatsächlich aber so sein (geht aus dem Sachverhalt bisher nicht hervor), dass bei den unmittelbar an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften keine Vollzugsgebühren anfallen und dies nur bei der GmbH der Fall ist, deren Alleingesellschafter die aufgenommene Gesellschaft ist, wäre es entgegen der Vermutung, wegen des Fehlens eines eigenen Entwurfs würde keine Vollzugsgebühr entstehen, tatsächlich so, dass es auf den Entwurf für das Entstehen der Vollzugsgebühr nicht ankommt. Nach den Vorbemerkungen vor der Vollzugsgebühr soll ein etwa gefertigter Entwurf anlässlich der Vollzugstätigkeit nur nicht mit einer Entwurfsgebühr berechnet werden, wäre aber durch die entstehende Vollzugsgebühr abgegolten.

Streitig wird dann noch die Frage beurteilt, ob hier eine Vollzugsgebühr anfallen kann, wenn die berichtigte Liste ungefragt von den Mandanten dem Notar übergeben wird und dieser sie nur später mit einreicht. Nach einer Ansicht kann im Einzelfall ein indirektes Anfordern bei den Mandanten die Vollzugsgebühr auslösen und zudem wird das Schwergewicht der Vollzugstätigkeit auf dem Prüfen gesehen, was auch bei von Mandanten gelieferten Unterlagen ja gegeben ist, so dass auch insoweit nach einer Ansicht eine Vollzugsgebühr zu bejahen wäre.

Wert wäre grundsätzlich nach § 112 für Vollzugsgebühren der Wert des zugrunde liegenden Beurkundungsverfahrens §§ 35, 86 (bei Betreuungsgebühren ebenso nach § 113 Abs. 1).

Fraglich ist, ob dies auch auf den vorliegenden Fall (wie gesagt: vorausgesetzt ist dabei, dass die Tätigkeit zur neuen Liste der GmbH, wo die aufgenommene GmbH nur beteiligt war, einzige Vollzugs- bzw. Betreuungstätigkeit war, in den anderen Fällen wird § 93 die Probleme in der Regel nicht auftreten lassen) gilt, oder ob nicht, analog den Überlegungen der Notarkasse München in Streifzug durch das GNotKG, 11. Aufl. 2015, Rn. 1224, nur ein Teilwert § 36 I von 10 - 30 % des Stammkapitals der betroffenen GmbH anzunehmen sein kann. Diese Fragen müssten wahrscheinlich noch einmal gründlicher untersucht werden (soweit ich nicht übersehe, dass dies scon irgendwo geschehen ist) und Zeit und Raum lassen hier weitere Untersuchungen nicht zu. Jedenfalls ist momentan wohl beim Wert beides vertretbar (Orientierung an § 112 und vollem Wert der indirekt zugrunde liegenden Urkunde und Schätzung ähnlich wie bei Namensberichtigungen mit Prozentanteilen des Stammkapitals).

Wie von der Themenstarterin schon geschildert, ist in Notarkasse München, Streifzug, vertreten, dass für das Entstehen der Gebühr fütr die Wirksamkeitsbescheinigung nach dieser Auffassung ein Abwarten der Handelsregister-Eintragung der Verschmelzung nicht ausreicht für die Betreuungsgebühr KV 22200. Hierzu ist noch zu sagen, dass unter anderem in Diehn, Notarkostenberechnungen, eine großzügigeren Auffassung vertreten wird (im eigenen Skript zu Seminaren zum Notarkostenrecht hinten bei den Zweifelsfragen näher aufgenommen).

Selbst wenn man davon ausgeht, dass mit dem bloßen Abwarten der HR.-Eintragung nichts außerhalb der Urkunde, wie in KV 22200 Nr. 6 gefordert, geprüft wird, bleibt noch folgende Zweifelsfrage, zu der ich der Einfachheit halber aus dem genannten eigenen Skript S. 39 hier einkopiere:

Aus S. 39 Skript Training Notarkostenberechnung Auflage zum1.Halbjahr 2016 (Neuauflage für 2. Halbjahr in Vorbereitung, siehe Seminartermine in diesem Forum bei Aus- und Weiterbildung, oben unter Ankündigungen Seminare GNotKG und Seminare zum Berufsrecht der Notare oder auf Homepage filzek.de unter Seminare):

Streitfrage KV 25104 anstelle von KV 22200 bei Bescheinigungen ohne Prüfungstätigkeit außerhalb der Urkunde?

