Pfandfreigabe

Für alle Fragen rund um Kosten - neues Recht ab 01.08.2013
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Augustus
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#1

10.07.2015, 09:02

Die Volksbank legt eine vorbereitete Pfandfreigabeerklärung mit folgendem Inhalt vor:

Für die Volksbank sind im Grundbuch von C Blatt 1111 in Abt. III folgende Grundschulden eingetragen:
Nr. 1: 100.000.--€
Nr. 2: 200.000.--€
Nr. 3: 300.000.--€
Die Gläubigerin entlässt das mitbelastete Flst. 22 aus der Mithaft für diese Grundschulden und bewilligt die lastenfreie Abschreibung im Grundbuch.
Der Wert des freigegebenen Flst. 22 beträgt 50.000.--€.

Aus welchem Geschäftswert sind die Gebühren für die Unterschriftsbeglaubigung anzusetzen ?
Notariatsoldie
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#2

10.07.2015, 12:18

Wert 50 000 EUR - siehe § 44 I GNotKG
Augustus
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#3

10.07.2015, 14:39

habe jetzt gefunden: Streifzug Rz. 2086
Bei jeder Grundschuld Vergleich Grundschuldbetrag mit Grundstückswert, jeweils der günstigere Wert. Dann Addition der Werte, da verschiedene Gegenstände, § 86 Abs. 2.
Martin Filzek
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#4

10.07.2015, 16:13

Ja, das ist richtig bzw. entspricht der seit Jahren (schon zur in etwa gleichen KostO-Regelung) herrschenden Meinung, im Ergebnis also wohl 3 x 50.000 = 150.000 Euro Wert.

P.S. (hinzugefügt ab 18.52 Uhr ca.): Ich musste über diese Frage heute nachmittag noch einmal nachdenken. Ergebnis: Es ist eigentlich komisch, dass sich diese Bewertung bisher so überwiegend durchgesetzt hat. In Streifzug Rn. 2086 f. sind als Nachweise in den Fußnoten notiert BayObLG DNotZ 1961, 430 = Rpfleger 1961, 407; Korintenberg/Sikora § 44 Rn. 5; Assenmacher / Mathias (zuletzt 2007/2008 in 16. Aufl. zur KostO erschienen) S. 299 ff.
Nach der Logik und bei wirtschaftlicher Betrachtung müsste man Folgendes in die Auslegung / Bewertung einbeziehen:
Die 50.000 Euro (Wert des Flurstücks im Beispielsfall) sind nur ein mal vorhanden. Nehmen wir an, bei Zwangsversteigerung erfolgt eine Verteilung an die einzelnen Gläubiger, stehen diese sowohl für die Gläubiger der Rechte über jeweils höhere Forderungen als 50.000 Euro nur ein mal zur Verfügung, d. h. sofern sie ein mal verbraucht sind, gehen die zwei anderen "Grundpfandrechte" leer aus (bedingt also ein Wert von höchstens 1 x 50.000 Euro und 2 x 0 Euro = 50.000 Euro bei wirtschaftlicher Betrachtung.
Nun hat aber die "Aussage", das notarielle Kostenrecht habe nichts mit Logik oder Gerechtigkeit zu tun, zahlreiche Anhänger gefunden, und es ist wahrscheinlich einfach ein menschlicher Mechanismus, eine ungerechte und unerwartete Bewertung (wie hier auch der Vorschlag von Notariatsoldie zeigt; auch in meiner Praxistätigkeit kann ich mich gut noch an langwierigen Schriftverkehr mit verärgerten Banken und Mandanten über diese herrschende Bewertung erinnern und weiß, dass diese Bewertungen ein "gefundenes Fressen" für zahlreiche Notarkostenprüfer sind, die dann ihre Nützlichkeit durch entsprechende Beanstandungen unter Beweis stellen können), wenn man sie einmal als "herrschende Meinung" gelernt hat, auch an alle anderen dummen Leute "weiter zu missionieren". Eine an den Grundsätzen der oben dargestellten bedingten Wertlosigkeit bei den zwei anderen Rechten und an einem als gerecht verstehbaren Ergebnis orientierte Auslegung würde hier also auch leicht zu einem anderen Ergebnis kommen können, als dies bei der bayerischen Entscheidung Anfang der sechziger Jahre der Fall gewesen ist. Weitere zeitintensive Darlegungen und weitere dogmatische Entwicklung von Argumenten erspare ich mir jetzt aber aus arbeitsökonomischen Gründen. Ein Argument wäre noch, warum es richtig sein soll, dass man für den Fall, dass mehrere Grundstücke bei Pfandunterstellungen und -freigaben einem oder mehreren Grundpfandrechten gegenüberstehen, für die Grundstücke nur aus deren Summe der Wertvergleich gegenüber einem Grundpfandrecht nur einmal mit der Summe der Grundstücke gemacht werden muss (siehe Streifzug Rn. 2086 z. B.) - Danut wird dem Grundsatz, dass der Grundpfandrechtswert für alle Grundstücke nur ein mal zur Verfügung steht - dies aber bei mehreren Grundpfandrechten nicht der Fall sein soll, obwohl es da wirtschaftlich betrachtet doch genau so ist (siehe oben) = verfassungswidrige Ungleichbehandlung im Grunde gleicher Sachverhalte, zu denen ich jedenfalls keine Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung erkennen kann.
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
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#5

13.07.2015, 15:34

@Martin Filzek

So kompliziert sehe ich das nicht:
Es handelt sich hier zunächst einmal um die Löschung von drei Grundpfandrechten. Bei einer "vollständigen" Löschung wäre unstreitig, dass der jeweilige Nennbetrag maßgeblich wäre. Da dies bei einer Pfandfreigabe zu unbilligen Ergebnissen führen könnte, wurde hierfür der Wertvergleich zwischen Nennbetrag und Wert des Grundbesitzes vorgesehen. Es handelt sich also nur um mehrere gegenstandsverschiedene "begünstigte" Löschungen, die zufällig in einer Urkunde zusammentreffen und deren Einzelwerte zu addieren sind.
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