Kaufvertrag mit Rück-AV, Dienstbarkeiten u. Nachverpfändung

Für alle Fragen rund um Kosten - neues Recht ab 01.08.2013
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hexe-petri
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#1

14.08.2014, 15:57

Hallöchen, hab ein kleines Kostenproblem und hoffe auf Hilfe.

Käufer sind Erbbauberechtigte und erwerben nunmehr das Grundstück.
Verkäufer ist die Stadt.
Kaufpreis 55.700,-- EUR.

Im Kaufvertrag wurden weitere Rechte u. Verpflichtungen des Käufers aufgenommen:

- bei Weiterverkauf o. Nutzungsüberlassung des Kaufobjektes durch Käufer o. dessen Rechtsnachfolger ist dieses der Stadt zu verschiedenen Bedingungen zum Kauf anzubieten. Zur Sicherung des Anspruch auf Eigentumsübertragung wird die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten der Stadt bewilligt u. beantragt

- Käufer verpflichtet sich gegenüber den jeweiligen Eigentümern/Erbbauberechtigten mehrerer Grundstücke (ca. 40 Stück), schädliche Einwirkungen (Rauch, Abgas, Lärm etc.), die von diesen Grundstücken ausgehen, entschädigungslos zu dulden,

- beschränkt persönliche Dienstbarkeit für die Stadt, sämtliche Immissionen die von den den Grundstücken (den ca. 40 Stück) jeweils vorhandenen Nutzungsarten ausgehen (Gas, Rauch, Gerüche, Erschütterungen etc.) entschädigungslos zu dulden.

Der Wert der Dienstbarkeiten beträgt je *250,00* EUR. (KEIN Jahreswert!)
(daher ermittelt gem. § 52 Abs. 3, 5 % vom Verkehrswert von 55.700,00 € = 2.785 EUR,
x 20 = 55.700,00 EUR x 2 (für 2 Dienstbarkeiten) = 111.400,00 EUR)


Im Kaufvertrag wird auch die Nachverpfändung für ein noch im Erbbaugrundbuch eingetragenes Grundpfandrecht (79.500,00 EUR) für das Kaufobjekt erklärt.

Ich würde hier wie folgt abrechnen:

KV Nr. 21100 (§§ 97, 47) GW: 55.700,00 € 2,0 = 384,00 €
KV Nr. 21201 (§§ 35 I, 52 Abs. 3) GW: 111.400,00 € 0,5 = 150,00 €
KV Nr. 21200 (§§ 97, 53) GW 79.000,00 € 1,0 = 219,00 €
= insges. 753,00 €

Prüfung gem. § 94 I:
Gesamtbetrag 246.100,00 €, hieraus 2,0 = 1.070,00 €,
daher getrennte Berechnung.

Ist das so richtig oder ist die Auflassungsvormerkung für die Stadt auch noch zu bewerten?

LG hexe-petri
Martin Filzek
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#2

15.08.2014, 14:50

hexe-petri hat geschrieben:Hallöchen, hab ein kleines Kostenproblem

Das scheint mir nach Lektüre der gemachten Bewertungsvorschläge etwas untertrieben zu sein, ich würde sagen, es sind verschiedene und nicht kleine, sondern mittelschwierig bis schwierig zu nennende Kostenprobleme, was angesichts der Kompliziertheit und Schwierigkeit der Materie in diesen überdurchschnittlich schwierigen Fällen nichts Ungewöhnliches ist. Vieles ist mit dem GNotKG gegenüber KostO eindeutiger und besser zu lösen geworden, aber es bestehen manch neue Zweifelsfragen und kompliziertere Nicht-Standard-Fälle sind für die Notare und ihre Angestellten, die noch nicht alle kostenrechtlichen Feinheiten studieren konnten, oft arbeitsaufwändig und letztlich unsicher zu lösen. Zum Teil sind daher professionelle und wegen des Zeitaufwands i.d.R. nur entgeltlich mögliche Berechnungshilfen durch Spezialisierte, vgl. z. B. meine Angebot Notarkosten-Dienst auf der nach meinem Nachnamen benannten Internetseite, eine gute Alternative, die Notar und Mitarbeiter dann entlasten kann.

und hoffe auf Hilfe.

Die Hoffnung stirbt zuletzt, will aber versuchen, ein wenig weiter zu helfen, obwohl vieles aus der Ferne ohne die genauen Formulierungen usw. nicht sicher beantwortet werden kann.

Käufer sind Erbbauberechtigte und erwerben nunmehr das Grundstück.
Verkäufer ist die Stadt.
Kaufpreis 55.700,-- EUR.

