Berechnung Gegenstandswert Mithaftentlassung

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Sarah84
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#1

09.12.2014, 17:14

Hallo :wink1

Ich habe folgende Mithaftentlassung entworfen:
_________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________
Mithaftentlassung

Im Grundbuch des Amtsgerichts B von R Blatt XXX - Eigentümer: Frau Y - stehen in Abteilung II Nr. 3 und 4 folgende Rechte für Frau Z eingetragen:

lfd. Nr. 3: Altenteil
lfd. Nr. 4: Rückauflassungsvormerkung

Belastet ist mit diesen Rechten das Grundstück Gemarkung R, Flur 24, Flurstück 56.

Der Eigentümer hat aus diesem Flurstück durch Vertrag vom , UR-Nr. des Notars XY mit Amtssitz in R, eine Teilfläche in der voraussichtlichen Größe von 27.500 m² an Herrn E, veräußert.

Die Gläubigerin stimmt der Veräußerung zu und entlässt hierdurch das vorbezeichnete Teilstück aus der Mithaft und bewilligt die Eintragung der Pfandfreigabe im Grundbuch. Sie bevollmächtigt die Notariatsangestellte des Notars XY, ?? alle dienstansässig ??, alle einzeln befreit von den Beschränkungen des § 181 BGB, das freigestellte Teilstück katastermäßig zu bezeichnen sowie alle Erklärungen abzugeben, die zur Eintragung der Mithaftentlassung zweckdienlich sind.
Kosten hat der Eigentümer zu tragen.
Wert:
__________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________

Die Gläubigerin ist 94 Jahre alt und der Kaufpreis beträgt 233.750,00 EUR.

Für die Zustimmung würde ich ansetzen 233.750,00 EUR : 2 = 116.875,00 EUR
plus den Betrag der Entlassung der Rechte Abt. II .... jedoch weiß ich gerade nicht, wie ich den Wert berechnen muss ... nehm ich 5 % von 233.750,00 EUR und dann x 5 laut § 52 ?

Für Eure Hilfe wäre ich sehr dankbar!

LG
Jupp03/11

#2

09.12.2014, 18:14

Die Zustimmung ist gar nicht zu bewerten, da sie unnötig ist.
Martin Filzek
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#3

09.12.2014, 19:06

Zunächst ist auf Vorbem. 2.2 Abs. (2) hinzuweisen, wonach eine Entwurfsgebühr bei im Rahmen der Vollzugstätigkeit angeforderten Entwürfen der benötigten Erklärungen nicht entsteht neben der hierfür für die Anforderung verdienten Vollzugsgebühr (vgl. auch Notarkasse München, Streifzug durch das GNotKG, 10. Aufl. 2013 Rn. 2521 oder beliebige andere Kommentarliteratur). Aus Deiner Sachverhaltsschilderung geht nicht hervor, ob Dein Chef der in dem Urkundentext erwähnte Notar des Kaufvertrags XY ist. Wenn ja: also keine Entwurfsgebühr, sondern Vollzugsgebühr (die nur ein mal entsteht nach § 93, Wert § 112) und natürlich auch aus anderen Gründen schon verdient sein kann. Würde die 94jährige Berechtigte dann mit dem Entwurf zur Unterschriftsbeglaubigung zu Euch kommen, stellen sich die mit dem Fragebeitrag gestellten Wertfragen dann für diese U.-Begl. bei Euch wegen § 121, wonach der Geschäftswert der U.-Begl. derselbe ist, der sich bei Beurkundung oder Entwurf der Erklärung ergeben würde. Geht die Berechtigte zu einem anderen Notar, wäre für diesen gut, wenn die nötigen Angaben zum Wert der U.-Begl. in dem Entwurf angegeben werden.

