Kosten bei Kapitalerhöhung

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ollik

#1

18.02.2014, 08:40

Die X-GmbH, bestehend aus den Gesellschaftern A und B, beschließt in notarieller Urkunde:
I.
1. Das Stammkapital der Gesellschaft wird von 20 Mio € um 15 Mio € auf 35 Mio € erhöht.
2. Der Gesellschaftsvertrag wird geändert in: Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 35 Mio €.
3. Die neue Stammeinlage wird zum Nennwert ausgegeben und ist sofort in bar zu leisten.
3. Zur Übernahme der neuen Stammeinlage von 15 Mio € wird der Gesellschafter B zugelassen.
4. Der neue Geschäftsanteil ist ab 1.3.2014 gewinnberechtigt.

II. Auf das erhöhte Stammkapital übernimmt zu den Bedingungen des Kapitalerhöhungsbeschlusses der Gesellschafter B die neue Stammeinlage von 15 Mio €.

Welche Kosten sind für vorgenannte Urkunde anzusetzen ?
Martin Filzek
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#2

18.02.2014, 12:00

I. 1 - 4 würde ich als einheitlichen Kapitalerhöhungsbeschluss mit Detailregelungen dazu werten. Die Höchstgebühr für Beschlüsse aus § 47 KostO wurde beim GNotKG abgeschafft und statt dessen durch einen neuen Höchstwert für Beschlüsse - auch mit bestimmtem Geldwert - ersetzt, § 108 V GNotKG (würde selbst dann eingreifen, wenn man in I. 1 .- 4 mehrere verschiedene Beschlüsse sehen würde) von 5 Mio. Euro. Daraus Beurkundungsverfahrensgebühr 2,0 nach KV 21100.

Für II. KV 21200 (1,0) aus 15 Mio. Euro (für Erklärungen, hier Übernahmeerklärung, gibt es keinen spezillen Höchstwert).

Theoretisch müsste noch § 94 I GNotKG geprüft werden, d. h. Kontrollberechnung, ob 2,0 aus der Summe (§§ 35 I, 86 II) - hier also aus 5 Mio. + 15 Mio. = 20 Mio. Euro - eine 2,0 Gebühr günstiger ist als die gtrennt berechneten Gebühren und das jeweils günstigere Ergebnis ist zu berechnen.

Außerhalb der Urkunde käme bei entspr. Auftrag noch Vollzugs- und Betreuungsgebühren in Betracht, hier vielleicht z. B. ein Entwurf zur Fertigung von Listen der Übernehmer und Liste der Gesellschafter? Wertproblem wäre an und für sich interessant: nach herrschender Meinung voller Gesamt-Beurkundungsverfahrenswert von hier 20 Mio. Euro nach §§ 93, 35, I, 86 II GNotKG. Dadurch, dass in Nr. 3 der Vorbem. 2.2.1.1 bzw. in KV 22113 die "wachsende" Höchstgebühr je Liste auf 250 Euro pro entworfene Liste begrenzt ist, ist die evtl. Zweifelsfrage des Wertes der Vollzugsgebühr unwichtig, da ja bei jedem einzelnen Teilwert die Höchstgebühr (z. B. 2 x 250 Euro = 500 Euro) erreicht wird. Natürlich anders zu beurteilen, wenn noch eine weitere, nicht in 22112 oder 22113 privilegierte Vollzugstätigkeit hinzukommt.

Da es um hohe Werte ging: Hoffentlich habe ich mich nicht geirrt, keine Garantie dafür, dass ich nicht irgendetwas falsch gesehen oder übersehen habe usw. (was natürlich immer, auch bei geringeren Werten, möglich ist).

P.S. Nachträglich mir aufgefallene besondere Problemhinweise zum Sachverhalt und evtl. Folgeurkunden:

1.
Neue Bescheinigung unter neuer Satzung nach § 54 GmbH-Gesetz weiterhin, wie schon nach KostO § 47, gebührenfreies Nebengeschäft (Vorbem. 2.1 Abs. 2 Nr. 4).

