Entwurf Gründungsvollmacht

Für alle Fragen rund um Kosten - neues Recht ab 01.08.2013
Notariatsmann
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#11

25.03.2014, 23:39

Ich möchte versuchen, argumentativ gestrafft auf das zuletzt Gesagte einzugehen, um die Beitrage nicht zu lang und unübersichtlich werden zu lassen und auch die Kernfrage "Vollzugsgebühr ja oder nein" nicht in Details untergehen zu lassen:

Zur Stn. Teil 1

Unbestritten haben Gesetze einen auslegbaren Wortlaut. Die Wortlautgrenze von "Vollmachtsbestätigung" umfasst aber nicht "Vollmacht", die (förmliche) Vollmacht ist auch nicht nur eine der Vollmachtsbestätigung vergleichbare Verschriftlichung einer zuvor mündlich erteilten Vollmacht, sondern steht rechtlich für sich und entfaltet (auch über die Regelungen, die an den Besitz der Vollmachtsurkunde anknüpfen) ganz unterschiedliche Rechtswirkung. Die Vollmacht steht für materielle Rechtswirkung, die Vollmachtsbestätigung nicht, sie dokumentiert nur bereits Rechtswirksames um Formvorschriften zu genügen. Ich denke, dass insbesondere im Notariat tätige sich darüber im Klaren sind, dass eine Vollmacht nicht dasselbe ist, wie eine Vollmachtsbestätigung. Dass rechtlich unterschiedliche Konstellationen nun aber auch unterschiedliche kostenrechtliche Folgen auslösen, ist nur konsequent. Eine im Kostengesetz verankerte Universalgerechtigkeit zu suchen, wonach alle denkbaren unterschiedlichen Gestaltungen (Einwilligung-Vollmacht-Genehmigung-Vollmachtsbestätigung) dieselbe Kostenfolge auszulösen hätten, ist vergebliche Mühe, ein solches Gesetz wäre auch nur inkonsequent, schließlich ist strukturell Ungleiches auch ungleich zu behandeln. Vollmachten und z. B. Genehmigungen wurden auch nach der KostO nicht gleich behandelt, wie ja oben selbst ausgeführt.


Zur Stn. Teil 2

Ein Vertragsabschluss mittels vollmachtloser Vertretung entfaltet wiederum unterschiedliche Rechtswirkung (schwebend unwirksam) als ein solcher mit Vollmacht (sogleich wirksam). Falls sich dadurch Unterschiede bei den Kosten ergeben, dann wiederum deshalb, weil ganz unterschiedliche rechtliche Gestaltungen vorliegen. Das Kostenrecht folge ja bekanntlich dem materiellen Recht und nicht umgekehrt, wenn die Beteiligten also, wie regemäßig der Fall, einen sofort wirksamen Vertrag wollen, wird kein Notar gehalten sein, bloß wegen einer anderen Kostenfolge einen schweben unwirksamen Vertrag zu empfehlen.

Zur eigentlichen Kernfrage: Die Vollzugsgebühr auslösend ist nur das "Anfordern und Prüfen". Die Frage muss also zuerst einmal lauten, ob das Anfordern und Prüfen von Vollmachten immer gebührenpflichtig sein soll, denn nur das ist die gebührenauslösende Tätigkeit. Wollte man dies bejahen, wäre jede Anforderung und Prüfung gebührenauslösend, mit oder ohne Entwurf, weil der Entwurf nur darin aufgehendes Nebengeschäft ist. Eine Vollzugsgebühr, die etwa nur bei Entwurfsfertigung entsteht, ist im Gesetz nicht vorgesehen. Wer also die Vollzugsgebühr für die Anforderung und Prüfung von Vollmachten für richtig halten will, muss sie zwingend für alle Fälle -mit oder ohne Entwurf- bejahen. Damit auch für die Fälle der Anforderung, in denen die Vollmacht schon existiert. Die Anforderung und Prüfung von existierenden Vollmachten ist aber klassisches Nebengeschäft.


Auswirkungen für die Praxis:

Folgt man dem Gesetzeswortlaut, löst die Anforderung und Prüfung von Vollmachten nie die Vollzugsgebühr aus, obwohl sich der Aufwand von demjenigen der Anforderung und Prüfung von Vollmachtsbestätigungen und Genehmigungserklärungen (ohne Eigenentwurf) nicht unterscheidet. Insoweit liegt eine Ungleichbehandlung in Form einer Begünstigung der Beteiligten vor, was aber der Häufigkeit rechtsgeschäftlicher Vollmachten Rechnung trägt. Fertigt der Notar jedoch ausnahmsweise den Entwurf der Vollmacht, erhält er die Entwurfsgebühr, weil der Entwurf nicht in der -nicht angefallenen- Vollzugsgebühr aufgehen kann. Aus meiner Sicht in der Gesamtschau ein praktikables Ergebnis; je nach Kostellation erhält der Notar bei Vollmachten mehr oder weniger Gebühren, als bei den anderen Gestaltungen, angesichts der Häufigkeit bereits existierender rechtsgeschäftlicher Vollmachten allerdings häufiger weniger, was dem Nebengeschäftscharakter der Vollmachtsprüfung Rechnung trägt.
Martin Filzek
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#12

26.03.2014, 13:44

Danke, Notariatsmann, für die weiteren gehaltvollen Äußerungen zu der streitig beurteilten Gesetzesauslegung. Es ist auch erfreulich, dass alle Beteiligten ganz sachorientiert bleiben und niemand, was gelegentlich bei anderen Diskussionen vorkam, persönlich von unterschiedlichen Standpunkten gekränkt wirkt, was mir als harmoniesüchtiger Mensch dann auch nicht angenehm wäre. Es ist auch eine juristisch niveauvolle Diskussion, die hier in einem überwiegend von Notariatsangestellten besuchten Teil des Forums geführt wird, die sich gut eignet, um bei künftigen GNotKG-Literatur und -Kommentaren für die Darstellung der einen oder anderen Sichtweise genutzt werden kann.
Natürlich kann auch hier im Forum, wenn es die Zeit erlaubt, jeder Leser und User die Diskussion sinnvoll ergänzen und alle können dann hieraus wahrscheinlich noch sachkundiger bzw. schlauer werden.