Auf diese Fragen wird weiter unten eingegangen - zunächst will ich versuchen, die Frage, ob eine "Pflicht zum Entwurf" bei Vollzug des Vertrages wegen der vorgenannten Vorbem. im GNotKG besteht, kurz zu behandeln: Dies ist streitig: Man könnte sich auf den Standpunkt stellen, da eine Pflicht zur Beifügung eines Entwurfs nicht ausdrücklich im GNotKG oder sonstwo bestimmt ist, sei es Ermessen des Notars, dem (die Vollzugsgebühr auslösenden) Anforderungsschreiben beizufügen oder es eben nicht zu tun. Überwiegend wird aber auf die regionale Üblichkeit und die Art und Besonderheiten desjenigen abgestellt, von dem eine Genehmigung oder Löschungsbewilligung oder Rangrücktritt o. Ä. angefordert wird: bei Banken besteht meistens Einigkeit, dass es nicht üblich und nicht erforderlich ist, Entwürfe von Löschungserklärungen zu versenden, da z.B. die Großbanken in Großstädten in der Regel in der Lage sind, diese Erklärungen selbst zu formulieren, bei Privatpersonen wird aber eher davon ausgegangen, dass aufgrund der Pflicht des Notars, den billigsten Weg zu gehen, eher davon ausgegangen, dass eine entsprechende Pflicht des Notars zum Entwurf anzunehmen sei. Andererseits kann gerade das Argument, bei vorherigem Entwurf könne der private Verbraucher um die bei Entwürfen und Beurkundungen bestehende Belehrungspflicht des Notars zur Aufklärung über die rechtliche Bedeutung der Erklärung gebracht werden, als Argument verwandt im Sinne eines evtl. sinnvollen Abstand nehmen von dem Entwurf. Ich denke, der beurkundende Notar sollte seine Belehrung auch Dritten gegenüber hier anbieten und tendiere also mehr in Richtung einer Pflicht zum Entwurf bei Vollzugstätigkeit, im Einzelfall kann aber wohl auch anderes gelten und ein Fall von § 21 GNotKG, der nach herrschender Meinung einen ganz groben Verstoß gegen offensichtlich eindeutig Geregeltes voraussetzt wäre bei Nicht-Entwurf meiner Meinung nach eher abzulehnen, aber die Meinungen sind hier geteilt und die Frage wird weiter diskutiert und kann unterschiedlich ggf. auch von Gerichten gesehen werden).

Solltet Ihr sowieso ein "anderer" Notar gegenüber dem Vollzugsnotar (Beurkundungsnotar) sein, würden sich vorgenannten Fragen nur insoweit stellen, als man überlegen könnte, ob es angebracht ist, der 94jährigen zu erklären, sie bzw. die zur Kostentragung Verpflichteten können u. U. etwas an Notarkosten einsparen, wenn sie den Vollzugsnotar um den Entwurf der Erklärung bitten (streitig, gerade mit Rücksicht auf die Frage, dass vielleicht eine Belehrung dann nicht mehr so sicher erfolgen wird wie im Fall des Entwurfs durch einen anderen Notar, s. o.).

Die Überschrift spricht nur von dem Geschäftswert Mithaftentlassung, im Sachverhalt ist dann aber auch von einer Zustimmung / Genehmigung der 94jährigen Frau die Rede, die zusätzlich noch zu den Mithaftentlassungen erklärt wird. Hier müsste man anhand des Einzelfalls nachprüfen, ob die Zustimmung / Genehmigung zusätzlich erforderlich war oder nicht und je nachdem dann diesen Teil als unnötig entworfen gem. 21 GNotKG unbewertet lassen oder eben wie vorgeschlagen mit dem halben Wert des Kaufvertrags bewerten (§ 98 für Zustimmungen und Vollmachten).

Beim Altenteilsrecht muss geprüft werden, woraus das Altenteil besteht und wie hoch der Wert dieser Leistungen ist (z. B. Mietwert einer vergleichbaren Wohnung, soweit das Altenteil in einem Wohnungsrecht besteht, wenn zum Altenteil monatliche Taschengeld- oder Unterhaltszahlungen gehören, deren Höhe, usw., und da das Altenteilsrecht wohl auf Lebenszeit beschränkt ist, dann der gesamte Jahreswert mal 5 genommen werden).

