Titelherausgabe ohne Forderungsanmeldung?

Hier hinein gehören alle Themen rund um die Insolvenz.
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Sanya
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#1

15.02.2021, 11:33

Hallo zusammen,

wir haben für einen Mandanten ZV durchgeführt. Es gab eine Kontopfändung, worüber auch ein bisschen Geld beigetrieben werden konnte. Nun wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet. (Die Schuld ist natürlich noch nicht vollständig beglichen.)

Was passiert nun mit der Kontopfändung? Wird die automaisch eingestellt oder müssen wir da was machen? Woher bekommt die Bank die Info über die Inolvenz?

Unser Mandant möchte die Forderung nicht durch uns anmelden lassen wegen der Kosten. Ob er es selbst macht ist fraglich. (Er muss ja nicht, oder?) Was mache ich jetzt mit dem Titel? Ich kenne das so, dass der Insolvenzverwalter die Überlassung des Originaltitels zusammen mit der Forderungsanmeldung verlangt. Muss der Titel an den Insolvenzverwalter oder das Insolvenzgericht herausgegeben werden, auch wenn keine Forderungsanmeldung erfolgt?

Fragen über Fragen...

:thx schonmal für Eure Hilfe!
Sanya
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#2

15.02.2021, 14:46

Hallo nochmal!

Ich habe mich jetzt ein bisschen eingelesen und zusammengefasst. Stimmt das alles so?

Aufgrund der Insolvenzeröffnung darf das Kreditinstitut nun keine Zahlungen mehr leisten, da die Zwangsvollstreckung für die Dauer des Insolvenzverfahrens unzulässig ist (§ 89 InsO). Die Pfändung ist zwar nicht aufgehoben, verliert aber ihre Durchsetzbarkeit. Sofern der Schuldnerin nach Abschluss des Insolvenzverfahrens Restschuldbefreiung erteilt wird, kann die Ursprungsforderung nicht mehr durchgesetzt werden (§ 301 InsO). Dies gilt auch, wenn die Forderung gar nicht im Insolvenzverfahren angemeldet wird. Denn die Wirkungen eines erfolgreich abgeschlossenen Insolvenzplans gelten auch gegen Forderungen, die nicht angemeldet wurden (§ 254b InsO). In Fall der Restschuldbefreiung wäre dann auch auf Verlangen der Schuldnerin der Vollstreckungstitel an diese herauszugeben.

Nur wenn das Insolvenzverfahren vorzeitig scheitert, zum Beispiel nach der Versagung der Restschuldbefreiung, lebt die Pfändung wieder auf und kann rangwahrend wieder in Anspruch genommen werden bzw. können neue Vollstreckungsmaßnahmen aufgrund des Titels eingeleitet werden.

Deshalb raten wir dazu, die Vollstreckungsunterlagen gut zu verwahren und den Verlauf des Insolvenzverfahrens im Auge zu behalten, zum Beispiel über die Website www.insolvenzbekanntmachungen.de.
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icerose
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#3

15.02.2021, 14:52

Sanya hat geschrieben:
15.02.2021, 11:33
Unser Mandant möchte die Forderung nicht durch uns anmelden lassen wegen der Kosten. Ob er es selbst macht ist fraglich. (Er muss ja nicht, oder?)
Nein, er muss nicht. Was mit seiner Forderung passiert, hast du in deinem zweiten Beitrag schon geschrieben. Damit dürften alle deine Fragen auch beantwortet sein, oder?
Mit mir kann man Pferde stehlen ... aber morgen bringen wir sie zurück :!:
Sanya
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#4

15.02.2021, 14:58

Danke Icerose!

Mich würde noch interessieren, woher die Bank die Info über die Insolvenz bekommt und ob die eventuell noch eine Erklärung oder so von uns benötigt/velangen kann. Falls die Bank die Zurücknahme der Pfändung verlangt, würde ich das ablehnen, weil ja die Pfändung unter Umständen wieder aufleben kann, richtig?

Außerdem wüsste ich gern, ob der Titel, auch wenn man die Forderung nicht anmeldet, beim Insolvenzverwalter oder Insolvenzgericht eingereicht werden soll/muss oder ob der Mandant diesen eben selbst verwahren kann.
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mücki
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#5

15.02.2021, 22:33

Die Banken bekommen die Info entweder vom InsVw, sofern sie die nicht ohnehin schon haben, Stichwort Schuldenbereinigungsverfahren, oder über die Schufa u.ä. Institutionen

Nein, der Titel muss nicht an den InsVw oder sonst wen herausgegeben werden, weder jetzt noch später. Er verliert nach erteilter RSB nur seine Gültigkeit, genauso wie die Pfändung, wobei es hier in Mode zu kommen scheint, dass die Banken nach Abschluss des InsO-Verfahrens eine förmliche Aufhebung haben wollen.

Der InsVw wird euch ggf. auffordern, den PfÜb aufzuheben. Wie damit umzugehen ist, wurde hier schon öfter erörtert.
Dumme Gedanken hat jeder, nur der Weise verschweigt sie. Wilhelm Busch
Sanya
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#6

16.02.2021, 08:51

Super, danke Mücki!
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#7

11.03.2021, 09:46

Hallo!

Nun ist es soweit und die InsoVerwalterin hat uns aufgefordert, die Kontopfändung zurückzunehmen. :roll:

Ich kenne mich nicht gut aus, aber ich meine, dass wir das nicht müssen, weil die Pfändung im Fall der Versagung der Restschuldbefreiung wieder aufleben kann. Ich tue mich allerdings schwer mit der Formulierung eines entsprechenden Schreibens an die InsoVerwalterin und ggf. an die Bank. Ich habe schon hier im Forum recherchiert, aber keinen Formulierungsvorschlag gefunden. Wie schreibt ihr das?

Danke und viele Grüße!

Sanya
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#8

11.03.2021, 11:10

Ich habe mal ein Schreiben an die Insolvenzverwalterin formuliert. Was meint ihr dazu:


"bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom 09.03.2021 teilen wir mit, dass wir nicht beabsichtigen, die Kontopfändung zurückzunehmen. Unseres Erachtens besteht hierauf auch zum jetzigen Zeitpunkt kein Anspruch.

Wir gehen davon aus, dass die Drittschuldnerin Kenntnis von dem laufenden Insolvenzverfahren hat und entsprechend der gesetzlichen Regelungen während des laufenden Insolvenzverfahrens keine Pfändungen vornehmen wird. Des Weiteren versichern wir, während der Laufzeit des Insolvenzverfahrens nicht die Umsetzung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses von der Drittschuldnerin zu verlangen."

An die Bank würde ich nicht zusätzlich schreiben. Der dürfte das ja bekannt sein, oder?
Sanya
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#9

11.03.2021, 11:23

Ich könnte noch dazu schreiben:

"Gerne prüfen wir die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Pfändung auf Verlangen der Schuldnerin erneut nach Erledigung des Insolvenzverfahrens."

Kann man das so machen , dass man dem Schuldner aufdrückt, sich nach dem Insolvenzverfahren zu melden oder müssen wir den Verlauf des Insolvenzverfahrens im Auge behalten und die Pfändung dann selbständig aufheben? Wir hatten jedenfalls schonmal einen Schuldner, der sich nach erfolgter Restschuldbefreiung gemeldet hat mit dem Verlangen, die Pfändung aufzuheben. Ist das die Regel? Wir sind für die Vertretung im Insolvenzverfahren nicht mandatiert und ich glaube auch nicht, dass die Mandantin die Forderung selbst anmeldet. Daher informieren wir uns jetzt nicht laufend über den Stand des Insolvenzverfahrens.
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