Nachlassverzeichnis durch den Notar aufgenommen

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Angie
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#1

03.06.2016, 09:36

Hier ist ein Nachlassverzeichnis erstellt worden gem. § 2314 BGB. Der Notar selbst hat den Nachlassbestand ermittelt und dafür verantwortlich.
Es entsteht für die Urkunde eine 2,0 Gebühr nach Nr. 23500 KV.
Geschäftswert bemisst sich nach § 115 GNotKG. Wert ist also der Wert der verzeichneten Gegenstände. Betrifft diese tatsächlich nur die Aktiva oder zzgl. Passiva? Man hat doch auch die Passiva ermittelt und nachgewiesen?
Wer kann mir helfen?
larifari
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#2

03.06.2016, 09:51

Laut Streifzug Rd. 2312 ist maßgebend der Aktivwert, Verbindlichkeiten werden nicht abgezogen, aber auch nicht hinzugerechnet.
tamitoma
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#3

12.08.2021, 07:57

Hallo und guten Morgen,
ich muss dieses Thema nochmal aufgreifen.

Wir haben ein Nachlassverzeichnis beurkundet:
Aktiva 107.951,77 €,
Passiva 20.910,05 €,
Beerdigungskosten, ärztliche und sonstige Abrechnungen 9.549,56 €,
Nettonachlass demnach 77.492,16 €

Streifzug Rd-Nr. 3172 (12. Auflage) sagt, maßgebend ist der Aktivwert, Verbindlichkeiten werden nicht abgezogen. Heisst das wirklich, dass ich die 107.951,77 € als Geschäftswert zugrunde lege, obwohl nur der reine Nachlass nur 77.492,16 € beträgt?

:thx im Voraus

tamitoma
Martin Filzek
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Beruf: Fachbuchautor KostenO/GNotKG), freibeuflicher Dozent, früher Notariatsmitarbeiter bzw. -BV

#4

12.08.2021, 13:32

Völlig unstreitig ist, dass es nicht der Netto-Nachlasswert ist. Im Ergebnis wäre das auch manchmal "ungerecht" aus Sicht des Notars, der mit erheblichem Arbeitsaufwand und Verantwortung sowohl aktive Positionen ermitteln und zusammenstellen muss als auch zu Schulden / Verbindlichkeiten viel nachforschen und auflisten müsste, so dass z. B. bei 2 Millionen Aktiva und gleich hohen oder höherer Passiva nur ein winiziger Geschäftswert herauskäme, der nur zu den Mindestgebühren führen würde.

Streitig ist hingegen die Frage, ob

a) die Summe aller Aktiva

b) die Summe aller augeführten Positionen, also die Summe von Aktiva (einschließlich "fiktiver Nachlass" = früher schon verschenkte Gegenstände, zu denen Pflichtteilsergänzungsansprüche bestehen) und auch Passiva

maßgebend sind.

Für a) wohl Notarkasse München, Streifzug durch das GNotKG, 12. Aufl. 2017, Rn. 3172 f. ("... gem. § 115 nach dem Wert der verzeichneten Gegenstände. Umfast ein Nachlassverzeichnis auch bereits veräußerte Gegenstände, die der Berechnung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen unterliegen können, sind auch diese - wie bisher - mit dem Wet im Zeitpunkt der Veräußerung zu berücksichtigen. Maßgebend ist der Aktivwert, Verbindlichkeiten werden nicht abgezogen, abr auch nicht zugerechnet. Werden nur Verbindlichkeiten verzeichnet, ist deren Nominalwert maßgebend." Zitat aus Rn. 3172, danach in Rn. 3173 geht es um den Zeitpunkt für die Werterechnung, wobei Notarkasse § 96 = Zeitpunkt der Beurkundung für einschlägig hält). Ich bin gespannt, ob in der angekündigten Neuauflage 13. Aufl., die Ende Juli ca. schon erscheinen sollte, hier Meinungsänderungen erfolgen mit Rücksicht auf vermehrt geäußerte andere Ansichten zum Wert, dazu nachfolgend unter b).

Ebenso für nur den Aktivwert (ohne zusätzliche Berücksichtigung der Passiva) Waldner, GNotKG für Anfänger, 10. Aufl. 2021, Rn. 305: "... Der Geschäftswert ist allerdings auch beim überschuldeten Nachlass nach der Summe der Aktibva zu bemessen (§ 115); eine Ausnahme vom Schuldenabzusverbot des § 38 besteht nicht. In Anknüpfung an eine vereinzelt gebliebene Kommentarstelle meinen kostenerfinderische Notare, hier sogar Aktiva und Passiva zusammenzählen zu können, weil auch die Schulden "verzeichnet" würden, und eine schwach begründete Entscheidung des LG Münster (29.6.2020 - 5 OH 5/20 BeckRS 2020, 19036) hat das sogar gebilligt. Richtig ist es natürlich nicht: Schulden sind kein "Vermögen" und sie sind auch nicht "Gegenstand" des Vermögensverzeichnisses; verzeichnet werden sie nur, um den Reinwert des Vermögens ermitteln zu können. ..."

Derselben Ansicht wohl auch Gläser in Korintenberg, GNotKG, 21. Aufl. 2020, § 115 Rn. 6; Rohs/Wedewer/Waldner, § 115 Rn. 2.

Für b) Schönenberg-Wessel, Das notarielle Nachlassverzeichnis, 1. Aufl. 2020, an diversen Stellen - ist bei mir gerade verlegt - sowie Diehn, Notarkostenberechnungen, 7. Aufl. 2021, Rn. 1865 b; Diehn, Notarkosten, 1. Aufl. 2017, Rn. 1752; Pfeiffer in Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG-Komm. 4. Aufl. 2021, § 115 Rn. 4.

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