Soweit das LG Düsseldorf NotBZ 2015, 476 (Beschluss vom 29.07.2015 Az. 25 T 555/14, auch zu finden in der Rechtsprechungsdatenbank NRW, im Leitzsatz auch aufgenommen in die Rechtsprechungsübersicht der Internetseite http://www.gnotkg.de mit ablehnender Bewertung) entschieden hat, dass die Bescheinigungsgebühr Nr. 25104, wenn die Voraussetzungen der KV 22200 nicht vorliegen, ebenfalls nicht entstehen kann, wird verkannt, dass die Gebühr für die Fertigung oder Änderung oder Ergänzung der Gesellschafterliste und auch die Bescheinigungsgebühr KV 22200 die Gebühr KV 25104 nicht sperrt (Arnold in Leipziger GNotKG-Kommentar, hrsg. von Renner/Otto/Heinze, 2013, KV 25104 Rn. 4, 14 f.; Pfeiffer in Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 2. Aufl. 2016 KV 25104 Rn. 3 f.; Volpert RNotZ 2015, 285). Da der Gebührensatz für die Bescheinigungen nach KV 25104 mit 1,0 doppelt so hoch ist wie für die mehr Verantwortung und Arbeit des Notars auslösende Betreuungsgebühr KV 22200 Nr. 6 mit 0,5-Gebührensatz, wird der Geschäftswert nur in Höhe eines kleinen Teilwertes nach § 36 Abs. 1 GNotKG (Vorschlag bei Arnold in Leipziger GNotKG-Kommentar a.a.O. KV 25104 Rn. 20: 10 - 30 %) zu bemessen sein, um im Sinne Gebührengerechtigkeit sicherzustellen, dass ein unterhalb der Betreuungsgebühr entstehender Betrag anfällt (vgl. zur Anwendbarkeit von § 36 auch Pfeiffer in Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 2. Aufl. 2016, KV 225103, 25104 Rn. 5). Soweit das LG Düsseldorf NotBZ 2015, 476, 477 in der die Gebühr KV 25104 ablehnenden Entscheidung darauf abstellt, die Erteilung der Wirksamkeitsbescheinigung gem. § 40 Abs. 2 S. 2 GmbH stelle eine notarielle Amtspflicht dar, wird übersehen, dass eine Regelung wie § 35 KostO für gebührenfreie Nebengeschäfte nicht mehr existiert und notarielle Amtspflichten für zahlreiche Tätigkeiten des Notars bestehen, ohne dass dies dazu führt, dass Tätigkeiten ohne Vergütung auszuführen sind."
(Ende Zitate).

Zusammenfassung und unverbindliche eigene Empfehlung:
Wegen § 93 - nur einmaliger Anfall von Vollzugs- und Betreuungsgebühren - wird sich das geschilderte Problem nicht häufig stellen.
Wenn doch, werden zwei bis drei Zweifelsfragen wie oben geschildert berührt, und ich würde persönlich je nach den konkreten Werten und Umständen des Einzelfalls entweder der normalen Berechnung nach § 112 beim Wert und ggf. zur Vermeidung unverhältnismäßig hoher Gebühren der Methode mit Prozenten des Stammkapitals den Vorzug geben.
Die von der Themenstarterin bevorzugte und in Streifzug Rn. 1147 b begründete Ansicht, dass eine Betreuungsgebühr nicht entsteht, ist mindestens ebenso überzeugend wie die Gegenansicht.
Eine Berechnung der Gebühr für bloße Bescheinigungen KV 25104 wie oben dargestellt erscheint mir persönlich zwar richtiger und überzeugender als die Ansicht des LG Düsseldorf, siehe oben, aber wegen der hohen Gefahr, dass sie im Fall von Notarkostenprüfungen oder Beteiligten-Beschwerden nicht geteilt wird, würde ich sie selbst wohl auch lieber weglassen. Das Problem, das die Gebühr dann auch mit 1,0 doppelt so hoch wäre wie die 0,5-Betreuungsgebühr könnte allerdings dadurch gelöst werden, dass nach § 36 Abs. 1 insoweit nur ein kleiner Teilwert geschätzt wird.

Die von der Themenstarterin genannte Gebühr KV 22124 für Übermittlung sehe ich nicht, wenn man von einem zugrunde liegenden Beurkundungsverfahren mit der Ausgliederung ausgeht und damit dem Anfall der Vollzugsgebühr hat (bzw. nach der Ansicht, die wegen Vorlage der Urkunden keine Vollzugsgebühr sieht, läge nach den Vorbemerkungen zum ersten Abschnitt eine gebührenfreie Tätigkeit vor). Ebenso ist nicht die höhere 0,6-Vollzugsgebühr für XML nach KV 22125 zu berechnen, sondern die "normale" XML-Gebühr KV 22114 mit 0,3 als Gebührensatz.

Derartig schwierige Fragen sollen besser mit vollständigeren Sachverhaltsangaben bei dem wegen des damit verbundenen Zeitaufwands entgeltlich angebotenen Notarkosten-Dienst von mir eingesandt werden, bei dem ich unter Umständen auch durch die gründlichere Prüfung und Berücksichtigung der Kundeninteressen evtl. auch zu günstigeren Ergebnissen kommen könnte (Wes Brot ich ess, des Lied ich sing - Achtung: ist natürlich nur Ironie 8) ) in kleinen preiswerten Kurzgutachten mit Berechnungsvorschlag.

Über Hinweise auf Übersehenes oder andere Meinungen zu den interessanten o. a. Fragen, denen ich mit Interesse entgegensehe, freue ich mich.
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
Reno1972
Foren-Praktikant(in)
Beiträge: 32
Registriert: 07.02.2011, 11:13
Beruf: Notariatsfachwirtin
Software: RA-Micro

#3

08.08.2016, 09:52

Lieber Herr Filzek,

vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort!!

In unserem Fall ist es allerdings so, dass auf eine Gewährung von Anteilen und der damit einhergehenden Kapitalerhöhung verzichtet wurde, so dass keine weitere Liste erstellt wurde.
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