Grundstücksübergabevertrag nebst Pflichtteilsverzicht

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Luischen88
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#1

27.04.2015, 09:16

Guten Morgen,

abzurechnen ist ein Übergabevertrag betreffend Grundbesitz.
Als Übergeber sind im Grundbuch eingetragen:
Mutter M zu 1/2
und deren 3 Kinder a), b) und c) zu je 1/6.

Übernehmer ist der Sohn des Kindes a) und damit der Enkel der Mutter M und der Neffe der b) und c).
Der Sohn wird Eigentümer zu 1/1.
Als Ausgleich zur Übertragung zahlt der Sohn an b) und c) jeweils einen Betrag in Höhe von 50.000,00 Euro.
Als weiteren Ausgleich bekommt die Mutter M ein Wohnrecht an dem Vertragsobjekt.

Im Gegenzug verzichten b) und c) auf Pflichtteilsrechte nach der Mutter M. b) und c) erklären sich mit der Ausgleichszahlung über je 50.000,00 Euro als abgefunden.

Wert des Grundbesitzes: 150.000,00 Euro (sonstiges Vermögen der Mutter M ist nicht vorhanden)
Jahreswert des Wohnungsrechtes: 3.840,00 Euro.

Kann mir jemand helfen, wie ich die Sache abrechne.

Liege ich bei einer 2,0 Gebühr nach 21100 KV nach 150.000,00 Euro falsch (Austauschvertrag § 97 Abs. 3)? :sad:

Vielen Dank für Eure Hilfe :-)
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AnjaZ
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#2

27.04.2015, 10:07

Hier ist ein Muster einer Berechnungsgrundlage für Austauschverträge, die ich mir mal aufgeschrieben habe. Einige Punkte hiervon sind wohl in deinem Vertrag nicht enthalten. Die in dem Muster enthaltenen Werten sind nur aus meinem Beispiel. Vielleicht hilft es dir aber weiter:



Wertberechnung § 97 Austausch von Leistungen

Beispiel:
Wert Immobilie: € 200.000,00 ..................................

A Gegenleistung des Sohnes:
a) Ausgleichsbetrag € 50.000,00 ..................................
b) Nießbrauch € 6.000,00 p.A: x 10 = € 60.000,00 § 52 ..................................
bb) für Mutter € 60.000,00 § 52, § 36 = € 30.000,00 ..................................
c) nicht verkaufen oder belasten dürfen § 50 - 10%
Verfügungsbeschränkung € 20.000,00 ..................................
cc) für Mutter € 10.000,00 § 52, § 36 ..................................
d) Eltern sind zum Erwerb berechtigt
Erwerbsberechtigung § 51, § 36 - 50 % = € 100.000,00 ..................................
dd) für Mutter § 51, § 36 = € 50.000,00 ..................................

B
Pflichtteilsverzicht § 102 IV = € 30.000,00 ..................................

-geändert - unterteilt in A und B -

Summe ..................................

(bb), cc), dd) für Mutter, wenn nur Vater Alleineigentümer ist)
Zuletzt geändert von AnjaZ am 27.04.2015, 11:45, insgesamt 2-mal geändert.
Gruß Anja
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#3

27.04.2015, 11:02

Vielen Dank erstmal.
Aber zum Pflichtteilsverzicht: Ist es wirklich eine Gegenleistung des Sohnes? Die Kinder a) b) und c) verzichten ja auf ihr Pflichtteil nach der Mutter M. Ist es nicht ein gesonderter Vertragsgegenstand?

Ich würde erstmal so abrechnen

Übergabe
Wert: 150.000,00 (§ 97 Abs. 3) und dann eine 2,0 Gebühr
Übergeberleistung: 150.000,00
Übernehmerleistung: 119.200,00 (Ausgleichszahlung 100.000,00 + Nießbrauch 19.200)

Pflichtteilsverzicht 2,0 Gebühr gesondert bewerten
Wert ???
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AnjaZ
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#4

27.04.2015, 11:43

Die Vereinbarung zwischen M und b) und c) ist "verschiedener Gegenstand" und muss gesondert kostenrechtlich angesetzt werden. Dabei ist zu prüfen, ob der Geschäftswert für den Pflichtteilsverzicht höher ist als der Ausgleichsbetrag, da bei Verträgen immer der höhere Wert maßgeblich ist.
Gruß Anja
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#5

22.05.2020, 14:43

Hallo,

ich habe einen neuen Fall und brauche für die Kostenberechnung Eure Hilfe. Ich möchte den Vertragsinhalt mal kurz darstellen:

Es ist ein Übergabevertrag nebst PT-Verzicht zwischen A (Mutter) und ihren drei Kindern B1, B2 und B3.

1. Die Mutter hat diversen Grundbesitz in verschiedenen GB-Blättern, den sie auf ihre Kinder aufteilt.

2. Des Weiteren wird an sämtlichen übertragenen Grundstücken (zukünftige Eigentümer: B1, B2, B3), mit Ausnahme eines Flurstückes (zukünftiger ET: B3) jeweils ein Nießbrauchsrecht bestellt.
3. Für das vom Nießbrauchsrecht ausgenommene Flurstück (zukünftiger ET: B3) wird ein Mitbenutzungsrecht bestellt. Aber nur schuldrechtlich, wird nicht in das GB eingetragen.
4. Außerdem erhält die Mutter an dem Grundbesitz (zukünftiger ET: B1) ein Wohnungsrecht.

