Hinterlegung verschlossenes Testament

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wissensdurst
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#1

12.01.2017, 08:51

Wir haben hier zum ersten Mal den Fall, dass jemand sein Testament in einem verschlossenen Umschlag überreicht und um Hinterlegung bittet. Bislang war es immer so, dass wir das Testament an sich beurkundet haben.

Für die Hinterlegung muss ein Protokoll / Urkunde erstellt werden mit den Daten des Übergebers usw. Dazu findet man in den Kommentierungen viel und auch Vorlagen. Aber leider wird nichts zu den Kosten gesagt.

Wir haben jetzt zwei Meinungen hier im Büro:

1. 0,5 Beurkundungsgebühr nach Nr. 21200, 21201

2. 1,0 Gebühr Tatsachenbescheiniggung nach Nr. 25104

Bei 2. ist das Gegenargument, dass es bei einem Einzeltestament ja genauso teuer wäre, wie eine Beurkundung des offenen Testaments. Weil der Aufwand des Notars aber geringer ist, müsste ja auch die Gebühr geringer sein.

Hat jemand noch eine dritte Meinung oder weiß, wie es richtig geht?
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NoFaWi
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#2

12.01.2017, 09:08

Du findest nichts spezielles zu den Kosten, weil es überhaupt keine Rolle spielt, ob der Testator seine letztwillige Verfügung durch mündliche Erklärung, Übergabe einer verschlossenen oder offenen Schrift erklärt.
Also auch hier: Errichtung eines Testaments durch Übergabe einer verschlossenen Schrift.

Es besteht aber auch die Möglichkeit nur das Testament beim NLG zur Hinterlegung einzureichen (also ohne Urkunde).
Martin Filzek
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#3

12.01.2017, 10:02

Kann NoFaWi auch nur zustimmen.
Habe ähnliche Fälle - im Lauf von über zwanzig Jahren - zwei oder drei Mal beim Notarkosten-Dienst(siehe Internetseite filzek.de unter Notarkosten-Dienst) gehabt und auch sehr wenig zu den Kosten gefunden und wenn nur ganz knappe Ausführungen, die sich meist auf die Wiedergabe der für die Beurkundung von Testamenten allgemein entstehenden Gebühren beschränkten, ohne auf die vom Einsender gesehene Gerechtigkeitsproblematik einzugehen.
Im Einzelfall wird man vielleicht den Mandanten auf die entstehenden Kosten hinweisen müssen und ihm zur Wahl stellen, ob er die von NoFaWi zuletzt genannte ganz billige Variante vorzieht, aber genauso gut kann man sagen, dass die Beurkundung beim Notar durch Übergabe einer offenen oder verschlossenen Schrift dem gegenüber ja doch gewisse Vorteile hat, weil sie ja einer Beurkundung des ganzen Testaments beim Notar fast gleichwertig ist (bitte erbrechtlich und beurkundungsrechtlich prüfen, ist ja nicht mein Hauptgebiet)?

Die vom Fragesteller genannte 1. Alternative mit der hinzugefügten KV 21201 und deiner 0,5-Gebühr gibt es natürlich nicht, es ist die 1,0-Gebühr 21200 beim Einzeltestament und bei einem gemeinsamen Testament die 2,0-Gebühr KV 21100.
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wissensdurst
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#4

12.01.2017, 10:08

D. h. der Mandant geht mit seinem verschlossenen Umschlag einfach selbst zum NLG und reicht es ein und zahlt dann nur die Hinterlegungsgebühr? Wie ist das dann mit der Registrierung im Zentralen Testamentsregister, wer macht das dann?
Dann verstehe ich allerdings § 30 BeurkG nicht.
Martin Filzek
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#5

12.01.2017, 13:42

Ohne mir in diesem Fachgebiet Erbrecht / Beurkundungsrecht ganz sicher zu sein "glaube" ich bis zur Nochschlauerwerdung (vielleicht durch kluge andere Beiträge zu dem Thema, die meine Irrtümer berichtigen oder ergänzen, oder wenn Zeit durch eigene weitere Recherchen zu dem Thema) Folgendes:

