Löschungsbewilligung vor Abschluss des Kaufvertrag

Für alle Fragen rund um Kosten - neues Recht ab 01.08.2013
Antworten
StillesWasser
Forenfachkraft
Beiträge: 104
Registriert: 15.08.2011, 11:47
Beruf: Notarfachangestellte

#1

28.03.2014, 14:28

Hey, Leute,
vielleicht kann mir mal kurz jemand helfen?

Ich habe hier eine Löschungsbewilligung f. Abt. III. Entwurf und Beglaubigung fand ca. 14 Tage vor der Beurkundung des Kaufvertrages bei uns statt. Es handelt sich hier um ein Grundpfandrecht für eine Privatperson.

Aus der Akte geht keinerlei Korrespondenz hervor, dass wir den Gläubiger angeschrieben haben oder sonst irgendwas, dass er zu uns kommen soll, daher gehe ich davon aus, dass alles telefonisch gelaufen ist, oder aber der Verk. ihm Bescheid gesagt hat, dass er zu uns kommen soll, keine Ahnung!

Ich weiß ja, dass ich auch vor der Beurkundung die Vollzugsgebühr berechnen darf. Fällt mein Fall jetzt auch unter den Begriff "Anforderung"? kann ich hier eine 0,5 Vollzugsgebühr gem. 22110 KV Nr. 9. berechnen?

Was meint ihr? Stehe auf dem Schlauch!
Martin Filzek
Foreno-Inventar
Beiträge: 2205
Registriert: 30.05.2008, 16:23
Beruf: Fachbuchautor KostenO/GNotKG), freibeuflicher Dozent, früher Notariatsmitarbeiter bzw. -BV

#2

29.03.2014, 13:54

Ich würden den Fall so beurteilen:

Soweit es nicht mehr aufklärbar sein sollte, ob die 14 Tage vor der Kaufvertragsbeurkundung erteilte Löschungsbewilligung

rein zufällig ohne Sachzusammenhang mit dem 14 Tage später beurkundeten Kaufvertrag erteilt wurde, würde ich - wie auch die Fragestellerin es tun möchte - im Zweifel (in dubio pro reo: im Zweifel für den Angeklagten bzw. hier im Zweifel für den öffentlich-rechtliche Notargebühren schuldenden Kostenschuldner - ein Versäumnis des Notars bei der Dokumentation wird dieser wegen seiner Betreuungspflicht § 24 BeurkG sowie aus den Grundsätzen des § 19 BNotO u. § 21 GNotKG nicht zu seinem Vorteil und Nachteil des Klienten auslegen können)

oder

im Hinblick auf diesen Kaufvertrag vorab i.S.v. Vorbem. 2.2.1.1 Abs. 1 letzter Satz KV GNotKG eingeholt wurde,

danach entscheiden, was kostengünstiger für den Klienten ausfällt:

Diese Frage hängt davon ab, wie die zur Auswahl stehenden Einordnungen sich auswirken. Konkret beantworten lässt es sich nur, wenn man weiß
- welche weiteren Vollzugstätigkeiten beim Kaufvertrag erforderlich sind: sind z. B. weitere Löschungsbewilligungen einzuholen oder Genehmigungen oder sonstige unter Nrn. 1 - 11 der Vorbem. 2.2.1.1 Abs. 1 fallende Vollzugstätigkeiten?
Wenn ja, und es so ist, dass durch die (weitere) Anforderung der Löschungsbewilligung des genannten Privatgläubigers sich die Vollzugsgebühr nicht weiter erhöht, dürfte es am kostengünstigsten sein, die Einholung (inclusive der in Vorbem. 2.2 Abs. 2 dann als keine Entwurfsgebühr mehr auslösenden Entwurfstätigkeit beim Vollzug) als von der Vollzugsgebühr abgegolten anzusehen. Für die vorgenommene Unterschriftsbeglaubigung unter der Löschungsbewilligung entsteht dann allerdings zusätzlich die U.-Begl.-gebühr 25100 (0,2) mind. 20 und höchst. 70 Euro aus dem Wert des Nominalbetrags des Grundpfandrechts § 53 GNotKG. Auch dieser Betrag ist beim Kostenvergleich mit der anderen Möglichkeit (Berechnung einer Entwurfsgebühr 24102 i.V.m. 21201 (Nr. 4) = 0,5 Gebühr aus diesem Wert, wobei die U.-Begl.-gebühr daneben n i c h t zusätzlich anfällt (Vorbem. 2.4.1 Abs. 2) zu berücksichtigen.
- Häufig wird es so sein, dass ohne die Einholung der privatrechtlichen Löschngsbewilligung nur Vollzugsgebühren in "gedeckelter" Höhe von Vorbem. 2.2.1.1 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 = KV 22112 anfallen (z. B. wenn ansonsten nur die Einholung eines Negativattests der Gemeinde nach Baugesetzbuch zur Nichtausübung Vorkaufsrecht anfällt einmalig höchstens 50 Euro, in Fällen von zwei solchen öffentlich-rechtlichen Bescheiden höchstens 2 x 50 Euro - jeweils verglichen mit 0,5 aus dem Wert § 112 = Wert §§ 35, 86 des gesamten Beurkundungsverfahrens).
In diesen Fällen hat die Vergleichsberechnung mit der Differenz der tatsächlich dann in Höhe von 0,5 anfallenden Vollzugsgebühr mit den Kosten nach 22112 im Verhältnis zu den Kosten einer Entwurfsabrechnung für die Löschungsbewilligung 24102 (0,5 Gebühr aus Wert § 53 Nominalbetrag Grundpfandrecht) stattzufinden, wobei der Kostenvergleich auch wieder einbeziehen muss, dass im Fall der "Vollzugsgebührenlösung" die separaten U.-Begl.-kosten 25100 dort mit zu berücksichtigen / hinzuzurechnen sind.

Sicher klingt das alles ziemlich kompliziert und der eine oder andere könnte fragen, ob das denn wirklich so kompliziert im Vorhinein vorausberechnet werden muss. Für "Normalfälle", wo selten ein abzulösender Gläubiger schon vor der Beurkundung beim Notar erscheinen wird, um schon vorher die Löschungsbewilligung zu erteilen, wird man (und damit wohl in mehr als 99 % der Fälle) sicher sagen können, dass die Regelung in Vorbem. 2.2.1.1 Abs. 1 letzter Satz KV GNotKG - siehe auch Begründung zum Regierungsentwurf vom Aug. 2012 BT-Durcksache 117/11471 S. 340 -342, auch wiedergegeben bei Wudy, Das neue Gebührenrecht für Notare, 2013, S. 203 f.) dieses "mühsame" Hin- und Herblicken zwischen Kosten bei Entwurfstätigkeit und Vollzugsgebühr aus Vereinfachungsgründen im GNotKG vermeiden wollte.
Andererseits ist es natürlich so, dass wenn sich vor Beurkundung die oben dargestellten Kosten-Alternativen stellen, es dem Notar nicht "verboten" ist, das für den Mandanten kostengünstigste Verfahren zu empfehlen und es so zu handhaben.

Bei obigen Hinweisen ist noch nicht berücksichtigt, dass interne Kostenverteilungsklauseln (z. B. Mehrkostenklausel, wonach der Veräußerer die Kosten der Einholung von Löschungsunterlagen übernimmt oder soweit Verkäufer und Käufer eine Kostenverteilung wählen, wonach eine sowohl "allgemein" als auch zur Lastenfreimachung entstehende Vollzugsgebühr geteilt wird), ggf. noch einzubeziehen sind.
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
Antworten