5. Des Weiteren ist in der Urkunde eine Unterhaltsverpflichtung aufgenommen:
Sollte die Übergeberin in der Zukunft in eine Situation geraten, in der ihre regelmäßigen Einkünfte für ihren angemessenen Unterhalt nicht ausreichen, verpflichten sich die Übernehmer als Gesamtschuldner bereits jetzt, ihr einen angemessenen Unterhalt zu zahlen bzw. die laufenden Kosten (z.B. für ein Alten- oder Pflegeheim) als Gesamtschuldner zu übernehmen. Der Ausgleich der Kosten zwischen den Übernehmern erfolgt nach Köpfen.

2. Dann ist noch ein PT-Verzicht vereinbart:
"Die Übernehmer erklären sich mit der Übertragung des Vertragsgrundbesitzes auf den jeweiligen Erwerber einverstanden. Sie verzichten hiermit jeder einzeln mit Wirkung für sich und ihre jeweiligen Abkömmlinge gegenüber der Übergeberin und gegenüber den jeweiligen anderen Übernehmern auf ihr jeweiliges gesetzliches Pflichtteilsrecht und auf etwaige Pflichtteilsergänzungsansprüche gegenständlich beschränkt auf den mit dieser Urkunde überlassenen Grundbesitz, so dass der Wert dieses Grundbesitzes bei der Berechnung von Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen außer Ansatz bleibt.

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Ich habe schon einmal ein paar Notizen gemacht:
A. Übertragungsvereinbarung
Übergeberleistung
I. Übergabe
Verkehrswerte: XXXXX Euro

II. Übernehmerleistung
Nießbrauchsrechte
Verkehrswert: XXXX Euro
Jahreswert: 5 % v. XXXXX (Verkehrswert) Euro= XXXXXX § 52 Abs. 5
Wert gem. § 52 Abs. 4 x Faktor 5 = XXXXX Euro

Wohnungsrecht
Jahreswert XXXXX Euro gem. § § 52 Abs. 4 x Faktor 5 = XXXX Euro

Unterhaltsverpflichtung
Bewertung???

B. Gegenstandsverschieden Pflichtteilsverzicht

Pflichtteilsverzicht
B1 ggü. Mutter 1/6 v. xxxxx= xxxxx Euro
B2 ggü. Mutter 1/6 v. xxxxx Euro = xxxxx Euro
B3 ggü. Mutter 1/6 v. xxxxx Euro = xxxxx Euro



Hierzu sind meine Fragen:

zu A zweiter Beurkundungsgegenstand: Kann ich den Gesamtverkehrswert zu Ziff. I dem Gesamtwert von Ziff. II gegenüberstellen § 97 Abs. 3 und den als ersten Beurkundungsgegenstand annehmen?

Bewerte ich die schuldrechtl. Vereinbarungen zum Mitbenutzungsrecht und zur Unterhaltsverpflichtung? Sollte ich das bewerten müssen, welchen Wert kann man der Unterhaltsverpflichtung zugrunde legen. Gibt es da eine Richtline?

Zu B zweiter Beurkundungsgegenstand: Reicht die Bewertung oder müsste ich für jedes Kind einen Verzicht gegenüber der Mutter und der jeweiligen zwei anderen Geschwister bewerten? Wenn ja, ist es richtig, dass ich pro Kind zum einen den Grundstückswert, welchen es selbst von der Mutter übertragen bekommt und zum anderen den Grundstückswert, welchen das eine Geschwisterkind und des Weiteren den Grundstückswert, welchen das andere Geschwisterkind übertragen bekommt, dem PT-Verzicht zugrunde legen muss. Also kurz gesagt, ich hätte 9 PT-Verzichte zu bewerten??

Tut mir Leid, dass es vielleicht etwas verwirrend ist; ich hoffe, ich habe es einigermaßen verständlich ausgedrückt. Sonst gerne nachfragen. Ich danke für Eure Hilfe und wünsche ein schönes Wochenende.
Martin Filzek
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#6

22.05.2020, 15:23

Du machst es dir viel zu kompliziert. ich sehe einen Übertragungsvertrag, bei dem auf den ersten Blick der Verkehrswert der übergebenen Grundstücke größer sein dürfte als die zusammengerechneten Gegenleistungen der Erwerber, so dass letztlich 2,0 Geb. KV 21100 aus Verkehrswert (§§ 46, 97 III) zu berechnen ist.
Erb- und Pflichtteilsverzichte sind hier ja auch Gegenleistungen und nicht gegenstandsverschieden, was nur für solche Erklärungen von nicht am Übertragungsvertrag beteiligten weichenden Erben o. Ä. gelten würde (vgl. z. B. Notarkasse München, Streifzug duch das GNotKG, 12. Aufl. 2017, Rn. 2955 ff., 3036 ff.).

Nächste Notarkosten-Seminare Notarkostenschau kompakt siehe oben in Rubrik Fort- und Weiterbildung, Seminare =
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restliche Seminare verschoben auf II. Halbjahr =
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21. Okt. 2020 Franfurt a. M.
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18. Nov. 2020 Bremen
19. Nov. 2020 Essen.
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
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#7

25.05.2020, 10:49

Guten Morgen,

ich danke! Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht... :-)
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