Pflichtteilsverzicht/Erbverzicht zwischen Ehegatten

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Sarah84
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#1

03.12.2014, 08:35

Guten Morgen,

Ich habe folgende Frage:

Ich habe einen Pflichtteilsverzicht zwischen Eheleuten.

Vermögen Ehemann ist 600.000,00 € und dass der Ehefrau 250.000,00 €.

Nach welchen Wert muss ich nun die Kostenrechnung berechnen?

Aus der Randnote 771 Streifzug durch das GNotKG werde ich nicht recht schlau!

Vielen Dank für Eure Hilfe!
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Sarah84
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#2

10.12.2014, 08:32

Da mir die Akte nun wieder vorliegt und ich noch die KR fertigstellen muss, habe ich mir nun folgendes dazu überlegt:

Vermögen des Ehemannes mit 600.000,00 € : 2 = 300.000,00 € (Erbanteil der Ehefrau) davon dann 1/4 (Pflichtteil) = 75.000,00 € als Geschäftswert

... ich hoffe, ich habe keinen Gedankenfehler am frühen Morgen ...
Luischen88
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#3

24.04.2015, 12:37

Auch ich habe eine Frage zum Geschäftswert eines Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrages

Beurkundet wurde zuvor ein Ehevertrag, wonach der gesetzliche Güterstand modifiziert wurde, dahingehend, dass lediglich ein Zugewinnausgleich stattfinden soll, wenn der Güterstand durch Tod eines der Ehegatten beendet wird. Erfolgt die Beendigung durch Scheidung, erfolgt kein Zugewinnausgleich.

Im Anschluss haben die Eheleute einen Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag abgeschlossen.
F hat ein Kind
M hat auch ein Kind
Keine gemeinsamen Kinder.
Jeder Ehegatte besitzt eine Immobilie. (kein gemeinsames Eigentum, beide Alleineigentümer=

Beide Ehegatten setzen jeweils ihr Kind als Erbe, ersatzweise deren Abömmlinge u. weiter ersatzweise den Ehegatten als Erbe ein.
Jeder Ehegatte setzt außerdem ein Vermächtnis aus:
Verstirbt F, erhält M ein unentgeltliches Nießbrauch an der Immobilie von F. M verpflichtet sich zur Tilgung der darauf lastenden Darlehen. M erhält als weiteres Vermächtnis Pkw u. Hausstand.


Verstirbt M, erhält F ein unentgeltliches Nießbrauch an der Immoblie von M. F verpflichtet sich zur Tilgung der daraud lastenden Darlehen. F erhält als weiteres Vermächtnis Pkw u. Hausstand.


Außerdem verzichten beide Ehegatten auf etwaige Pflichtteilsrechte nach dem jeweils anderen.

Ich habe leider keine Idee, wie die Urkunde abzurechnen ist, zumal ich habe lediglich eine Wertangabe: Den Wert ihres reinen Vermögens geben die Erschienenen mit 165.000,00 Euro an. :roll:


Bitte dringend um Eure Hilfe! Danke :thx
Martin Filzek
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#4

24.04.2015, 19:21

Zum Vorschlag in #2 von sarah84 fällt auf, dass nichts darüber gesagt ist, welche Kinder und sonstigen gesetzlichen Erben neben den Ehegatten vorhanden sind. Würde es im Ehegattengüterrecht (nachzulesen im BGB §§ ....) so sein, dass Eheleute sich tatsächlich zu 1/2 beerben (ggf. überprüfen und im Einzelfall nachsehen, ob Kinder oder andere gesetzliche Erben vorhanden sind), wäre 1/2 als Erbanteil wohl möglich, aber der Pflchtteil ist dann doch nicht 1/4 von 1/2, sondern doch 1/2 von 1/2 = insgesamt 1/4, wenn ich nicht irre (bitte von im Erbrecht Schlaueren überprüfen lassen), so dass es - die obigen Voraussetzungen als zutreffend unterstellt - nicht 75.000 Euro, sondern 150.000 Euro wären.

Zu #3 ist keine Hilfe möglich außer dem Rat, sich die nach §§ 100, 102 GNotKG benötigten Wertangaben nachträglich geben zu lassen (und künftig rechtzeitig vor oder bei Beurkundung danach zu fragen und diese in Urkunde oder Aktenvermerk aufzunehmen). Die bloße Angabe eines "gemeinsamen Reinvermögens von ... Euro" ist überholt, da ja jetzt je Ehegatte gefragt werden muss, wie hoch das jeweilige Aktivvermögen und wie hoch die jeweiligen Schulden jedes Einzelnen sind, um so den Gesamtwert der Urkunde und hier den Wert der gegenseitigen Verzichte usw. genauer ermitteln zu können. Kostenrechtlich ist der Wert für den Notar dann mindestens 50 % des Aktivvermögens des einzelnen Ehegatten (sogen. modifizierter Reinwert).
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Luischen88
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#5

27.04.2015, 10:50

Okay, und kannst du wenigstens etwas über die Gegenstandsgleichheit der Vertragsinhalte sagen. Ist der Pflichtteilsverzicht neben dem Erbvertrag ein gesonderter Gegenstand und muss extra bewertet werden? Oder kann ich insgesamt die 2,0 Gebühr nach dem Reinvermögen 165.000,00 Euro nehmen.
Haben die im Erbvertrag enthaltene Nießbrauchsrechte kostenrechtliche Auswirkungen? :-?
Martin Filzek
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#6

27.04.2015, 15:14

Luischen88 hat geschrieben:Okay, und kannst du wenigstens etwas über die Gegenstandsgleichheit der Vertragsinhalte sagen. Ist der Pflichtteilsverzicht neben dem Erbvertrag ein gesonderter Gegenstand

Ja, siehe z. B. Notarkasse München, Streifzug durch das GNotKG, 11. Aufl. 2015, Rn. 766, siehe auch § 111 Nr. 4 GNotKG

und muss extra bewertet werden?

Ja.


Oder kann ich insgesamt die 2,0 Gebühr nach dem Reinvermögen 165.000,00 Euro nehmen.

Nein
[/i

]Haben die im Erbvertrag enthaltene Nießbrauchsrechte kostenrechtliche Auswirkungen? :-?


Nein, diese sind in dem Teilwert der Erbeinsetzung wohl enthalten, aber auf jeden Fall ist daran zu denken, dass
a) Ehevertrag
b) Erbvertrag
c) Erb- und Pflichtteilsverzicht (gilt als lebzeitige Verfügung,vgl. Streifzug a.a.O.)
jeweils verschiedene Teilwerte haben, die dann zum Gesamtbeurkundungswert nach §§ 35 I, 86 II führen,
wobei es ohne weitere Ermittlungen nicht möglich sein wird, den Wert c) festzustellen (höherwertiger Verzicht fehlt, Ihr wisst aber wahrscheinlich nicht, welcher Ehegatte genau welchen modifizierten Reinvermögenswert nach §>§ 100, 102 GNotKG hat), und die Wertangabe 165.000 Euro für a) und b) jeweils wäre evtl. darauf zu überprüfen, ob die 50%-Anwedung als Höchstquote beim Abzug von Verbindlichkeiten zu keinem anderen Ergebnis führt. Hoffe, mich nicht in Teilen geirrt zu haben und den SV. richtig verstanden zu haben.
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