Entscheidung Restschuldbefreiung

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#1

18.12.2023, 14:35

Hallo zusammen,

wir vertreten einen Gläubiger in einem Regelinsolvenzverfahren, ich habe schon einmal über den Fall geschrieben, inzwischen ist eine Entscheidung des Insolvenzgerichtes zugunsten des Schuldners erfolgt (Restschuldbefreiung), welche ich für rechtlich nicht haltbar halte und würde gerne wissen, wie das Forum dies sieht?

Zum Sachverhalt:
Am 01.02.2022 (!) gab das Insolvenzgerichtericht bekannt, dass nun über die Restschuld des Schuldners zu befinden ist und dass die Gläubiger Einwendungen innerhalb von 14 Tagen vorzubringen hätten.
Wir haben diverse Gründe für unseren Mandanten vorgebracht, die gegen eine Restschuldbefreiung sprechen.
Dann entwickelte sich ein entsprechender Schriftverkehr zwischen Schuldner-Gericht-Gericht-Gläubiger.
Anfang August forderte das Gericht den Schuldner auf vollständige Nachweise für seine Bewerbungsversuche während der Arbeitslosigkeit nachzuweisen (3 Wochen Fristsetzung) und alle Punkte zu versichern an Eides statt.
Das lehnte der Schuldner zunächst ab mit dem abwegigen Hinweis ab, dass unser Mandant sich dann an die potentiellen Arbeitgeber wenden würde, auch eine Versicherung an Eides statt erfolgte nicht.
Auf nochmalige Aufforderung des Gerichts mit Fristsetzung (2 Wochen) vollständige Bewerbungen vorzulegen, hat der Schuldner 15 geschwärzte E-Mails vorgelegt, wo er sich angeblich bewirbt, eine Versicherung an Eides statt erfolgte nicht.
Wir haben dann am 26.09.2022 (!) an das Gericht den Antrag auf Restschuldversagung gestellt, da der Schuldner der gerichtlichen Aufforderung für 1 Jahr Arbeitslosigkeit entsprechende vollständige Bewerbungsnachweise einzureichen, nicht nachgekommen ist.
Er hat weder die vom BGH erforderliche Anzahl für 1 Jahr vorgelegt noch vollständige Bewerbungen, wo der ernsthafte Wille abzulesen ist.
Seitdem lag die Entscheidung nun beim Richter, auf mehrmalige Nachfrage erhalten wir immer die Antwort, hat der Richter noch nicht darüber befunden.
Wir hatten es noch nie, dass sich die Entscheidung über die Restschuldbefreiung derartig in die Länge gezogen hat.
Im Mai 2023 (!) hat zudem unser Mandant einen Xing Profil des Schuldners gefunden, wo der Schuldner angibt, dass er seit Eröffnung der Insolvenz 2017 noch bei der Firma .... als ......beschäftigt ist, das Xing Profil enthält neben der Firma, der Tätigkeit und des Zeitraumes ein Foto, wo der Schuldner zweifelsfrei zu identifizieren ist.
Deswegen haben wir Ende Mai 2023 dann auch das Obliegenheitsverletzung nachgereicht und angefragt wie den nun der Stand sei.
Diesmal erhielten wir dann im Juni 2023 ein Schreiben des Gerichts (diesmal von einem anderen Richter, anscheinend ist der erste Richter nicht mehr zuständig), dass Xing Profile unbeachtlich seien und das Verfahren andauert.
Nach mehrmaligen weiteren telefonischen Kontaktversuchen, wo immer die Justizangestellte ranging und gesagt hat, das Verfahren dauert an und der Richter sei zu beschäftigt,
haben wir uns am 10. November an die Amtsgerichtspräsidentin gewandt und gebeten sich der Thematik anzunehmen.
Am 4. Dezember erhielten wir dann ein Schreiben des Gerichts ohne Rechtsmittelbelehrung, dass mit Beschluss zum 27.11.2023 dem Schuldner die Restschuldbefreiung erteilt wurde.
Im Beschluss wird aufgeführt, dass der Schuldner seitens des Gerichtes 3 x angeschrieben wurde, 2 x im August 2022 und dann wieder am 22.05.2023 (!).
Auf das letzte Schreiben habe der Schuldner dann alle erforderlichen Unterlagen eingereicht und die Versicherung an Eides statt abgegeben.
Zudem liege dem Gericht eine Stellungnahme des Treuhänders vom 12.11.2023 vor, indem dieser zwar eine Verletzung der Erwerbsobliegenheit (unterdurchschnittliches Gehalt), aber sonst hat er der Treuhänder keine Versagensgründe festgestellt, deswegen sei ihm die Restschuld zu erteilen.

Ein derartiger Verlauf eines Insolvenzverfahrens ist mir bislang nicht untergekommen, insbesondere dass einem Schuldner nach 2 Aufforderungen mit Fristsetzung, 8 Monate später nochmal eine weitere Frist gewährt wird. Was aber in dem Fall schwerwiegend ist, das Gericht hat uns weder über das Schreiben des Gerichts noch über die Antwort des Schuldners informiert. Wir hatten keinerlei Möglichkeit der Stellungnahme.
Des Weiteren, wenn ein Treuhänder festhält, dass eine Obliegenheitsverletzung vorliegt, war dies bislang immer so, dass dies eine Versagung der Restschuldbefreiung zur Folge hatte.
Auch bzgl. des Xing Profils wird nur geschrieben, ist unerheblich, wobei aktuell sogar die Staatanwaltschaft ermittelt.

Wir würden jetzt Beschwerde einlegen, da wir die Gründe des Beschlusses für rechtlich nicht haltbar sehen, ich würde gerne wissen, wie das Forum dies sieht?
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#2

18.12.2023, 15:30

Das ist leider total schwer eine Versagung wegen "Faulheit" durchzubekommen. Habe ich nur wirklich bei Straftaten oder falschen Auskünften gesehen, der BGH gibt zu dem Thema auch nicht viel her. Mich ärgert sowas auch immer. Vgl. BGH IX ZB 116/08
Und https://www.anwalt.de/rechtstipps/die-v ... 94913.html
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#3

19.12.2023, 09:32

Danke, das hilf mir weiter
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