Im Kaufvertrag wurden weitere Rechte u. Verpflichtungen des Käufers aufgenommen:

- bei Weiterverkauf o. Nutzungsüberlassung des Kaufobjektes durch Käufer o. dessen Rechtsnachfolger ist dieses der Stadt zu verschiedenen Bedingungen zum Kauf anzubieten. Zur Sicherung des Anspruch auf Eigentumsübertragung wird die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten der Stadt bewilligt u. beantragt

wird wahrscheinlich weitere Leistung des Käufers nach § 47 S. 2 sein, vgl. hierzu Rn. 1716 - 1718 in Notarkasse München, Streifzug durch das GNotKG, 10. Aufl. 2013, Geschäftswert nach § 51 Abs. 1 S. 2 GNotKG halber Verkehrswert. Der Wert dieser Leistung fließt direkt in den Wert der Austauschleistungen § 97 III ein, ist also keine gegenstandsverschiedene Erklärung und erhöht den Wert der 2,0-Gebühr aus Kaufpreis plus zusätzlichen Leistungen

- Käufer verpflichtet sich gegenüber den jeweiligen Eigentümern/Erbbauberechtigten mehrerer Grundstücke (ca. 40 Stück), schädliche Einwirkungen (Rauch, Abgas, Lärm etc.), die von diesen Grundstücken ausgehen, entschädigungslos zu dulden,

- beschränkt persönliche Dienstbarkeit für die Stadt, sämtliche Immissionen die von den den Grundstücken (den ca. 40 Stück) jeweils vorhandenen Nutzungsarten ausgehen (Gas, Rauch, Gerüche, Erschütterungen etc.) entschädigungslos zu dulden.

Der Wert der Dienstbarkeiten beträgt je *250,00* EUR. (KEIN Jahreswert!)
([]daher ermittelt gem. § 52 Abs. 3, 5 % vom Verkehrswert von 55.700,00 € = 2.785 EUR,
x 20 = 55.700,00 EUR x 2 (für 2 Dienstbarkeiten) = 111.400,00 EUR)[/]

Für die Dienstbarkeiten ist zu fragen, ob diese eine weitere Leistung i. S. von § 47 S. 2 sind und dann unmittelbar den Wert der 2,0-Gebühr, wie oben zum Wiederkaufsrecht beschrieben, erhöhen, in diesem Fall käme bei beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten wie hier keine weitere Bewertung neben dieser Hinzurechnung in Frage, während nur bei der Bestellung von Grunddienstbarkeiten § 110 Nr. 2 b eine weitere gesonderte Bewertung der Dienstbarkeiten-Bestellung selbst (i.d.R. mit 0,5) anordnet.
Im Fall, wie er nach der knappen Sachverhaltsdarstellung bisher bekannt ist, bestehen folgende Möglichkeiten, zwischen denen man sich entscheiden müsste:

a) Man sieht die Duldung der Geruchs-, Lärm- und sonstigen Emmissionen von den Nachbargrundstücken als notwendigen Inhalt des Vertrages an und verneint demzufolge eine weitere Hinzurechnung nach § 47 S. 2. Die Grundbuchanträge auf Eintragung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten sind dann gegenstandsgleiche Sicherungs- und Dujrchführungserklärungen (ebenso wie die Eintragung einer Auflassungsvormerkung für Käufer usw.) und praktisch "in der 2,0-Gebühr" des Austauschvertrages enthalten.

b) Man sieht auch in der ausdrücklichen Verpflichtung zum Dulden der in den Dienstbarkeiten geregelten Dinge weitere "Leistungen" des Käufers und bewertet sie entsprechend § 47 S. 2.

Persönlich neige ich zu b) mit dem Argument, auch eine Verpflichtung, etwas zu dulden und dagegen vorzugehen usw., kann eine "Leistung" i.S.v. § 47 S. 2 sein, an welcher der Verkäufer hier wirtschaftlches Eigeninteresse hat.

Siehe in Streifzug z. B. Rn. 1732 ff.

Jetzt zum Wert (der Dienstbarkeiten):

Wie in diversen früheren Beiträgen dieses Forums (siehe auch Filzek, KostO, 4. Aufl. 2009, Vor § 18, Rn. 16, 17 ff.) bin ich ein Feind der unkritischen Übernahme von den durch die Beteiligten zum Zwecke der Kostenberechnung gemachten Wertangaben. Ohne die örtlichen Gegebenheiten des Grundstücke und der Nachbargrundstücke zu kennen, könnte ich mir aber vorstellen, dass die mitgeteilte Wertangabe von 250 Euro insgesamt je Nachbargrundstück für die Duldungsdienstbarkeit in Bezug auf Gerüche, Lärm, Erschütterungen usw. in einer Industrielandschaft Nordrhein-Westfalens wegen der allgemein unterdurchschnittlichen Luftsauberkeit in bestimmten Gegenden nichts Ungewöhnliches sind und die Wertangabe mit 250 Euro, bei 20 Grundstücken wird ja dann der Hilfsregelwert § 36 von 5.000 Euro erreicht, in Ordnung sein könnten.
Deshalb ist es hier m. E. nicht möglich, diese Wertangabe(n) der Beteiligten zu ignorieren und statt dessen auf § 52 Abs. 3 (gemeint war wahrscheinlich § 52 ABs. 5) abzustellen und 5 % des Verkehrswerts (der auch höher sein dürfte als der Barkaufpreisteil von 55,700 Euro) zu Grunde zu legen: Das geht nur, wenn gar keine Anhaltspunkte für eine Wertermittlung da sind, also gerade im hier vorliegenden Fall mit den - vielleicht etwas niedrigen - Wertangaben der Beteiligten eher nicht, vielmehr hätte man allenfalls bei Anhaltspunkten für eine zu geringe Wertangabe diesen Wert entsprechend erhöhen können. Da das erklärungsbedürftig wäre würde ich persönlich also empfehlen, es bei der Wertangabe der Beteiligten zu belassen und den Wert der zusätzlichen "Leistung" i.S.v. § 47 S. 2 auf insgesamt 5.000 Euro nach §§ 52, 36 zu schätzen
.