Beim Wert der Rückauflassungsvormerkung muss ebenfalls nachgeforscht werden, ob es zur Sicherung eines Veräußerungsverbots nach § 50 Nr. 1 GNotKG dient - dann wäre es als gegenstandsgleiche Sicherungserklärung mit nur 10 % des Verkehrswertes zu bewerten (vgl. Notarkasse München, Streifzug a.a.O. Rn. 2224), ansonsten käme nach § 51 ein höherer Wert in Betracht, den man wegen § 51 III im Einzelfall hier aber nach billigem Ermessen niedriger schätzen könnte. Die letztlich geschätzten Prozentwerte wären nicht wie in dem Fragebeitrag vorgeschlagen als Prozentanteile der verkauften Fläche zu bewerten, sondern als Prozentanteile an dem Gesamtwert des Grundstücks, an dem das Rückkaufsrecht besteht. Schließlich ist der Vergleich nach § 44 GNotKG für beide aus der Pfandhaft entlassenen Rechte in Abt. II mit dem Wert des Kaufgegenstands gesondert durchzuführen (weil gegenstandsverschiedene Pfandhaftentlassungen, siehe Kommentarliteratur zu § 44 GNotKG und Notarkasse a.a.O. Rn. 2086 ff., 2087), d. h. letztlich müssen die Ergebnisse zweier Vergleichsberechnungen addiert werden (plus - soweit es erforderlich war - Wert der Genehmigung § 98). Soweit die Genehmigung erforderlich war, wäre noch daran zu denken, dass der Gebührensatz hier 1,0 beträgt (KV 21200, 24101), während die Pfandfreigabeerklärungen wohl nur unter KV 24102 i.V.m. 21201 fällt = 0,5 Gebühr. D. h. ggf. ist Vergleichsberechnung nach § 94 I erforderlich und die Berechnungsart mit dem kostengünstigeren Ergebnis (aus Sicht des Kostenschuldners, d. h. geringeres Ergebnis) wäre durchzuführen.

Für die Ermittlung der Gebühr für die reine U.-Begl. ist wegen deren Begrenzung auf höchstens 70 Euro schon bei einem Wert oberhalb von 140.000 Euro die Höchstgebühr erreicht, so dass hier evtl. die Wertangabe "über 140.000 Euro" ausreichen würde und es auf einige der schwierigen Einzelheiten der Wertfeststellung nicht mehr ankäme, wenn schon durch eine oder zwei (von evtl. drei) Teil-Geschäftswerten §§ 35 I, 86 II, 121 dieser Wert bereits erreicht ist.

Soweit das Gericht aber die Wertangaben benötigen sollte (vgl. § 39 GNotKG Auskunftspflichten Notar gegenüber Gericht und umgekehrt) müsste man evtl. genauere Angaben machen. Vielleicht kann jemand, der sich mit Gerichtskosten bei Pfandhaftentlassungen usw. auskennt, noch ergänzen, ob dies hier erforderlich ist oder wegen geringerer Festgebühren o. Ä. nicht nötig wäre.

Überhaupt kann der eine oder andere noch etwas entdecken, was ich angesichts der Komplexheit des Falls hier noch übersehen oder falsch gesehen habe und es entsprechend richtig stellen / ergänzen bzw. eigene Meinungen dazu schreiben.
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Sarah84
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#4

10.12.2014, 08:29

Erstmal vielen Dank für Eure Antworten!

@Martin

Ja, wir bzw. mein Chef hat auch den KV beurkundet bzw. wird ihn beurkunden!

Somit ist klar, dass ich nur eine Gebühr für die reine U-Begl. nehmen darf.

Nun werde ich mich mal mit der Wertberechnung auseinandersetzen ...

LG!
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