2.
Besonders schwierig zu beurteilen wäre evtl. auch die Frage, ob im Einzelfall zusätzliche Betreuungsgebühren 22200 (Anm. Nr. 6 für Bescheinigung nach § 40 II GmbHG) wegen der Frage entstehen, ob dabei außerhalb der Urkunde etwas zu prüfen ist / war: siehe hierzu die Problemhinweise bei Notarkasse München, Streifzug durch das GNotKG, 10. Aufl. 2013, Rn. 1147.

3.
Schon bei den entstehenden Beurkundungsgebühren dürfte die vorgeschlagene Berechnung wohl der herrschenen Meinung entsprechen. Im Einzelfall könnte es allerdings passieren, dass die Beteiligten A und B nicht begeistert sind, für die kurze Übernahmeerklärung hier 14.385,-- Euro netto (plus USt.) zahlen zu müssen und auf die Idee kommen, die bei Waldner, Das GNotKG für Anfänger, 8. Aufl. 2013, Rn. 243, genannten Einsparmöglichkeiten
bzw. einen Hinweis des Notars darauf als seine Verpflichtung zum Aufzeigen eines kostengünstigsten Wegs geltend zu machen (= Hinweis auf Möglichkeit, die relativ kurze Übernahmeerklärung selbst zu entwerfen und nur beglaubigen zu lassen für anstatt der genannten 14.385 Euro nur U.-Begl.-gebühr von 70 Euro + MWSt.).
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ollik

#3

20.02.2014, 00:00

Vielen Dank für die eingehende Erläuterung !
Wenn der Notar auf die Möglichkeit, die relativ kurze Übernahmeerklärung selbst zu entwerfen und nur beglaubigen zu lassen, nicht hingewiesen hat, kann oder muss er dann die angesetzte Gebühr für die Beurkundung der Übernahmeerklärung wegen unrichtiger Sachbehandlung niederschlagen ?
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#4

20.02.2014, 00:05

Der Notar muss nie von seiner eigenen Amtstätigkeit abraten.

Dass bei hohen Geschäftswerten höhere Gebühren entstehen, bedarf keines gesonderten Hinweises, so, wie es generell keines Hinweises auf Notargebühren bedarf, wenn nicht danach gefragt wird.

Warum sollte der Entwurf der Übernahmeerklärung fehlerhafte Sachbehandlung sein?
Bielefelder Fachlehrgänge für Fachanwälte und Notare: http://www.bielefelder-fachlehrgaenge.de/
Notarkostenforum zum GNotKG: http://www.gnotkg-online.de
Martin Filzek
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#5

20.02.2014, 15:55

ollik hat geschrieben:Vielen Dank für die eingehende Erläuterung !
Wenn der Notar auf die Möglichkeit, die relativ kurze Übernahmeerklärung selbst zu entwerfen und nur beglaubigen zu lassen, nicht hingewiesen hat, kann oder muss er dann die angesetzte Gebühr für die Beurkundung der Übernahmeerklärung wegen unrichtiger Sachbehandlung niederschlagen ?
So würde ich persönlich das niemals sehen und in dem dritten Zusatzhinweis im früheren Beitrag hatte ich ja geschrieben, dass die Berechnung der entstandenen Gebühren nach herrschender Meinung richtig ist und nur darauf hingewiesen, dass - wie die Erfahrung der fast vierzig Jahre mit Notarkostenfällen zeigt - eventuell einige wenige Mandanten unzufrieden sein könnten und andere Standpunkte aus ihrem Interesse heraus geltend machen. Im Normalfall müsste m. E. genau das, was auch Bielefelder schon geantwortet hat, hierzu richtig sein. Schließt aber nicht aus, dass sich irgendein Landgericht oder Oberlandesgericht im Fall einer - hoffentlich seltenen - Notarkostenbeschwerde aus "Mitleid" entgegen der richtigen Auffassung "falsch" entscheidet. Darauf nur rein vorsorglich hinzuweisen - und es hat vereinzelt solche Entscheidungen gegeben, in denen die Belehrungspflicht des Notars über evtl. vermeidbare Mehrkosten überspannt wurde - war Anlass der vorgenannten Hinweise, die ich in der Regel auch nicht gegeben hätte, wenn nicht wie hier gerade außergewöhnlich hohe Kosten - hier der Neupreis eines kleinen Pkw etwa - entstanden wären.

