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Ersteigerung Grundstück während Insolvenzverfahren

Verfasst: 13.03.2024, 10:39
von LindaRefa
Hey,

folgenden Fall habe ich hier liegen.

Wir hatten eine Forderung gegen ein Ehepaaar (wir vertreten die Gläubigerin) aus einem privaten Darlehen. Im Laufe des Vollstreckungsverfahrens wurde für das Ehepaar jeweils die Privatinsolvenz eröffnet. Das Nachbargrundstück unserer Mandantin gehört dem Ehepaar. Unsere Mandantin hat nun während das Insolvenzverfahren ja schon läuft das Nachbargrundstück nebst Abrisshaus im Wege der Zwangsversteigerung ersteigert. Jetzt kam bei ihr die Frage auf, ob sie die Zahlung unter Abzug der ihr noch zustehenden Forderung leisten kann, oder ob sie vollständig zahlen muss. Meiner Meinung nach muss sie zunächst den Betrag vollständig bezahlen, da auch noch Grundschulden vorhanden sind, welche ja vermutlich vorranging sind. Hat jemand eine Idee hierzu?

Viele Grüße

Linda

Re: Ersteigerung Grundstück während Insolvenzverfahren

Verfasst: 13.03.2024, 12:04
von Katie
Eure Mandantin muss den gesamten Betrag an das AG zahlen. Eure Mandantin ist, da die Forderung bereits vor Eröffnung des Inso-Verfahrens bestanden hat, Insolvenzgläubiger (egal ob die Forderung angemeldet wurde oder nicht). Von daher greift auch das Vollstreckungsverbot des § 89 InsO. Wäre sie Neugläubiger, so käme evtl. eine Pfändung bei der Hinterlegungsstelle in Betracht, aber im vorliegenden Fall halt nicht. Das AG verteilt den Erlös an die Grundschuldgläubiger, der Rest fließt dann in die Insolvenzmasse. Dann bleibt abzuwarten, ob und ggfls. welche Quote Eure Mandantin dann erhält.

Re: Ersteigerung Grundstück während Insolvenzverfahren

Verfasst: 13.03.2024, 12:13
von LindaRefa
Hallo Katie,

vielen Dank für deine Antwort. Das war auch mein Gedanke, dass das eine Rolle spielt, wann die Forderung entstanden ist.

Re: Ersteigerung Grundstück während Insolvenzverfahren

Verfasst: 13.03.2024, 14:01
von Katie
Gern geschehen

Re: Ersteigerung Grundstück während Insolvenzverfahren

Verfasst: 13.03.2024, 15:44
von paralegal6
Während des InsV sind doch alle Zwangsvollstreckungsmassnahmen untersagt, wie kann da versteigert werden? Muss dann ja der Verwalter veranlasst haben und bekommt daher auch das Geld. Hat sie eine Forderung angemeldet für den Ausfall? Abziehen darf sie erstmal nichts

Re: Ersteigerung Grundstück während Insolvenzverfahren

Verfasst: 13.03.2024, 21:18
von tanchen
paralegal6 hat geschrieben:
13.03.2024, 15:44
Während des InsV sind doch alle Zwangsvollstreckungsmassnahmen untersagt, wie kann da versteigert werden? Muss dann ja der Verwalter veranlasst haben und bekommt daher auch das Geld. Hat sie eine Forderung angemeldet für den Ausfall? Abziehen darf sie erstmal nichts
Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie es während des Insolvenzverfahrens zur Zwangsversteigerung kommen kann...
Der Insolvenzverwalter hat ein Antragsrecht (§ 165 InsO), ansonsten gilt das Vollstreckungsverbot nur für Insogläubiger,...absonderungsberechtigte Gläubiger, Massegläubiger oder Neugläubiger können die Zwangsversteigerung trotzdem betreiben (meine ich zumindest)

Re: Ersteigerung Grundstück während Insolvenzverfahren

Verfasst: 14.03.2024, 12:31
von paralegal6
Ne, Grundstücke gehören üblicherweise zur Insolvenzmasse

Re: Ersteigerung Grundstück während Insolvenzverfahren

Verfasst: 14.03.2024, 13:59
von tanchen
Ja, trotzdem stellt § 89 InsO nur auf Insolvenzgläubiger ab... Bei den Absonderungsberechtigten bin ich mir auch ziemlich sicher, dass diese die Zwangsvollstreckung betreiben können. (Hab grad leider keinen Zugriff auf Kommentierung..)
Bei den anderen (Masse- und Neugläubiger) würd ich aber nicht meine Hand dafür uns Feuer legen

Re: Ersteigerung Grundstück während Insolvenzverfahren

Verfasst: 14.03.2024, 14:16
von paralegal6
wenn das Eigenheim zum Masse gehört kann es auch nicht von Neugläubigern versteigert werden, das wird auch im Grundbuch als enstprechender Vermerk dann eingetragen, guck mal in § 32 InsO. u.U. kannn es freigegeben worden sein, dass passiert aber nur wenn es überschuldet ist

Re: Ersteigerung Grundstück während Insolvenzverfahren

Verfasst: 15.03.2024, 10:43
von tanchen
§ 32 InsO sagt nur etwas darüber aus, unter welchen Bedingungen der Insolvenzvermerk eingetragen bzw. gelöscht wird.

Die Vorschriften zur Vollstreckung sind in § 89 und § 90 InsO zu finden.
In § 89 InsO steht ausdrücklich, dass Insolvenzgläubiger nicht in die Masse vollstrecken dürfen, Absonderungsberechtigte und Massegläubiger sind keine Insolvenzgläubiger.
Außerdem ist in § 49 InsO ausdrücklich geregelt, dass Absonderungsberechtigte sich nach ZVG befriedigen dürfen..
In § 90 InsO gibt es noch besondere Voraussetzungen, die für die Massegläubiger gelten. Neugläubiger dürfen theoretisch auch vollstrecken, werden aber wegen § 91 InsO nicht sehr weit kommen.

Um es zusammenzufassen:
- Der Insolvenzverwalter kann die Zwangsversteigerung betreiben (§ 165 InsO)
- Absonderungsberechtigte dürfen die Zwangsversteigerung betreiben (§ 49 InsO)
- Massegläubiger können auch, müssen aber § 90 InsO beachten.
- Neugläubiger sind raus
(eine Übersicht habe ich in Uhlenbruck/Brinkmann, 15. Aufl. 2019, InsO § 165 Rn. 3ff gefunden)