Vollzugsgebühr bei vollmachtloser Vertretung

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ThomasCrown
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#1

30.10.2013, 10:34

Folgender Fall - mit fiktiven Wertangaben:

Überlassungsvertrag Mutter und Sohn betr. Hausgrundstück (100 TEUR), weitere Vertragsbeteiligte ist die Tochter. Sohn verpflichtet sich u.a. (andere Gegenleistungen sind vereinbart) gegenüber Mutter zur Zahlung eines Ausgleichsbetrag (35 TEUR), Mutter tritt den Anspruch auf Ausgleichszahlung an ihre Tochter ab, diese verzichtet hierfür auf ihr Pflichtteilsrecht am Haus (also gegenständlich beschränkter Verzicht).

Die Tochter lässt sich von ihrem Bruder, also dem Sohn, vollmachtlos vertreten. Sämtliche, durch die Nachgenehmigung anfallenden Kosten trägt die Tochter.

mMn sind das zwei Austauschverträge: einmal zw. Mutter und Sohn, Wert nach Vergleich § 97 III 100 TEUR, zum anderen zwischen Mutter und Tochter, Wert § 97 III 35 TEUR, Geschäftswert für die Beurkundungsgebühr 21100 danach 135 TEUR.

Was ist der Geschäftswert für die Vollzugsgebühr (fällt nur an für Einholung der Nachgenehmigung)?

Danke im Voraus für die Hilfe
Martin Filzek
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#2

30.10.2013, 23:28

Auf den ersten Blick und "schematisch" betrachtet wird man allen Vermutungen für Werte und Höhe der Beurkundungsverfahrensgebühr 21100 (2,0) aus dem gem. §§ 35 I, 86 II zusammengerechneten Wert von insgesamt 135.000 Euro zustimmen und zum Wert der Vollzugsgebühr sagen, dass §§ 93, 112, 113 und die Begründung des Gesetzgebers in der Regierungs-Drucksache von Ende August 2012 zu § 112 ausdrücklich zu erkennen geben, dass auch der Wert der Vollzugsgebühr hier aus dem vollen zusammengerechneten Wert zu berechnen ist (um die Berechnung zu vereinfachen sollten Teilwertbildungen vermieden werden und auch wenn die Vollozugstätigkeit nur zu einem Teil der Dinge, welche bei der Gesamtbeurkundungsverfahrensgebühr zusammen gezählt wurden, soll die Gebühr aus dem vollen Wert nach §§ 35 I, 86 II entstehen).

M. E. kann - obwohl hier die Leistung des Sohns nicht unmittelbar an die "weichende Erbin" Tochter fällt, sondern an die Mutter und von dieser abgetreten wird - die Bewertung wie vom BGH für Übertragungsverträge und Pflichtteilsverzichte entschieden (BGH V ZB 77/12, veröffentlich in einem der letzten Hefte ZNotP z. B., demnächst in Heft 11/2013 mit Anm. und Besprechungsaufsatz Filzek " Nachfolgeregelungen zu § 44 KostO im neuen GNotKG, zugleich Besprechung von BGH V ZB 77/12)". Auch zahlreiche Kommentierungen zum GNotKG gehen für ähnliche Fälle von Gegenstgandsverschiedenheit zwischen Übertragungsvertrag und Erbverzichtsvertrag aus (Diehn, Berechnungen zum neuen Notaqrkostenrecht, 2. Aufl. August 2013, Rn. 414 ff., 419; Waldner, Das GNotKG für Anfänger, 8. Aufl. 2013, Rn. 138; Ländernotarkasse Leipzig, Leipziger Kostenspiegel,2 013, Teil 3 Rn. 61).

Was allerdings bei genauer Betrachtung und kritischer Haltung und evtl. Notarkostenbeschwerde des Kostenschuldners sein kann, ist, dass man auf den Gedanken kommt, der Notar hätte wegen seiner Pflicht, den billigsten Weg zu weisen (abgeleitet aus Betreuungspflicht § 24 BeurkG, § 19 BNotO, § 21 GNotKG) empfehlen müssen, dass die Tochter zur Vermeidung der 0,5 Vollzugsgebühr aus dem relativ hohen Wert des Gesamtgeschäfts vorher eine beglaubigte Vollmacht erteilt, in welcher der Bruder (evtl. unter Befreiung von § 181 BGB, soweit erforderlich) bevollmächtigt wird, für sie die Erklärungen abzugeben, welche die Tochter in der abzuschließenden Urkunde betreffen. M. E. wäre der Wert dann nach § 98 I GNotKG nur 1/2 von dem Teil der Erklärungen, die für Tochter abzugeben waren, gewesen, 1,0-Gebühr 21200 bei Beurk. bzw. bei Entwurf entsprechend auch 1,0 nach KV 24101, würde wohl zu einem Gebührenbetrag von 99 Euro führen, der günstiger ist als eine 0,5 Vollzugsgebühr aus 135.000 Euro.

Ich weiß nicht, ob andere dagegen einwenden, auch die "vorherige" Einholung sei nach den Vorbemerkungen gleich wie sonstige Vollzugstätigkeiten (nach Beurkundung) zu behandeln und der Entwurf sei nach der Vorbemerkung ja nicht mehr zu berücksichtigen, um so zu erreichen, dass komplizierte Vergleichsberechnungen zwischen Vollzug und Entwurf nicht mehr stattfinden müssen.

In jedem Fall scheint mir aber der Hinweis auf diese Möglichkeit - die Vollmacht gleich zur Beurkundung vorher zu schicken bzw. mitzubringen - oder noch kostensparender (sofern dier Tochter nicht weit entfernt wohnt) mit zur Beurkundung zu erscheinen - nichts "Verbotenes" - andererseits wird aber die o. a. "normale" Berechnung der Vollzugsgebühr, wenn die Beteiligten sich deswegen nicht beschweren, "durchgehen".
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
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