Entscheidung Restschuldbefreiung

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9860
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#1

26.04.2023, 15:46

Hallo zusammen,
wir vertreten einen Gläubiger in einem Regelinsolvenzverfahren.
Am 01.02.2022 (!)gab das Gericht bekannt, dass nun über die Restschuld des Schuldners zu befinden ist und dass die Gläubiger Einwendungen innerhalb von 14 Tagen vorzubringen hätten.
Wir haben diverse Gründe für unseren Mandanten vorgebracht, die gegen eine Restschuldbefreiung sprechen.
Dann entwickelte sich ein entsprechender Schriftverkehr zwischen Schuldner-Gericht-Gericht-Gläubiger.
Im August forderte das Gericht den Schuldner auf vollständige Nachweise für seine Bewerbungsversuche während der Arbeitslosigkeit nachzuweisen.
Das lehnte der Schuldner zunächst ab mit dem abwegigen Hinweis ab, dass unser Mandant sich dann an die potentiellen Arbeitgeber wenden würde.
Auf nochmalige Aufforderung des Gerichts mit Fristsetzung vollständige Bewerbungen vorzulegen, hat der Schuldner 15 geschwärzte E-Mails vorgelegt, wo er sich angeblich bewirbt.
Wir haben dann am 26.09.2022 (!) an das Gericht den Antrag auf Restschuldversagung gestellt, da der Schuldner der gerichtlichen Aufforderung für 1 Jahr Arbeitslosigkeit entsprechende vollständige Bewerbungsnachweise einzureichen, nicht nachgekommen ist.
Er hat weder die vom BGH erforderliche Anzahl für 1 Jahr vorgelegt noch vollständige Bewerbungen, wo der ernsthafte Wille abzulesen ist.
Seitdem liegt die Entscheidung nun beim Richter, auf mehrmalige Nachfrage erhalten wir immer die Antwort, hat der Richter noch nicht darüber befunden.
Wir hatten es noch nie, dass sich die Entscheidung über die Restschuldbefreiung derartig in die Länge gezogen hat.
Unser Mandant hat in Erfahrung gebracht, dass der Schuldner im Dezember innerhalb einer Erbengemeinschaft ein Haus geerbt hat, solange die Restschuld nicht versagt ist, können wir leider keinerlei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleiten.
Darum die Frage
a) auch schon Erfahrung gemacht mit einer derartig langen Entscheidungsfindung über die Restschuldbefeiung?
b) gibt es irgendeine freundliche Methode den Richter zu einer nun zeitnahen Entscheidung zu veranlassen bzw. was können wir grundsätzlich machen?

Für einen Rat wäre ich sehr dankbar.
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paralegal6
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#2

26.04.2023, 19:26

Hm also beschleunigen kann man da mE nichts. Ihr könntet dem Gericht die Situation mit dem Haus schildern, aber wenn er erbt wird das sowieso an Gläubiger verteilt, er dürfte das Geld normalerweise nicht erhalten, zumindest nur 1/2. Habt ihr denn schon nen vollstreckbaren Tabellenauszug?
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Anahid
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#3

27.04.2023, 12:32

Habt Ihr Euch mal mit dem Insolvenzverwalter in Verbindung gesetzt, ob dieser von dem Erbe informiert ist?
:katze2 Jeder Tag ist ein Geschenk ... aber manche sind einfach grottenschlecht verpackt. :katze1
9860
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#4

27.04.2023, 14:57

paralegal6 hat geschrieben:
26.04.2023, 19:26
Hm also beschleunigen kann man da mE nichts. Ihr könntet dem Gericht die Situation mit dem Haus schildern, aber wenn er erbt wird das sowieso an Gläubiger verteilt, er dürfte das Geld normalerweise nicht erhalten, zumindest nur 1/2. Habt ihr denn schon nen vollstreckbaren Tabellenauszug?
Normalerweise dauert es bis zur Entscheidung der Restschuldbefreiung maximal ein paar Wochen, hatte ich noch nie, dass es sich so lange hinzieht. Großes Problem ist aber, der Insolvenzverwalter ist "abgezogen". Die Wohlverhaltensphase ist abgeschlossen, es geht jetzt nur noch um die Restschuldbefreiung, d.h. der Schuldner profitiert aktuell vom Schutz, dass gegen ihn kein Gläubiger ZV Maßnahmen einleiten kann und der Insolvenzverwalter seine Arbeit beendet hat. Erst wenn ihn die Restschuldbefreiung versagt wird, können die Gläubiger ZV Maßnahmen wieder einleiten
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#5