Es ist natürlich ein erheblicher Unterschied zwischen der Abgabe eines Testaments durch den Mandanten selbst beim Nachlassgericht und der Testamentserrichtung beim Notar nach § 30 BeurkG, denn während das Nachlassgericht wohl nur den Umschlag entgegennimmt und die Gerichtskosten dafür berechnet, gelten für den Notar nach § 30 BeurkG ja auch die Pflichten aus § 17 BeurkG (Prüfungs- und Belehrungspflichten). Das rechtfertigt dann wohl die Gleichbehandlung mit ganz selbst entworfenen bzw. beurkundeten Testamenten bei einem Notar, welche ja dieselben Kosten auslösen. Eine ähnliche Situation besteht vielleicht beim Vergleich von der Vorlage eines Entwurfs durch den Mandanten an den Notar zur Prüfung, wo wegen KV 24100 ff. grundsätlich dieselben Gebühren entstehen können wie für das Herstellen eines Entwurfs allein durch den Notar (nur mit dem Unterschied, dass im Fall der Entwurfsüberprüfung bzw. -ergänzung geringere Rahmengebühren entstehen können, während §92 II nur bei vollständiger Entwurfsfertigung die Höchstrahmengebühr vorschreibt. Andererseits kann auch hier dem Schrifttum - meines Erachtens zu Recht - entnommen werden, dass die Prüfung eines fremden Entwurfs (z. B. eines komplizierten Bauträgervertrags o. Ä.) fast denselben und unter Umständen sogar mehr Verantwortung und Arbeitsaufwand vom Notar verlangt, als wenn er auf seine selbst entwickelten bewährten Muster im Fall der vollständigen eigenen Entwurfsfertigung zurück greifen kann, da er die fremde Urkunde ja in allen Punkten kritisch durchsehen muss auf Unwirksames, Fehlendes, Ungereimtes usw., so dass auch insoweit häufig zu Recht gefordert wird, die Rahmengebühren bis zum vollen Rahmen auszuschöpfen.
Bei der Testamentsbeurkundung entweder durch eigene Fertigung des Protokolls oder durch Übergabe einer offenen oder verschlossenen Schrift des Mandanten besteht diese Differenzierungsmöglichkeit nicht, da eben für Beurkundungen nach § 30 BeurkG keine geringeren Rahmengebühren möglich sind.

Wegen der vielleicht ungewöhnlichen Kostenunterschiede zwischen Einreichung durch den Mandanten beim Nachlassgericht zur Kostenhöhe bei Übergabe einer Schrift an den Notar stelle ich es mir so vor, dass ein gewissenhafter Notar darauf hinweist und nachfragt, ob der Mandant auf die Idee kam, sein selbst geschriebenes und evtl. schon verschlossenes Testament beim Notar abzugeben, weil er das als juristischer Laie so in vielen Krimis gesehen hat oder irrtümlich meint, dass dies der richtige Weg ist, oder ob er die Belehrung durch den Notar gar nicht will und bei Vorstellung der Kostenunterschiede darauf verzichten möchte. Durchaus möglich, dass die Beurkundung durch Übergabe an den Notar wegen der damit zusätzlich verbundenen Vorteile (siehe oben) dennoch gewollt ist.

In der letzten Zeit hat es Entscheidungsveröffentlichungen in DNotZ und anderen Fachzeitschriften gegeben, wo die Übergabe einer verschlossenen Schrift an den Notar (mit unterschiedlichen Ergebnissen zur Zulässigkeit) vorkam, bei denen in der verschlossenen Schrift die Benennung des Notars zum Testamentsvollstrecker enthalten war, was zum Teil wegen § 7 BeurkG (Unwirksamkeit, soweit Notar Vorteile aus der Beurkundung erhält, hier wohl die Testamentsvollstrecker-Vergütung indirekt) als unwirksam angesehen wurde, von anderen Entscheidungen aber als zulässig angesehen wurde. Jedenfalls sieht man daraus, dass so etwas doch ab und zu vorkommt.

Die Benachrichtigung des ZTR wird bei der Hinterlegung durch den Mandanten selbst beim Nachlassgericht wohl das Gericht machen.
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#6

16.02.2017, 16:07

Auch wenn die Antwort von Martin Filzek schon einige Zeit zurückliegt, noch eine Anmerkung von mir:

Wird ein privatschriftliches Testament beim Nachlassgericht abgegeben, ist und bleibt es ein "privatschriftliches.
Wird aber ein solches Testamernt beim Notar "abgegeben"und fertigt dieser eine Niederschrift, gilt § 2232 BGB:

"Öffentliches Testament Zur Niederschrift eines Notars wird ein Testament errichtet, indem der Erblasser dem Notar seinen letzten Willen erklärt oder ihm eine Schrift mit der Erklärung übergibt, dass die Schrift seinen letzten Willen enthalte. Der Erblasser kann die Schrift offen oder verschlossen übergeben; sie braucht nicht von ihm geschrieben zu sein."
Es handelt sich dann also um ein öffentliches Testament, durch das man sich vielfach einen Erbschein spart (vgl. § 35 GBO).
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Manfred Fisch
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#7

17.02.2017, 11:10

Dann will ich auch noch :mrgreen:

Wird ein privatschriftliches Testament errichtet und die Mandanten wünschen die Hinterlegung beim Gericht, dann sollte nicht unbedingt der Kostengedanke die tragende Rolle spielen. Die erste und wichtigste Frage ist: "Was ist in dem Umschlag drin?"

