UG - Ein-Personengründung - ohne Musterprotokoll

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mausi62
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#1

16.07.2014, 12:57

Hallo,

ich soll die Gründung - nur ein Gesellschafter und nur ein GF - einer UG ohne Mutsterprotokoll - Stammkapital € 500,00 - abrechnen.
In der Gründungsverhandlung wurde der 1. GF bestellt und ihm Befreiung von § 181 BGB erteilt.
Meine Frage nun hierzu, kann bzw. muss ich jetzt auch den Beschluss bezüglichdes GF abrechnen - wie z. B. bei einer Gründung einer Ein-Personen GmbH oder entstehen hier nur die nachfolgenden Gebühren ??

Nr. 21200, Geschäftswert §§ 97 Abs. 1, 107 - auf € 30.000,00 - Gründung
Nr. 22110, Geschäftswert § 112 - Vollzug Nr. 22113 - auf € 30.000,00 - Liste der Gesellschafter
Nr. 24102, Geschäftswertt §§ 119 Abs. 1, 92 Abs. 2, 105, 106 - auf € 30.000,00 - HRAnm.
Nr. 22114, Geschäftswert § 112 - auf € 30.000,00 - elektronischer Vollzug und XML-Strukturdaten
Auslagen und Steuer

oder käme noch folgende Gebühr bei der Abrechnung der Gründungsurkunde für den Beschluss hinzu und dann natürlich auch die Gebühre Nr. 22110 auf € 60.000,00 ??
Nr. 21100, Geschäftswert §§ 97, 108, 105 - auf € 30.000,00 - Beschluss 1. GF Bestellung und ...

Wäre nett, wenn mir jemand auf die Sprünge helfen könnte.
Notariatsmann
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#2

16.07.2014, 17:01

mausi62 hat geschrieben:Meine Frage nun hierzu, kann bzw. muss ich jetzt auch den Beschluss bezüglichdes GF abrechnen - wie z. B. bei einer Gründung einer Ein-Personen GmbH
Ja. Die 1-Mann UG ist ja eine Ein-Personen GmbH. Wenn nicht mit Musterprotokoll gegründet wird, gibts keine kostenmäßige Privilegierung.
mausi62
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#3

16.07.2014, 18:04

Vielen Dank für deine Antwort.
Martin Filzek
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#4

16.07.2014, 23:30

Einige Anmerkungen:

1. Im Sachverhalt steht nur, dass in der Gründungsverhandlung der erste Geschäftsführer bestellt wurde und ihm Befreiung von § 181 BGB erteilt wurde. Ob damit zwingend ein Beschluss vorlag, oder ob das nicht auch als rechtsgeschäftliche Gründungserklärung, die gegenstandsgleich zur Gründungserkärung der UG sein könnte, ist streitig. Streifzug und die wohl überwiegende Meinung vertreten wohl seit einigen Auflagen, es läge bei der Geschäftsführerbestellung in GmbH-Gründungen immer ein Beschluss vor, während z. B. Waldner in früher KostO für Anfänger, jetzt GNotKG für Anfänger, sowie der Kommentar von Rohs/Wedewer, KostO, § 39 Rn. 39 (zum GNotKG noch nicht erschienen) der Meinung sind, dass es durchaus möglich ist, bei der Geschäftsführerbestellung in den Gründungserklärungen keinen Beschluss zu haben.