27.04.2023, 15:01

Anahid hat geschrieben:
27.04.2023, 12:32
Habt Ihr Euch mal mit dem Insolvenzverwalter in Verbindung gesetzt, ob dieser von dem Erbe informiert ist?
Die Wohlverhaltensphase ist abgeschlossen, es geht jetzt nur noch um die Restschuldbefreiung, d.h. der Schuldner profitiert aktuell vom Schutz, dass gegen ihn kein Gläubiger ZV Maßnahmen einleiten kann und der Insolvenzverwalter seine Arbeit beendet hat. Erst wenn ihn die Restschuldbefreiung versagt wird, können die Gläubiger ZV Maßnahmen wieder einleiten.
Insoweit ist der Insolvenzverwalter gar nicht mehr Ansprechpartner und das Gericht möchte ich nicht darüber informieren, da der Schuldner über unseren Schriftverkehr vom Gericht in Kenntnis gesetzt wird und dann ist der Schuldner "gewarnt", dass unseren Mandanten bekannt ist, dass er geerbt hat.
Der Schuldner ist auch ein Charakter, welchen ich in meiner bisherigen Arbeit noch nicht hatte.
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#6

27.04.2023, 15:04

9860 hat geschrieben:
27.04.2023, 14:57
paralegal6 hat geschrieben:
26.04.2023, 19:26
Hm also beschleunigen kann man da mE nichts. Ihr könntet dem Gericht die Situation mit dem Haus schildern, aber wenn er erbt wird das sowieso an Gläubiger verteilt, er dürfte das Geld normalerweise nicht erhalten, zumindest nur 1/2. Habt ihr denn schon nen vollstreckbaren Tabellenauszug?
Normalerweise dauert es bis zur Entscheidung der Restschuldbefreiung maximal ein paar Wochen, hatte ich noch nie, dass es sich so lange hinzieht. Großes Problem ist aber, der Insolvenzverwalter ist "abgezogen". Die Wohlverhaltensphase ist abgeschlossen, es geht jetzt nur noch um die Restschuldbefreiung, d.h. der Schuldner profitiert aktuell vom Schutz, dass gegen ihn kein Gläubiger ZV Maßnahmen einleiten kann und der Insolvenzverwalter seine Arbeit beendet hat. Erst wenn ihn die Restschuldbefreiung versagt wird, können die Gläubiger ZV Maßnahmen wieder einleiten
Tabellenauszug haben wir noch nicht, ich habe geprüft, ob wir diesen vor der Entscheidung über die RSB schon einholen können, da ist man sich in den Kommentaren nicht ganz einig, anscheinend ginge es, aber ich weiss nicht, wie das Gericht und der Richter das aufnehmen, wenn ich vor der Entscheidung nun den Tabellenauszug beantrage.
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paralegal6
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#7

27.04.2023, 17:42

9860 hat geschrieben:
27.04.2023, 14:57
Normalerweise dauert es bis zur Entscheidung der Restschuldbefreiung maximal ein paar Wochen, hatte ich noch nie, dass es sich so lange hinzieht. Großes Problem ist aber, der Insolvenzverwalter ist "abgezogen". Die Wohlverhaltensphase ist abgeschlossen, es geht jetzt nur noch um die Restschuldbefreiung, d.h. der Schuldner profitiert aktuell vom Schutz, dass gegen ihn kein Gläubiger ZV Maßnahmen einleiten kann und der Insolvenzverwalter seine Arbeit beendet hat. Erst wenn ihn die Restschuldbefreiung versagt wird, können die Gläubiger ZV Maßnahmen wieder einleiten
äh, ne der "Insolvenzverwalter" also Treuhänder ist nicht abgezogen und überwacht die R.phase und an ihn werden auch die monatlichen Zahlungen des Gehalts geleistetet etc, natürlich hast du den als Ansprechpartner, solange das Verfahren noch irgendwie läuft ist er doch noch da?
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9860
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#8

28.04.2023, 14:42

​Vielen Dank für die Rückmeldungen.
Ich muss das Ganze noch präzisieren, die Wohlverhaltensphase des Schuldners ist abgeglaufen, der Treuhänder ist zwar noch "offiziell" im Amt bis der Richter über die RSB entschieden hat, aber die Schlussverteilung hat bereits 2022 stattgefunden und der Schuldner hat keinerlei "praktische" Aufsicht mehr.
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paralegal6
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#9

29.04.2023, 11:12

https://kanzlei-scheibeler.de/restschul ... rklaerung/ wusste nicht dass man aufheben kann ohne dass über RSB entschieden wurde, macht für mich logisch wieder keinen Sinn :/ hatte den Fall noch nicht
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Profi-Cappel
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#10

30.04.2023, 18:46

Hallo zusammen,

da bleibt wohl nur die Hoffnung auf einen durchsetzbaren Amtshaftungsanspruch wegen überlanger Verfahrensdauer .....

Gruß aus dem Lipperland
Dirk
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