Im Kaufvertrag wird auch die Nachverpfändung für ein noch im Erbbaugrundbuch eingetragenes Grundpfandrecht (79.500,00 EUR) für das Kaufobjekt erklärt.

Ich würde hier wie folgt abrechnen:

KV Nr. 21100 (§§ 97, 47) GW: 55.700,00 € 2,0 = 384,00 €

- dem Wert hinzuzurechnen nach meiner (vorläufigen, s. o.) Mng. 1/2 Verkehrswert, vielleicht grob geschätzt mit 30 - 35.000 Euro (1/2 von 55.700 Euro würde ja nur dem hälftigen Barkaufpreisteil entsprechen, während hier noch weitere Leistungen vorliegen, vielleicht kann der Verkehrswert auch sonstwie genauer ermittelt werden?, vgl. Notarkasse a.a.O. Rn. 1627 ff.; da § 51 Abs. 3 aber auch die Möglichkeit bietet, den Wert nach den Umständen des Einzelfalls höher oder niedriger anzunehmen, wäre sicher auch 1/2 von nur 55.700 Euro Barkaufpreisteil ein akzeptabler und gut dem Kostenschuldner vermittelbarer Wert) sowie die für die Übernahme und Bestellung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten oben geschätzten Werte von z. B. 5.000 Euro -

KV Nr. 21201 (§§ 35 I, 52 Abs. 3) GW: 111.400,00 € 0,5 = 150,00 €

- eine gesonderte Bewertung käme nach § 110 Nr. 2 b nur für Grunddienstbarkeiten in Betracht, nicht hingegen für beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, vgl. Kommentarliteratur und Gesetzesbegründung zu § 52, deswegen fällt diese Gebühr m. E. weg bzw. ist - siehe oben - in der 2,0-Gebühr aus dem Gesamtwert oben bereits als gegenstandsgleiche Sicherungs- und Durchführungserklärung § 109 enthalten -

KV Nr. 21200 (§§ 97, 53) GW 79.000,00 € 1,0 = 219,00 €

- könnte wohl richtig sein bei Nachverpfändung mit ZV.-Unterwerfung; bei bloßem Grundbuchantrag auf Nachverpfändung (ohne ZV.-Unterwerfung u. Ä.) evtl. nur 0,5 nach KV 21201 Nr. 4 -

= insges. 753,00 €

- führt beim Gebührenbetrag dann zu einem anderen Ergebnis -

Prüfung gem. § 94 I:
Gesamtbetrag 246.100,00 €, hieraus 2,0 = 1.070,00 €,
daher getrennte Berechnung.

- die Prüfung nach § 94 I ist schon richtig; würde man dann mit den sich oben ergebenden anderen Werten und Gebühren für 2,0-Gebühr aus Kaufpreis plus zusätzliche Leistungen und der 1,0-Gebühr für Nachverpfändung durchführen -

Ist das so richtig oder ist die Auflassungsvormerkung für die Stadt auch noch zu bewerten?

Erster Teil des Fragesatzes: Ja, zum Teil, siehe oben
Zweiter Teil des Fragesatzes: Ja, wobei die Auflassungsvormerkung selbst nicht besonders bewertet wird, aber als Sicherungs- und Durchführungserklärung zum oben bei der 2,0-Gebühr im Rahmen von § 47 S. 2 bewerteten Hinzurechnung des 1/2 Verkehrswertes darin enthalten ist.


LG hexe-petri
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Wohnort: NRW

#3

22.08.2014, 12:38

Hallöchen Herr Filzek,
vielen Dank für Ihre Antwort für mein "kleines Kostenproblem" :lol:
Ich habe jetzt den Kaufpreis plus halben Barkaufpreis für die AV plus 5.000,00 € für die Dienstbarkeiten als Wert genommen.

:thx :thx :thx
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