Grundsätzlich wäre es Sache der Beteiligten, solche etwaigen Gebührensparmöglichkeiten selbst herauszufinden und normal Sterbliche wie A und B sind natürlich froh, sich mit solch komplizierten Sachen wie Beurkundungspflichtigkeit einzelner Teile eine Geschäfts usw. nicht befassen zu müssen und erwarten in der Regel vom Notar, dass er alles Erforderliche für sie entwirft usw. - womit die Gebühren dann entstanden wären.

Jedenfalls geht es gar nicht, dass der Notar im beschriebenen Fall von sich aus Kosten wegen § 21 GNotKG (früher § 16 KostO) nicht erhebt, weil er meint, bei einem vorherigen Hinweis auf Gebührensparmöglichkeiten und seine Nichtbeauftragung insoweit vielleicht dazu geführt hätten, dass der Auftrag unterblieben wäre. Würde ich als Verstoß gegen § 125 GNotKG (Verbot von Gebührenvereinbarung oder -erlass) sehen.
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
ollik

#6

24.02.2014, 21:31

zu #2: Hallo Herr Filzek, könnest Du bitte noch die Kostenberechnung für den genannten Sachverhalt auch noch nach altem Recht darstellen ? Wir haben hier noch ein entsprechendes älteres Kostenproblem.
Vielen Dank !.
ollik

#7

01.03.2014, 17:24

zu #6:

Hallo Filzek könntest Du mir helfen

Ich habe folgendes hierzu zum alten Recht gelesen:
Werden Beschlüsse mit rechtsgeschäftlichen Erklärungen in einer Niederschrift beurkundet, so wird die Gebühr nach § 36 Abs. 2 KostO neben der des § 47 KostO erhoben, wie wenn getrennte Urkunde aufgenommen worden wären. § 44 KostO ist auf das Zusammentreffen von Beschlüssen mit rechtsgeschäftlichen Erklärungen nicht anzuwenden, es sind also beide Gebühren nebeneinander zu berechnen

Ich wäre Dir für eine Berechnung nach altem Recht für den eingangs genannten Fall sehr dankbar, weil ich völlig schwimme.
Martin Filzek
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#8

02.03.2014, 20:44

Sehe wegen Seminarreise vom 24.2. - 28.2. abends obige Fragen erst jetzt.
So wie zuletzt in #6 schon vermutet, ist es richtig nach altem Recht, da § 44 nur für rechtsgeschäfliche Erklärungen galt waren getrennte Gebühren zu berechnen. Die Höchstgebühr für Beschlüsse (hier Kapitalerhöhung) beträgt nach KostO, siehe § 47 am Ende (KostO) 5.000 Euro, die sich hier auswirken. Die Geb. § 36 I KostO für die beurkundete Übernahmeerklärung hat, soweit ich nichts übersehe, keinen Höchstwert.
Diverse ähnliche Fallgestaltungen und Fragen dürften im Archiv dieses Forums unter dem Stichwort Kapitalerhöhung in der Abteilung KostO bestimmt auch zu finden sein.

Komplizierte Einzelfragen zu diversen Fällen zur genaueren kostengünstigen Begutachtung können auch im Rahmen des (dann jedoch wegen des Zeitaufwands für die Einzelfallprüfung leider nicht kostenlos möglichen) Notarkosten-Dienst-Angebotes auf der nach meinem Nachnamen benannten Internetseite www.filzek.de übersandt werden (teilweise anonymisiert, siehe Angaben dort, so dass für unterschiedlcihe Beteiligte mind. die Anfangsbuchstaben stehen bleiben, damit man weiß, wer mit wem welche Leistungen austauscht usw.).
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
andydomingo
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#9

05.03.2014, 15:29

Noch ein kurzer Kommentar zur Anregung von Waldner:

Die Empfehlung, einen bestimmten Text selbst zu verfassen, endet bei mir in 99,9 Prozent der Fälle immer mit der Frage: "Wie muss ich das denn jetzt schreiben"? Die Antwort: "Das darf ich Ihnen nicht sagen, damit die Entwurfsgebühren nicht entstehen" wird in der Regel nicht gerade gemocht.
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