Antworten die Mandanten, dass darin ein privatschriftlich, mit eigener Hand errichtetes Testament enthalten ist (formwirksam), dann kann man zu der zweiten Frage kommen: Nur Einreichung bei Gericht (ohne Anzeige BNotK) oder Beurkundung der Errichtung der Verfügung durch Übergabe einer (verschlossenen) Schrift?

Antworten die Mandanten aber, dass darin ein privatschriftlich, nicht mit eigener Hand errichtetes Testament enthalten ist (zB Ausdruck, Schreibmaschine oder so), dann darf man gar keine weitere Frage stellen, sondern MUSS die Aufnahme beurkunden. Alles andere würde dazu führen, dass ein formunwirksames Testament in die Welt gesetzt wird - mit fatalen Folgen.
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#8

17.02.2017, 15:43

wobei "... die Aufnahme beurkunden ..." im vorletzten Satz von Manfreds Beitrag meiner Meinung nach heißt, die für Beurkundungen letztwilliger Verfügungen erforderliche rechtliche Belehrung (z. B. Bedeutung der Erbeinsetzung, Grenzen durch Pflichtteilsbereechtigte usw. - siehe Formular- und Handbücher zum Erbrecht für Notare) zumindest anzubieten und wenn der Mandant sie haben will auch zu leisten (ohne sich auf die formalen Fragen "Was ist da drin?" zu beschränken und bei Beantwortung in der einen oder anderen Weise nur die "Ablieferung" zu beurkunden, ohne Belehrungen zum materiellen Erbrecht anzubieten bzw. zu leisten).
Die Hinweise müssten dann als nur einen weniger wichtigen Punkt auch die Unterschiede bei den Kosten durch alleinige Errichtung eines privaten Testaments ohne Beratung oder Beurkundung des Notars umfassen gegenüber der anderen Möglichkeit der Beurkundung (zu der die Beratung dann inklusive wäre).
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Manfred Fisch
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#9

17.02.2017, 16:18

Lieber Martin, so ist es auch und wird in der Praxis so gehandhabt.

Die Frage "Was ist drin?" ist lediglich die Eingangsfrage um beurteilen zu können, ob

a) in ein Beurkundungsverfahren einzusteigen ist, zu dem auch die Übergabe einer Schrift gehört, und zu dem auch sämtliche Hinweis- und Belehrungspflichten gehören (und wohl auch deshalb diese Tätigkeit mit der Beurkundungsgebühr abgegolten wird) oder

b) lediglich eine Vollzugshandlung durch den Notar erforderlich ist (ohne die entsprechenden Hinweis- und Belehrungspflichten).

Es käme ja niemand auf die Idee, aus Kostengründen die Unterschriften unter einem Grundstückskaufvertrag (inländischen Grundbesitz betreffend) nur zu bgelaubigen. Ebenso wenig können Kostengründe entscheidend sein, ob die Übergabe einer Schrift zu protokollieren ist, oder nicht.

Die entstehenden Kosten dürfen niemals der maßgebliche Faktor sein um zu entscheiden, wie vorgegangen wird. Darauf wollte ich nur hinaus.
Martin Filzek
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#10

17.02.2017, 17:31

Lieber Manfred,

Danke dir für deine weiteren klarstellenden Worte, die ich so auch schon vermutet hatte und nur vorsorglich ergänzen wollte - wir sind uns wohl so gut wie in allem einig, und die qualifizierten Diskussionsbeiträge von Revisor, NoFaWi, Dir und mir haben die Frage für Wisssensdurst als Fragestellerin und interessierte Leser bestimmt ein wenig schlauer gemacht zu diesem Thema, bei dem wegen seiner Seltenheit oft Unsicherheiten bestehen. Man muss sich und andere ja auch mal loben, und wir haben die Rechtswissenschaft jetzt alle ein klitzekleines Stückchen in dieser Fachfrage vorangebracht. ;)
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