Auch ich will mich unter Hinweis auf in früheren Beiträgen schon Geschriebenes möglichst kurz fassen und die einstweilen aufrecht erhaltene andere Meinung in Bezug auf den letzten Beitrag kurz zusammenfassen:

Meinungsunterschiede zwischen Notariatsmann und mir bestehen fort in der Frage

- ob die Wortlautgrenze "Vollmachtsbestätigung" in Vorbem. 2.2.1.1 Abs. 1 Nr. 5 KV GNotKG auch den Begriff "Vollmacht" umfasst. M. E. ist dies aus den in #10 genannten Gründen (Vollmacht kann, da schon mündlich wirksam, bei schriftlicher Abfassung und Beglaubigung als Bestätigung einer schon vorher erteilten Vollmacht = Vollmachtsbestätigung verstanden werden) möglich.

- Die Argumentation mit materiellem Recht und Folgen im Kostenrecht und der von Notariatsmann gesehenen Inkaufnahme unterschiedlicher Kostenfolgen begegnet folgenden Bedenken:

-- Kostenunterschiede bei Vollmacht / Vollmachtsbestätigung / Genehmigung haben im alten Kostenrecht (KostO) in §§ 40, 41 KostO bestanden. Daraus herzuleiten, auch im neuen Kostenrecht sei das gewollt gewesen, verkennt die ausführliche Gesetzesbegründung zu § 98 GNotKG in der BT-Drucksache zum Regierungsentwurf 17/11471 vom August 2012 (und spätere Fassungen), S. 276 der genannten BT-Drucksache:
"Diese Vorschrift soll die derzeitigen Geschäftswertvorschriften des § 40 KostO für die Beurkundung zustimmender Erklärungen und des geltenden § 41 KostO für die Beurkundung von Vollmachten zusammenfassen und vereinheitlichen. ... Es erscheint sachgerecht, eine Begünstigung dieser Geschäfte durch ... zu erreichen. Duch einen gemeinsamen Höchstwert für Vollmachten und Zustimmungen soll eine Schieflage in den geltenden §§ 40 und 41 Asatz 4 KostO beseitigt werden ..."

-- Ergebnisorientiert erscheint es "ungerecht", wenn aus der nach der Argumentation von Notariatsmann vorgenommenen Einordnung der Prüfung und Entgegennahme vorgelegter Vollmachten (aus BeurkG und Pflichten des Notars abgeleitet, aber soweit ich sehe nicht im Spezialgesetz GNotKG bestimmt übrigens) und der daraus abgeleiteten Nichtabgeltung durch die Vollzugsgebühr ein Entwurf der Vollmacht dann in der Mehrzahl der Fälle zu Mehrkosten für den Entwurf führen würde (gegenüber mit der Vollzugsgebühr abgegoltenen Entwurfstätigkeiten für Vollmachtsbestätigungen u. Genehmigungen).
Sicher wäre es nicht möglich, allei aus Gerechtigkeitserwägungen das so zu sehen entgegen dem Wortlaut, aber auch das Ergebnis unterschiedlicher Auslegungen kann bei Auslegungen, die im Wortsinn bleiben, berücksichtigt werden.
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#13

26.03.2014, 16:13

Nur noch kurz zur Klarstellung: Beim Geschäftswert spricht auch aus meiner Sicht nichts gegen die Gleichbehandlung von Zustimmungserklärung, Vollmacht und Vollmachtsbestätigung, auch wenn letztere dort nicht ausdrücklich genannt ist, denn schließlich ist sie rechtlich (wie oben schon dargestellt) ein "Minus" zur Vollmacht. Nur weil der Geschäftswert harmonisiert wurde, heißt das aber m. E. nicht, dass die genannten Erklärungen an jeder -anderen- Stelle des Kostengesetzes in jeder Hinsicht absolut gleich behandelt werden müssten.

Fraglich bliebe aus meiner Sicht auch, warum der Begriff Vollmachtsbestätigung nur 1x -bei der Vollzugsgebühr- im ganzen Gesetz auftaucht, sonst aber nie, wenn dies keine Bedeutung haben soll. Dann könnte doch auch hier, wie sonst im ganzen GnotKG, auch wieder nur von Vollmacht die Rede sein. In der KostO gab es den Begriff Vollmachtsbestätigung meines Wissens überhaupt nicht. Vor dem Hintergrund der Bemühungen des Gesetzgebers, mit dem GNotKG im Gegensatz zum alten Recht einen abschließenden enumerativen Katalog gebührenpflichtiger Vollzugs- und Nebentätigkeiten neu zu schaffen, scheint mir daher vieles dafür zu sprechen, dass das neu eingeführte Wort Vollmachtsbestätigung an dieser -im Gesetz einzigen- Verwendungsstelle mit Bedacht gewählt wurde.
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