2. Ob der Wert der Vollzugsgebühr, selbst wenn ein Beschluss vorliegen sollte, der zu einem Gesamtbeurkundungsverfahrenswert §§ 35 I, 86 II von 60.000 Euro führt (wobei für die Beurkundungsgebühren wegen der verschiedenen Gebührensätze § 94 I anzuwenden ist und insoweit getrennte Gebühren enstehen wie auch im vorletzten Absatz des Fragebeitrags vorgeschlagen) - so die wohl überwiegend vertretene Meinung nach § 112, die auf den Gesamtwert aller Beurkundungsverfahrensgegenstände abstellt, auch wenn bei den Beurkundungsgebühren wegen § 94 I letztlich Einzelgebgühren aus Teilwerten entstehen - oder ob der Wert der Vollzugsgebühr für die Einholung der Gesellschafterliste nach Ansicht von Wudy und Waldner nur 30.000 Euro beträgt (Wert der Anmeldung - im Fall einer Gründung mit Musterprotokoll wäre das nur der geringe Betrag des Stammkapitals) ist streitig; tendiere persönlich auch zur Abstellung auf die GmbH-Gründungsurkunde statt auf die Anmeldung, wollte es nur der Vollständigkeit halber erwähnen - gerichtliche Entscheidungen liegen wohl noch nicht vor.

3. Diese Konstellation - ein Ein-Mann-Gründer einer UG mit 500 Euro Stammkapital gründet ohne Musterprotokoll, und bestellt, obwohl es bei Verwendung des Musterprotokolls doch viel günstiger genau so wäre den ersten Geschäftsführer mit Befreiung von § 181 BGB - dürfte wohl selten sein. Sicher besteht Einigkeit, dass das Musterprotokoll insbesondere für Mehrpersonen-Gesellschaften wegen der fehlenden Möglichkeit einer individuellen Satzung, die auf Vinkulierungsregelungen, zur Durchführung von Gesellschafterversammlungen, zur Kündigung, Einziehung, Vererbung und Abfindung bei Ausscheiden usw. (vgl. Pfisterer in Saenger/Inhester, GmbHG, 2011 bei § 2 Rn. 55) ungeeignet ist und der Notar i.d.R. davon abraten sollte, aber bei nur einem Gründer frage ich mich, was denn Tolles an weiteren über den Inhalt des Musterprotokolls hinausgehenden Erklärungen hier verkauft wurde, dass die wesentlich teureren Kosten der individualisierten Gründung gegenüber der trotz Mindestgebühr von 60 Euro (plus Mindestgebühr 30 Euro für Anmeldung; eine Liste der Gesellschafter wäre auch "inklusive") doch viel billigeren UG-Gründung durch Musterprotokoll vorlag?

Ohne den konkreten Fall zu kennen, könnte ich mir allgemein vorstellen, dass die meisten UG-Gründer mit so geringem Stamm-Startkapital bei den hier jetzt entstehenden Kosten - welche ja das gesamte Stammkapital fast erreichen oder sogar übersteigen - hinterher "meckert" und unzufrieden ist und sich fragt, ob der Notar ihn genug vor den Mehrkosten der individuellen Gründung "gewarnt" hat und durch etwa versäumte Belehrungspflicht (streitig) über solche Mehrkosten kein Fall von § 21 GNotKG bzw. Verletzung des Gebots des billigsten Wegs (abgeleitet auch aus § 19 BNotO u. § 24 BeurkG) vorlag.

Würde natürlich nur gelten, wenn fast nicht viel anderes als im Musterprotokoll für den Einmann-Gründer in die Nicht-Musterprotokoll-Satzung geschrieben wurde, nicht hingegen bei sinnvollen Gründen für o. a. umfassendere Individualregelungen ...

Normalerweise müsste es beim Ein-Mann-Gründer doch so sein, dass er, wenn auf absehbare Zeit keine Aufnahme neuer Gesellschafter usw. beabsichtigt sind, erst mal mit der Musterprotokoll-Gründung loslegen könnte und später, wenn sich ein Bedarf für Aufnahme weiterer Gesellschafter oder weitere Regelungen herausstellen sollte, zur Nicht-Mustersatzung immer noch übergehen kann?

Sollte ich bei diesen Anmerkungen etwas übersehen haben oder falsch liegen, lasse ich mich natürlich gern schlauer machen durch weitere Stellungnahmen anderer Forumsteilnehmer.
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